Extremer Engpass dank Corona

Wie Sie trotzdem eine Hebamme finden!

Die Hebammensuche dauert oft Wochen.
Schwangere sollten sich so früh wie möglich um eine Hebamme bemühen.
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Obwohl Ex-Dschungelcamperin Sarah Knappik bereits im 8. Monat schwanger ist, hat sie bislang noch keine Hebamme gefunden. Ihren Auftritt in der Dschungelshow-Livestream nutzte sie nun für einen entsprechenden Aufruf. Ist die Situation in Zeiten der Corona-Pandemie wirklich so dramatisch? Wie schwierig ist es, eine Hebamme zu finden?

Schlechte Bezahlung mitverantwortlich für Hebammen-Mangel

Schon seit Jahren ist bekannt, dass es in Deutschland zu wenig Hebammen gibt. So muss eine Schwangere in München, das wie andere Städte eine steigende Geburtenrate aufweist, derzeit 15 bis 40 Hebammen anfragen, bis sie eine Zusage erhält. Aus Berlin und anderen Städten sind sogar Anfragemarathons von 60 bis 80 Anfragen bekannt.

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„Die Gründe dafür sind vielfältig“, erklärt Barbara Blomeier, Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen Nordrhein-Westfalen e.V. Gerade in ländlicheren Gegenden sei die Betreuung mehrerer Frauen mit viel Fahrerei für die Hebammen verbunden. Diese Fahrtzeit ginge letztlich für die Betreuung verloren. Aber auch das pauschale Abrechnungssystem für Geburten und die Bezahlung seien Gründe. „Aufgrund der schlechten Bezahlung arbeiten viele Hebammen nicht zu 100 Prozent. Demnach stehen sie auch nicht zu 100 Prozent für die Wochenbettbetreuung zur Verfügung.“ Viele Hebammen arbeiteten nur so viel, dass sie nicht über die 450-Euro-Grenze kämen. Viele hätten darüber hinaus auch noch eine Anstellung in einer Klinik.

Hebammennetzwerke für die Suche nutzen

Fast alle freiberuflich tätigen Hebammen seien Vertragspartner der Krankenkassen. Folglich könnten Hebammen über die Krankenkassenseiten gesucht werden. „Wer aber auf der Liste der Krankenkassen nach einer Hebamme sucht, braucht einen langen Atem. Denn dort wird nicht verzeichnet, ob die aufgeführte Hebamme überhaupt noch freie Kapazitäten hat.“ Dies könne zur Folge haben, dass eine schwangere Frau 50-60 Hebammen anfragen müsse, bis sie letztlich eine Hebamme für die Wochenbettbetreuung gefunden habe.

Blomeier rät werdenden Eltern dazu, Hebammennetzwerke zur Suche zu nutzen. „Dort können Hebammen angeben, ob sie freie Kapazitäten haben.“ Allerdings gebe es diese nicht bundesweit.

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Ist die Versorgung mit Hebammen in Zeiten der Corona-Pandemie noch schwieriger als ohnehin schon?

Blomeier erklärt, dass die meisten Hebammen über Monate ausgebucht seien. „Es gibt seit etlichen Jahren einen massiven Hebammenmangel.“ Dieser sei besonders ausgeprägt um die Osterzeit herum, in den Sommerferien und zum Jahreswechsel – hier gebe es oft einen Geburtenansturm. „On top kommt nun eine zusätzliche Nachfrage nach Hebammen von Frauen, die eigentlich geplant hatten, in einer Klinik zu entbinden und die ersten Tage nach der Geburt auch dort zu verbringen.“

+++Kein Corona-Boom, aber Herausforderungen für Hebammen+++

Aufgrund der Corona-Pandemie werde Frauen nun aber nahe gelegt, die Klinik möglichst schnell nach der Geburt zu verlassen. „Diese Frauen brauchen also relativ kurzfristig eine Nachbetreuung zu Hause.“ Sie suchten dann zu spät und stießen aus massenweise Absagen, weil die Hebammen eben schon so lange im Vorfeld ausgebucht seien. „Hinzu kommt, dass einige Hebammen auch die Betreuung herunterfahren, weil sie selbst zu Risikogruppe gehören“, erläutert Blomeier.

Tipp: Online-Beratungen nutzen

Einen Tipp hat Blomeier allerdings für werdende Mütter: „Die Krankenkassen zahlen mittlerweile auch Online-Beratungen, Wochenbettbesuche per Video und Online-Rückbildungskurse.“ Obwohl sich der Hebammen-Mangel also bedingt durch die Corona-Pandemie dramatischer anfühle als sonst, böten die technischen Möglichkeiten über Anbieter wie Zoom mehr Frauen die Möglichkeit, sich von einer Hebamme betreuen zu lassen. „Das ist sogar ein Vorteil gegenüber der Situation vor der Corona-Pandemie, da die Krankenkassen Online-Beratungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezahlt haben“, erläutert die Expertin.

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Wann sollten sich werdende Eltern um eine Hebamme bemühen?

Blomeier rät dringend dazu, so früh wie möglich mit der Suche nach einer Hebamme zu beginnen: „Suchen Sie bei einem positiven Schwangerschaftstest am besten sofort nach einer Hebamme.“ Viele Rückbildungskurse seien ausgebucht, bevor die Kinder auf der Welt sind.

Falls mehr als eine Geburtsklinik im Umkreis zur Verfügung stehe, sollten Eltern ihre Wahl von folgenden zwei Fragen abhängig machen: „Sind alle Hebammenstellen besetzt? Ist eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Entbindung möglich?“ Ein gutes Zeichen sei auch das Vorhandensein eines Hebammenkreissaales. „Hier können Hebammen ihrer Ausbildung entsprechend arbeiten“, erklärt Blomeier.