Ein KommentarDiskussion über Muttertag und Vatertag - und wer denkt an die Kinder?

Der Muttertag ist nicht mehr zeitgemäß, Familien- und Bildungsforscher Wassilios Fthenakis will ihn sogar ganz abschaffen bzw. in einen Elterntag umbenennen – seit Jahren gibt es die Diskussion um den Tag der Mütter. Und eine Kita in Amöneburg (Hessen) macht nun Nägel mit Köpfen: Die Kids basteln jetzt einfach gar keine Geschenke mehr – weder für Mamis noch für Papis. Ein Kommentar.
Vatertagsgeschenk ohne Vater stellt die Identität eines Kindes infrage
Und damit kommt ein neuer Aspekt ins Spiel: Was macht es mit Kindern, wenn man an Traditionen wie dem Muttertag und Vatertag festhält? Nicht das eventuell veraltete Rollenbild der Frau, die einmal im Jahr mit Blümchen und Selbstgebasteltem belohnt wird, steht bei der Entscheidung einer Kita im Vordergrund. Stattdessen geht es den Pädagogen hier um die Kinder, die ihren Platz im bunter gewordenen Leben finden müssen.
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„In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben und keinen Menschen ausschließen“, begründet das Erzieherteam seine Entscheidung. Ein Vatertagsgeschenk ohne Vater in der Familie sei nicht nur ohne Wert, sondern könne die Identität eines Kindes infrage stellen. Die Kita könne es auch nicht leisten, mit jedem Kind individuell etwas zu basteln.
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Die klaren Rollen verwirren nur
Und ja, nicht nur als Mutter bekommt man bei dieser Szene Gänsehaut: Eine Vierjährige hat keinen Kontakt zum Vater und soll mit ihren Kita-Kameraden in der Gruppe ein typisches Vatertagsgeschenk basteln. Wer soll denn stattdessen das Werkzeug nutzen – oder besser: Wie soll man dem Kind erklären, dass es sich jetzt nicht ausgeschlossen fühlen müsse? Oder was passiert am jährlichen Vater-Kind-Tag im Kindergarten, bei dem das Muttertagsgeschenk in Gemeinschaftsarbeit entsteht? Dürfen gleichgeschlechtliche Elternpaare und deren Kinder gar nicht erst teilnehmen? Ganz zu schweigen von Erziehungsberechtigten mit nicht-binärem Geschlecht?
Nichts auszuschließen ist ganz schön aufgeschlossen
Die Kindertagesstätte in Amöneburg wurde aufgrund ihrer Entscheidung heftig kritisiert: Gerade als katholische Einrichtung habe sie Traditionen zu bewahren, so der Tenor der Reaktionen in den sozialen Medien. Der Kita-Träger, das Bistum Fulda, stellte inzwischen klar, dass das christliche Familienbild weiterhin eine große Rolle spiele. Gleichzeitig schließe die Kita aber andere Lebensmodelle und Realitäten nicht aus. Nicht auszuschließen ist doch ziemlich aufgeschlossen.
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Und darum geht es doch: Offen sein für jeden individuellen Fall – und das sind Erzieher und Erzieherinnen im besten Fall jeden Tag. Und da können auch Eltern - egal ob alleinerziehend, traditionell oder gleichgeschlechtlich – dankbar sein, wenn ihre Kinder trotz Personalmangels als Individuum wahrgenommen, akzeptiert und gefördert werden. Das ist Arbeit genug – da können wir auch mal auf ein gebatiktes Küchenhandtuch oder den Schlüsselanhänger aus Schrauben verzichten, oder?