Bayerns Final-Geschichten in der Champions LeagueFC Bayern München: Dusel, Dramen und Nachspielzeit-Debakel

Mit dem 3:0 gegen Olympique Lyon hat der FC Bayern zum elften Mal das Endspiel in der europäischen Königsklasse erreicht. Fünf Mal hoben die Münchener Spieler den Henkelpott in den Abendhimmel. Die Siege waren mitunter glücklich, aber einige Niederlagen auch extrem bitter.
RTL.de mit einem Überblick über die Finals des FC Bayern ...
1974: Bayern München - Atletico Madrid 1:1 n.V. (0:0) in Brüssel
Das erste Endspiel im Europapokal der Landesmeister machte Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck unsterblich. In der Verlängerung lagen die Münchener 0:1 zurück, es lief die Schlussminute. Da fasste sich Schwarzenbeck, der bei den Bayern für gewöhnlich als Vorstopper die Drecksarbeit für Franz Beckenbauer übernahm, ein Herz und jagte den Ball fulminant aus 30 Metern unhaltbar flach ins linke untere Eck des Atlético-Tores. „Der Katsche wusste gar nicht, wohin mit dem Ball. Da hat er einfach draufgehalten“, schilderte der damalige Bayern-Trainer Udo Lattek die Szene.
Der Katsche-Kracher 20 Sekunden vor Schluss rettete die Bayern. 1974 wurde das Endspiel noch nicht im Elfmeterschießen entschieden, zwei Tage später mussten beide Mannschaften zu einem Wiederholungsspiel antreten.
Bayern: Maier - Beckenbauer - Hansen, Schwarzenbeck, Breitner - Roth, Zobel, Kapellmann -Torstensson (76. Dürnberger), Gerd Müller, Uli Hoeneß. - Trainer: Lattek
Tore: 1:0 Luis Aragonés (114.), 1:1 Schwarzenbeck (120.)
Wiederholungsspiel: Bayern München - Atletico Madrid 4:0 (1:0) in Brüssel
Noch euphorisiert von dem Last-Minute-Ausgleich zwei Tage zuvor hatten die Münchener leichtes Spiel. Die Spanier dagegen hatten immer noch an dem Schock zu knabbern, sie hatten sich ja schon als Europacup-Sieger gefühlt ...
Der FC Bayern hatte das Momentum auf seiner Seite – und einen Uli Hoeneß in Gala-Form. Der damals 22-Jährige war nicht zu halten, der pfeilschnelle Bayern-Angreifer erzielte gleich zwei herrliche Treffer. Das gelang auch Goalgetter Gerd Müller, der ebenfalls zwei wunderschöne Tore schoss. Zum ersten Mal waren die Münchener die Könige Europas.
Bayern: Maier - Beckenbauer - Hansen, Schwarzenbeck, Breitner - Kapellmann, Zobel, Roth -Torstensson, Gerd Müller, Uli Hoeneß. - Trainer: Lattek
Tore: 1:0 Hoeneß (28.), 2:0, 3:0 Müller (56., 69.), 4:0 Hoeneß (82.)
1975: Bayern München - Leeds United 2:0 (0:0) in Paris
„Sieg ohne Glanz – doch was zählt ist der Erfolg!“ – titelte der „kicker“ nach dem Finale. In der Bundesliga schwächelten die Bayern, landeten nur auf Platz zehn. Trotzdem erreichten sie das Landesmeister-Finale. Leeds war im Finale die klar bessere Mannschaft, wollte sich den Erfolg aber auch „erknüppeln“. Bayerns Björn Andersson musste nach einem brutalen Tritt schon nach vier Minuten mit einer schweren Knieverletzung raus, Uli Hoeneß nach einer Blutgrätsche kurz vor der Pause.
„Die unfairste Mannschaft, gegen die ich je gespielt habe“, urteilte Franz Beckenbauer über Leeds United. Der Kapitän selbst sorgte mit einem elfmeterwürdigen Foul für große Aufregung bei den Engländern und als der Schiedsrichter in der 66. Minute bei einem Leeds-Treffer eine vermeintliche Abseitsstellung erkannte, gab es tumultartige Szenen.
Die erbosten Engländer konnten sich kaum beruhigen, ließen in ihrer Konzentration nach – da schlugen die Bayern zu. Zwei späte Konter-Tore durch Franz „Bulle“ Roth und Gerd Müller bescherten dem FC Bayern die Titelverteidigung.
Bayern: Maier - Beckenbauer - Zobel, Schwarzenbeck, Dürnberger - Andersson (4. Weiß), Roth, Kapellmann - Uli Hoeneß (40. Wunder), Gerd Müller, Torstensson. - Trainer: Cramer
Tore: 1:0 Roth (72.), 2:0 Müller (82.)
1976: Bayern München - AS St. Etienne 1:0 (0:0) in Glasgow
Wieder erwischten die Bayern nicht gerade einen herausragenden Tag. Trainer Dettmar Cramer erzählte Jahre später, dass er der junge Karl-Heinz Rummenigge (20) vor seinem ersten Landesmeister-Finale derart nervös gewesen sei, dass der Coach höchstpersönlich ihm einen Cognac zur Beruhigung verabreicht hätte ...
Zweimal rettete für die Münchener die Latte, doch mit einem Gewaltschuss traf wieder Franz „Bulle“ Roth (57.) für die Bayern in einem Europacup-Finale. Roth blieb bei den Bayern immer ein wenig unter dem Radar, weil die Fußballwelt meistens nur über die Achse Maier – Beckenbauer - Müller sprach. Dabei galt der kraftvolle Mittelfeldmann als einer der Mitbegründer des „Mia san mia“. Früher im Training nahm sich der Bulle vor allem die Jungen zur Brust. „Wenn sie nicht pariert haben, wurde der Körpereinsatz erhöht“, sagte Roth schmunzelnd. Breitner, Hoeneß und wie sie alle hießen, „die mussten durch unsere Schule.“
Durch den 1:0-Erfolg setzten sich die Münchener zum dritten Mal hintereinander auf den Thron Europas.
Bayern: Maier - Beckenbauer - Hansen, Schwarzenbeck, Horsmann - Dürnberger, Roth, Kapellmann – Karl-Heinz Rummenigge, Gerd Müller, Uli Hoeneß. - Trainer: Cramer
Tor: 1:0 Roth (57.)
1982: Bayern München - Aston Villa 0:1 (0:0) in Rotterdam
Beim Landesmeister-Finale 1982 „sahen die Deutschen wie der sichere Sieger aus“ schrieb damals die britische Zeitung „The Guardian“. Gegen den englischen Meister dominierten die favorisierten Bayern die Partie, doch ein Treffer von Peter Withe in der 67. Minute machte das Team aus Birmingham zum Europapokalsieger.
Klaus Augenthaler haderte noch Jahre später mit der Niederlage und sagte dem „Münchner Merkur“: „Einfach alles ist da schiefgelaufen. Wirklich alles. Wir waren ja eindeutig die bessere Mannschaft. Wir hatten fünf, sechs 100-prozentige Chancen – ich selber hatte davon zwei, eine klärt der Verteidiger gerade noch so auf der Linie! Und die sind zwei Mal vors Tor gekommen, einmal hat es gescheppert. Wir sind angerannt, angerannt, angerannt – mein Gott, so ist Fußball!
Bayern: Manfred Müller - Weiner - Dremmler, Augenthaler, Horsmann - Mathy (52. Güttler), Kraus (79. Niedermayer), Breitner, Dürnberger - Dieter Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge. - Trainer: Csernai
Tor: 0:1 Withe (67.)
1987: Bayern München - FC Porto 1:2 (1:0) in Wien
Auch gegen den FC Porto waren die Bayern wieder Favorit. Und auch gegen den portugiesischen Meister kassierten sie eine Pleite. Dabei begann alles so gut in Wien: Ludwig Kögl machte per Kopf das 1:0. Die Münchener um Kapitän Lothar Matthäus zogen sich aber zurück und wurden vom Außenseiter dafür bestraft. Porto traf in der Schlussphase zweimal in zwei Minuten.
Das Hackentor von Rabah Madjer zum Ausgleich (78.) ist zudem ein Stück Fußballgeschichte. Bayern-Keeper Jean-Marie Pfaff erinnerte sich in einem Spiegel-Interview: „Dann sehe ich Madjer, das Schlitzohr, wie er rechts von mir den Ball mit der Hacke über die Linie schiebt. Mit der Hacke! Das war wahrscheinlich eines der kunstvollsten Tore in der Geschichte des Fußballs, aber ich hasse es. Es verfolgt mich.“
Bayern: Pfaff - Nachtweih - Winklhofer, Eder, Pflügler - Flick (82. Lunde) - Brehme, Matthäus, Michael Rummenigge - Dieter Hoeneß, Kögl. - Trainer: Udo Lattek
Tore: 1:0 Kögl (25.), 1:1 Madjer (78.), 1:2 Juary (80.)
1999: Bayern München - Manchester United 1:2 (1:0) in Barcelona
Keine Niederlage traf die Bayern so ins Mark wie jene völlig unerwartete am 26. Mai 1999 in Barcelona. Der FC Bayern führte bis zur 90. Minute 1:0 durch den frühen Treffer von Mario Basler, hätte eigentlich deutlicher vorne liegen müssen – es folgte die Nachspielzeit, die unvergesslich bleiben wird. Auf der Bayern-Bank hatten die Spieler bereits zu den Siegerkappen gegriffen – da machten die eingewechselten Manchester-Joker Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjær mit zwei Toren innerhalb von 102 Sekunden den Münchenern einen Strich durch die Rechnung. Noch nie zuvor waren die Bayern so geschockt!
„Das war die grausamste Niederlage, die ich je miterlebt habe“, sagte Franz Beckenbauer. „Das schüttelt man nicht so schnell ab.“ Und United-Trainer Sir Alex Ferguson erinnerte sich viele Jahre danach: „Wie wir dieses Spiel gewonnen haben? Selbst jetzt habe ich keine Ahnung. Es war Schicksal. Einfach Schicksal.“
Bayern: Kahn - Matthäus (81. Fink) - Babbel,Linke, Kuffour, Tarnat - Effenberg, Jeremies - Basler (89. Salihamidzic), Jancker, Zickler (71.Scholl). - Trainer: Hitzfeld
Tore: 1:0 Basler (6.), 1:1 Sheringham (90.+1), 1:2 Solskjaer (90.+3)
2001: Bayern München - FC Valencia 1:1 (1:1, 0:1), 5:4 i.E. in Mailand
„Heute ist ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben !!!“ hatten die Bayern-Fans auf ein Riesen-Transparent im mit 79.000 Zuschauern ausverkauften Guiseppe-Meazza-Stadion geschrieben. Und Oliver Kahn und seine Kollegen setzten die Botschaft um. Es wurde das Finale der Elfmeter. Gegen den FC Valencia in Mailand lagen die Bayern früh zurück (2. Hand-Elfmeter), Mehmet Scholl verpasste die Chance auf den schnellen Ausgleich (7., Foul-Elfmeter).
Der verdiente 1:1-Ausgleich gelang dann aber nach der Pause Stefan Effenberg (50., Hand-Elfmeter). Im Elfmeterschießen wurde Oliver Kahn zum gefeierten Helden - dreimal entschärfte er die Schüsse der Spanier. Beim Empfang danach in München auf dem Marienplatz schrie er erleichtert der Masse zu: „25 Jahre – jetzt ist er da!“ Zum ersten Mal seit 1976 hatte der FC Bayern den Henkelpott wieder gewonnen.
Bayern: Kahn - Kuffour, Andersson, Linke - Sagnol (46. Jancker), Effenberg, Hargreaves, Lizarazu -Salihamidzic, Elber (100. Zickler), Scholl (108. Paulo Sergio). - Trainer: Hitzfeld
Tore: 0:1 Mendieta (2., Handelfmeter), 1:1 Effenberg (50., Handelfmeter)
2010: Bayern München - Inter Mailand 0:2 (0:1) in Madrid
In Madrid griff der FC Bayern nach dem Triple – der Dreifach-Erfolg (Champions League, Meisterschaft, Pokal) gelang aber stattdessen Inter Mailand. Als sechstem Fußball-Club Europas gelang den Italienern dieses Kunststück. Mann des Abends bei José Mourinhos Inter Mailand war Stürmer Diego Milito. Zweimal ließ der Argentinier das Münchener Innenverteidiger-Duo Martin Demichelis und Daniel van Buyten alt aussehen. Militos Tore in der 35. und 70. Minuten entschieden das Spiel, einen solchen Angreifer mit Killerinstinkt hatte der FC Bayern an diesem Abend in Madrid nicht zu bieten.
„Wir haben eine überragende Saison gespielt. Es ist natürlich bitter, wenn man das dann nicht krönen kann“, fasste Münchens Torhüter Hans-Jörg Butt die Enttäuschung in Worte.
Bayern: Butt - Lahm, van Buyten, Demichelis, Badstuber - Schweinsteiger, van Bommel - Robben, Thomas Müller, Hamit Altintop (63. Klose) - Olic (74. Gomez). - Trainer: van Gaal
Tore: 0:1, 0:2 Milito (35., 70.)
2012: Bayern München - FC Chelsea 1:1 n.V. (1:1, 0:0), 3:4 i.E. in München
„Es ist schwierig für mich, dieses Spiel in Worte zu fassen. Ich habe keine Erklärung, warum wir dieses Spiel verloren haben“, sagte Uli Hoeneß. Das „Finale dahoam“ wurde für die Münchener zum Albtraum: Drückende Überlegenheit, 20:1-Ecken, das 1:0 durch Thomas Müller in der 83. Minute zum richtigen Zeitpunkt, in der Verlängerung einen Elfmeter bekommen – Robben verschoss aber.
Im Elfmeterschießen bereits 3:1 geführt – dann aber versagten Olic und Schweinsteiger die Nerven! Mittelfeldstratege Toni Kroos hat jüngst verraten, dass er nach dem Endspiel-Trauma nur eine Lösung gesehen habe: Frustsaufen! „Das war auch nicht gut, aber das hatte wenigstens einen Grund“, meinte Kroos.
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge quält sich auf eine spezielle Weise. „Jedes Jahr im Sommer“, verrät er, „schaue ich mir in meinem Ferienhaus die Niederlage des FC Bayern im 'Finale dahoam' an.“ Er entdecke dabei immer wieder neue Details. Das soll erden, ihm helfen, "die Bodenhaftung zu behalten".
Bayern: Neuer - Lahm, Timoschtschuk, Boateng, Contento - Robben, Kroos, Thomas Müller (87. van Buyten), Schweinsteiger, Ribery (96. Olic) - Gomez. - Trainer: Heynckes
Tore: 1:0 Müller (83.), 1:1 Drogba (88.)
2013: Bayern München - Borussia Dortmund 2:1 (0:0) in London
In Wembley vor 86.000 Zuschauern stieg „The German Endspiel“ – zwei deutsche Mannschaften im Champions League-Finale, das hatte es noch nie gegeben. Jupp Heynckes hatte mit den Bayern das Triple im Visier, Jürgen Klopp wollte mit Dortmund den zweiten Champions League-Sieg nach 1997 einfahren.
Erst eine Minute vor dem Ende wurde das attraktive und abwechslungsreiche Finale entschieden. Nach Mandzukics Führungstreffer (60.) hatte Gündogan per Elfmeter (68.) für den BVB ausgeglichen – da schlängelte sich der starke Arjen Robben durch den Dortmunder Abwehrpulk und schob den Ball an BVB-Kepper Roman Weidenfeller vorbei. Im Zeitlupen-Tempo rollte der Ball über die Linie zum 2:1 (89.).
„Das bedeutet mir sehr viel. Ich kann es gar nicht richtig fassen. So viele Emotionen!“, jubelte Robben nach seinem Tor. Nach zuvor zwei schmerzhaften Endspiel-Niederlagen hatten sich die Münchener zum fünften Mal die Krone Europas aufgesetzt.
Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Martinez, Schweinsteiger - Robben, Thomas Müller, Ribery (90. Luiz Gustavo) - Mandzukic (90. Gomez). - Trainer: Heynckes
Tore: 1:0 Mandzukic (60.), 1:1 Gündogan (68., Foulelfmeter), 2:1 Robben (89.)




