Sie bringen Kaffee, Brötchen, Decken und vor allem menschliche Wärme

Der Lichtblick der Obdachlosen: Hamburger Mitternachtsbus wird 25 Jahre alt

25 Jahre Mitternachtsbus für obdachlose Menschen
Der Mitternachtsbus wird auf die Nacht vorbereitet. Foto: Marcus Brandt/dpa
deutsche presse agentur

Seit 1996 sind sie jeden Abend vor Ort

Rund 2000 Menschen schlafen in Hamburg auf der Straße - auch im Winter. Der Mitternachtsbus bringt seit 1996 Hilfe vor Ort. Jeden Abend von 20 bis 24 Uhr besucht ein Team von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern die obdachlosen Menschen dort, wo sie leben: in Fußgängerzonen, unter Brücken und an Kirchen. An Bord haben sie Kaffee, Tee, Brötchen, Kuchen, Decken und Schlafsäcke - aber vor allem menschliche Wärme.

Sehnsüchtig warten die Menschen auf der Straße auf den Bus

Es ist kalt und dunkel draußen. Nur die Schaufenster der Geschäfte leuchten hell, in einigen funkelt schon Weihnachtsdekoration. Der Mitternachtsbus wird bereits sehnsüchtig erwartet: Rund 20 Menschen stehen in einer Schlange, als der Bus an einer Bushaltestelle in der Hamburger Innenstadt hält. Einige obdachlose Menschen haben ihre Habseligkeiten dabei - einer sogar ein Fahrrad. Schnell stellen die beiden ehrenamtlichen Helferinnen Berit und Anne zwei Klapptische und gelbe Hütchen für den Abstand auf, dann kann es losgehen: „Hallo, herzlich willkommen! Wer möchte zuerst?“, fragt Berit freundlich und nimmt die erste Bestellung entgegen. “Ich hätte gerne ein Brötchen mit Wurst!“, kommt die Antwort.

Kontakt, Freundlichkeit und Zuwendung

„Neben der Grundversorgung geht es vor allem um den Kontakt und die Zuwendung zu den Menschen, die in der Öffentlichkeit leben, mit denen aber kaum jemand spricht“, sagt Projektleiterin Sonja Norgall. Bis zu 160 obdachlose Menschen können die Helfer so bei jeder Tour erreichen. Einer von ihnen ist Peter, 51. Er trägt einen schwarzen Trainingsanzug, Kapuzenpulli und eine gestreifte Mütze. Auf seinen Händen sind die Worte „HASS“ und „LOVE“ tätowiert. „Es sollte ein bisschen mehr Liebe geben“, meint der Mann, der einst als Elektroinstallateur gearbeitet hat und den eine Psychose aus dem „normalen“ Leben gerissen hat. Seit Juli schläft er nun auf einer Isomatte in einem Hauseingang. Neben Getränken und selbst gedrehten Zigaretten liegen auch eine Bibel und Bücher neben seinem Schlafsack. Zum Mitternachtsbus kommt er regelmäßig. „Ich bin dankbar dafür, dass es dieses Angebot gibt. Die Leute sind sehr nett“, sagt er.

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Die Idee stammt aus einem Zeitungsartikel

Gegründet wurde der Mitternachtsbus, der zu 100 Prozent aus Spenden finanziert wird, vom damaligen Landespastor Stephan Reimers. „Anfang der 1990er waren viele Obdachlose in der Stadt. Die große Wohnungsnot war auch eine Folge der Wende“, erinnert sich Reimers im Interview auf der Homepage. Er und ein Team aus Ehrenamtlichen rund um das Spendenparlament wollten den Obdachlosen helfen und gründeten das Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“, die „Rathauspassage“ und den „Mitternachtsbus“. „Die Idee zum Mitternachtsbus hatte ich aus einem Zeitungsartikel. In dem wurde über einen Bus in Frankfurt berichtet, der nachts unterwegs zu den Obdachlosen war, um sie zu versorgen. Diese Idee brachte ich nach Hamburg mit“, sagt Reimers.

130 Ehrenamtliche helfen mit

Bereits seit 20 Jahren ist die Hamburgerin Anne dabei. „Es hat mich getroffen, dass in einer so reichen Stadt Menschen auf der Straße erfrieren“, erzählt die 69-Jährige. Da habe sie helfen wollen. Die ehemalige Berufsschullehrerin ist eine von rund 130 Ehrenamtlichen, die sich einmal im Monat in einem festen Team um den Mitternachtsbus und seine Gäste kümmern. Ihre Kollegin Berit, die tagsüber in einem großen Energiekonzern in der Marketingabteilung arbeitet, freut sich vor allem über die Reaktionen der Menschen, die ihr bei den Touren begegnen. „Da kommt so viel zurück! Ich bin sehr dankbar, dass ich hier helfen kann“, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. (dpa)