Depersonalisationsstörung: Vom Gefühl, ständig neben sich zu stehen
Die Angst vor eigenen Gefühlen
Wer kennt es nicht? Man ist müde, abgelenkt, vielleicht mit Dingen beschäftigt, die einen belasten. Und schon stellt man fest: Irgendwie rauscht der Tag an einem vorbei, man verkriecht sich innerlich, kriegt nichts mit und steht irgendwie neben sich. Für die meisten von uns ist das bloß ein Gefühl, welches hin und wieder auftritt und spurlos wieder verschwindet. Doch es gibt Menschen, die dieses Empfinden ständig haben und es einfach nicht loswerden können. Sie haben dann eine so genannte Depersonalisationsstörung, das ständige Gefühl von Fremdheit.
Jessie ist eine von ihnen. Sie fühlt sich fremd im eigenen Körper, wie
ferngesteuert. Erst seit kurzem weiß sie, dass das eine seelische Erkrankung ist, die Depersonalisationsstörung heißt. Ein Zustand, in dem sie keinen Kontakt zu ihren eigenen Emotionen und Wahrnehmungen hat.
Menschen wie Jessie fühlen sich "abgetrennt" von der realen Welt. Sie spüren ihren eigenen Körper kaum und stellen sich selbst in Frage. Ist meine Welt real? Bin ich überhaupt da? Die Krankheit tritt meistens in der Kindheit oder Pubertät ein und ist nicht heilbar. Erst vor wenigen Jahren stieß die 26-Jährige im Internet auf ihre Diagnose, zu dem Zeitpunkt glaubte sie schon lange, bald verrückt zu werden.
Mit welchen Gefühlen die junge Frau ihren Alltag bestreitet, was Experten dazu sagen - und wie die Therapie aussieht, die Betroffenen tatsächlich helfen kann, das sehen Sie im Video.
Jessie war als Kind schon eher sensibel und feinfühlig für die Psyche und Sorgen Anderer. Nun muss sie sich täglich mit ihrem eigenen Inneren oder dem „Sich-nicht-fühlen“ beschäftigen. Lange Zeit konnte ihr kein Arzt helfen. Erst vor wenigen Jahren stieß sie eher zufällig auf ihre Diagnose.
Prof. Dr. Matthias Michal, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, kennt das Phänomen: "Kennzeichen ist eine massive Angst vor den eigenen Gefühlen. Daraus folgt, dass die Betroffenen sich von ihnen distanzieren, aber sich dabei ganz unnatürlich und unwirklich fühlen."
Jessie hat inzwischen gelernt, die Depersonalisationszustände anzunehmen und sich nicht verrückt zu machen. Sie musste lernen, sich zu öffnen und darüber zu reden. Nur so konnte ihr langfristig geholfen werden.