Auch viele Gegendemonstranten unterwegs
„Es geht um Rassismus gegen Russen“ – Tausende Teilnehmer bei prorusssichen Demonstrationen in Deutschland
30 weitere Videos
Von Victoria Enzenauer und Jan Dafeld
Am Sonntag gingen in Deutschland zahlreiche Menschen bei prorussischen Demonstrationen auf die Straße. Allein in Frankfurt versammelten sich Hunderte Demonstranten mit russischen und deutschen Flaggen. Den Demonstranten zufolge ging es vor allem darum, gegen Rassismus gegen Russen zu demonstrieren.
Demonstration in Frankfurt: Teilnehmer zweifelt an Bildern aus der Ukraine
„Es geht um Frieden. Keiner hier ist ein Freund von Krieg“, so ein Teilnehmer der prorussischen Demonstration in Frankfurt. „Es geht um Rassismus gegen Russen, die nichts dafür können und diskriminiert und verantwortlich gemacht werden für etwas, wo keiner was für kann.“
Alex, der ebenfalls an der Kundgebung in der Innenstadt teilnahm, behauptete, Russen dürften teilweise nicht mehr in deutschen Restaurants essen. Ein weiterer Teilnehmer äußerte zudem Zweifel an der Echtheit vieler aus der Ukraine veröffentlichten Bilder, beispielsweise den Morden an Zivilisten in Butscha – allerdings konnten viele diese Aufnahmen von unabhängigen Medien verifiziert werden.
Demonstranten in Frankfurt teilweise mit fragwürdigen Aussagen
Eine Teilnehmerin an der Demonstration warf den deutschen Medien Parteilichkeit vor und behauptete, dass in Russland freier über den Krieg informiert würde, als in Deutschland – und das obwohl in Russland Worte wie beispielsweise „Krieg“ mittlerweile unter Strafe stehen. Zahlreiche unabhängige Medien mussten ihre Arbeit in Russland aufgrund der neuen Gesetze einstellen oder einschränken.
Eine andere Demonstrantin sprach sich für Friedensgespräche zwischen Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj aus, forderte allerdings direkt im Anschluss, dass die Gebiete Donezk und Luhansk dauerhaft zu Russland gehören müssten. Russland hatte die beiden ukrainischen Regionen völkerrechtswidrig als unabhängig erklären lassen.
Empfehlungen unserer Partner
Gegendemonstration in Frankfurt: Auch Geflüchtete aus der Ukraine vor Ort
In Frankfurt versammelten sich allerdings auch viele Teilnehmer einer Gegendemonstration. „Das war sehr schwierig zu ertragen“, sagte Michael Rubin über den Beginn des Krieges in der Ukraine. „Jetzt kommt das alles auch noch nach Frankfurt, in meine Wahlheimat.“ Er selbst habe belarussische und auch ukrainische Familienmitglieder, erklärte er. „Wir überlassen Frankfurt nicht den Kriegstreibern. Denn die Leute, die wir hier sehen, die treiben den Krieg mit an“, so Michael.
Unter den Gegendemonstranten befanden sich auch einige Geflüchtete aus der Ukraine. „Wir wollen nach Hause. Viele Menschen, viele Frauen und Kinder sterben“, erzählte die 16-jährige Varvara. Sie floh laut eigener Aussage am 8. März mit ihrer Familie. „Meine Mutter und mein Bruder sind behindert. Deshalb musste mein Vater mitkommen“, sagte sie. „Auch meine Oma ist hier, aber mein Opa ist noch in der Ukraine, viele meiner Freunde sind noch in der Ukraine. Einer ist gestorben.“
Andrij Melnyk kritisiert Demonstration in Frankfurt scharf
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kritisierte die prorussische Kundgebung in Frankfurt scharf. „Ist das noch Meinungsfreiheit? Oder eine geduldete Verherrlichung eines Vernichtungskriegs gegen ukrainische Frauen & Kinder?“, fragte Melnyk auf Twitter.
Der Botschafter forderte zudem ein Verbot russischer Fahnen bei Demonstrationen in Deutschland. „Das Tragen aller offiziellen Symbole eines Aggressor-Staates - wie der russischen Fahne - müsste per Gesetz verboten werden, solange Russland diesen Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation führt“, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. Das Zeigen der russischen Symbole habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit „Verherrlichung einer barbarischen Aggression“ mitten in Europa. Melnyk verurteilte zugleich anti-russische Schmierereien am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow.
Auch in anderen deutschen Städten kam es am Sonntag zu Kundgebungen. In Hannover fuhren über 600 Menschen bei einem prorussischen Autokorso mit, Tausende versammelten sich zu einer Gegendemonstration. Auch in Osnabrück, Stuttgart oder Lörrach kam es zu Demonstrationen, die sich laut Anmeldung gegen Rassismus gegen Russen richten sollten.