Das müssen Patienten jetzt wissen
Debatte um Kieferorthopädie: Was bringen Zahnspangen überhaupt?
Sind Zahnspangen und andere kieferorthopädische Behandlungen gar nicht so nützlich wie gedacht? Laut eines vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens lässt sich der medizinische Langzeitnutzen von Zahnspangen nicht ausreichen belegen. Die langfristige Auswirkung auf Kariesrisiko, Parodontitis oder Zahnausfall sei noch nicht oder nicht ausreichend untersucht worden, so das Ergebnis des Gutachtens. Und das, obwohl etwa jedes zweite Kind eine Zahnspange trägt. Was bedeutet das nun für Patienten?
Was spricht dafür, eine Zahnspange zu tragen?
Das Gesundheitsministerium stellt in Zusammenhang mit dem Gutachten aber klar: An der Notwendigkeit kieferorthopädischer Behandlungen zweifle es nicht. "Prinzipiell bewertet den Nutzen einer Therapie nicht der Gesetzgeber", sagt ein Sprecher von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass Zahnspangen Probleme wie Karies, Parodontitis und Zahnausfall verringern.
Hier liegt das Problem vor allem darin, dass unbehandelte Kontrollgruppen fehlen, mit denen man vergleichen könnte: "Wir haben keine Untersuchung, die sagt, wenn du nicht behandelt wirst, dann kriegst du zu soundsoviel Prozent Kiefergelenksbeschwerden, kannst später nicht kauen, verlierst deine Zähne früher", sagt der Vorsitzende des Berufsverbands der Deutschen Kieferorthopäden, Hans-Jürgen Köning, zur Deutschen Presse-Agentur.
Von den Krankenkassen werden jedes Jahr mehr als eine Milliarde Euro für kieferorthopädische Behandlungen ausgegeben. Aber die Kosten für die Behandlung übernehmen die Kassen längst nicht in jedem Fall.
Wann zahlt die Krankenkasse eine Zahnspange?
Bei Kindern und Jugendlichen werden die Kosten für die Korrektur in der Regel übernommen, wenn die Zähne eine deutliche Fehlstellung haben und eine Behandlung damit als medizinisch notwendig gilt. Das heißt genauer: Bis zum 18. Lebensjahr übernehmen die gesetzlichen Kassen die Behandlung, wenn Beißen, Kauen, Sprechen oder Atmen durch die Zahnstellung "erheblich beeinträchtigt" sind oder eine Beeinträchtigung droht. Bei Erwachsenen zahlt die Krankenkasse aber nur in wenigen Ausnahmefällen.
Festgelegt hat das der Gemeinsame Bundesausschuss, in dem Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen vertreten sind. Um zu bewerten, wie gravierend die Zahnfehlstellungen sind, werden sie in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Wie genau das funktioniert und bei welchem Schweregrad die Kasse zahlt, wird im Video erklärt.
Einen Eigenanteil von 20 Prozent müssen Eltern immer selbst übernehmen. Diesen bekommen sie allerdings am Ende der Behandlung von den Kassen erstattet, wenn sie eine Abschlussbescheinigung des Kieferorthopäden sowie die Quartalsrechnungen über die Zahlungen vorlegen können. Ab dem zweiten Kind müssen Eltern nur noch 10 Prozent Eigenanteil vorstrecken.
Worauf sollte man beim Kieferorthopäden achten?
Sind Patienten beziehungsweise Eltern sich unsicher, ob eine Behandlung nötig ist, sollten sie beim Kieferorthopäden gezielt nachfragen, ob ohne sie gesundheitliche Nachteile zu befürchten sind. Fühlen sie sich zu etwas gedrängt, was sie nicht als sinnvoll erachten, sollten Eltern sich auf jeden Fall eine weitere Meinung einholen. Auch über die Auswirkungen, die eine Nichtbehandlung haben könnte, muss der Zahnarzt beziehungsweise Kieferorthopäde aufklären.
Und wie reagiert man, wenn man bei den Empfehlungen oder dem Kostenvoranschlag des Kieferorthopädens unsicher ist und nicht weiß, ob eine Behandlung wirklich so dringend nötig ist? Wann sollte man den behandelten Arzt besser wechseln? Alle Infos dazu gibt es im Video.
Gerade Zähne bringen mehr Lebensqualität
Letztlich sollten alle kieferorthopädischen Behandlungen das gleiche Ziel haben: ein gut funktionierendes Gebiss, das eine ordentliche Form hat. Sind falsch stehende Zähne nach der Behandlung schön gerade und sorgen dafür, dass der Patient sich wohler fühlt, hat das in jedem Fall eine positive Auswirkung auf die Lebensqualität - und das ist am Ende doch das Allerwichtigste.