Felix Lobrecht, Matthias Schweighöfer & Cathy Hummels
Das Tabuthema Psychotherapie – und wie Promis zu mehr Normalität beitragen

von Johannes Thielen
Felix Lobrecht tut es, Matthias Schweighöfer und Cathy Hummels auch. Alle drei gehen zur Therapie. Doch nicht, dass sie das tun, sondern dass es bekannt ist, ist in diesem Artikel von Bedeutung. Denn, dass es bekannt ist, liegt daran, dass diese drei Prominenten öffentlich darüber reden.
In dem gemeinsamen Podcast „Gemischtes Hack“ von Felix Lobrecht und Tommi Schmitt, sagt Lobrecht, dass er angefangen habe, zur Therapie zu gehen, weil er depressive Schübe habe. Schauspieler Matthias Schweighöfer spricht offen über Schlafprobleme, ein zu hohes Stresslevel und starke Eifersucht – alles Themen, die er in Therapiesitzungen aufarbeitet. Bei „Stern TV“ erzählt Moderatorin Cathy Hummels im vergangenen Jahr, dass sie bereits seit ihrer Jugend immer wieder depressive Phasen habe und diese in Therapien aufarbeiten würde.
Ein Tabuthema enttabuisieren
Im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „enorm“ antwortet Felix Lobrecht auf die Frage, welches Tabu er am liebsten sofort enttabuisieren würde, mit „Psychotherapie“. Ein Thema, das in der heutigen Gesellschaft immer präsenter wird. Denn in den letzten Jahren ist die Anzahl der Menschen, die zur Psychotherapie gehen, enorm angestiegen. Der Barmer-Arztreport 2020 gibt an, dass 2018 in Deutschland 3,22 Millionen Menschen Therapeuten oder Therapeutinnen aufgesucht haben – 41 Prozent mehr als noch neun Jahre zuvor.
Die Bereitschaft, eine Therapie anzugehen, steigt also in der deutschen Bevölkerung. Doch offen darüber zu reden, erfährt längst noch nicht die gesellschaftliche Akzeptanz, die es bedarf, um aus einem Tabuthema etwas „Normales“ zu machen.

Anschub des sozialen Wandels
Doch genau mit dieser Offenheit können Prominente wie Lobrecht, Schweighöfer und Hummels zur Enttabuisierung beitragen. „Es ist ein belegtes Phänomen im Bereich der Sozialstrukturforschung, dass sozialer Wandel häufig von einflussreichen Gesellschaftsgruppen und fortschrittlichen Gruppen ausgeht“, sagt Dr. Sonja Bastin vom Institut für Soziologie an der Universität Bremen. „Dazu gehören Menschen mit höherem Bildungsniveau, Personen in Führungsposition und eben auch Personen des öffentlichen Lebens.“
Depressions-Erkennungstraining in der Schule
Cathy Hummels hat noch einen anderen Ansatzpunkt ausgemacht, wie die Thematik „Depression und Therapie“ schon früher behandelt werden kann und somit an Selbstverständlichkeit gewinnt. Sie arbeitet an einem E-Learning-Programm für Lehrer und Lehrerinnen, das diesen dabei helfen soll, Depressionen und depressive Stimmungen bei Schülern und Schülerinnen zu erkennen. „Wenn die Lehrer die Alarmsignale richtig deuten können, wenn sie das Gespräch mit den Schülern proaktiv suchen, können sie die einzelne Person natürlich viel besser einschätzen“, sagt Hummels.
Ihr Gedanke: Je früher Depressionen erkannt werden, desto früher kann geholfen werden und je früher psychische Erkrankungen thematisiert werden, desto wahrscheinlicher wird aus einem Tabuthema kein Tabuthema mehr.