Forscher: Nacktheitstabu löst Freikörperkultur ab

Darum gibt es immer weniger FKK-Fans

ARCHIV - 07.06.2016, Mecklenburg-Vorpommern, Prerow: "Ende FKK" steht auf einem Schild im Regenbogen-Camp auf dem Darß. Nach Expertenmeinung droht FKK in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Der FKK-Verband hält dagegen: Nur weil man die Nackerten nicht mehr sehe, heiße das nicht, dass es sie nicht gibt. (zu dpa "«Die nackte Wahrheit» - Wer macht eigentlich noch FKK?") Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wer macht eigentlich noch FKK in Deutschland?
bwu;cse sab, dpa, Bernd Wüstneck

Nackt sein macht glücklich - so auch Wissenschaftler der Londoner Goldsmiths University, die ihre Forschungsergebnisse im "Journal of Happiness" veröffentlicht haben. Die Studie mit dem Titel "The Naked Truth" (zu Deutsch: Die nackte Wahrheit) besagt im Wesentlichen: Wer FKK macht, habe ein besseres Körpergefühl und mehr Selbstbewusstsein. Dennoch scheint FKK - trotz heftiger Hitzewellen - immer mehr aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Aber warum ist das eigentlich so?

Gesellschaftliche Entwicklung weg von FKK

"FKK ist überhaupt kein Trend mehr. Die Geschichte der Freikörperkultur ist in eine neue Etappe eingetreten", sagt der Leipziger Sexualforscher Kurt Starke - und in dieser gebe es ein neues "Nacktheitstabu". "FKK ist irgendwie altmodisch und zugleich deliberalisiert. Eine der größten und beliebtesten FKK-Paradiese im Osten war Prerow/Darß", sagt Starke. "Heute ist FKK dort reduziert auf einen kurzen Abschnitt und kombiniert mit dem Hundestrand."

Sogar der Deutsche Verband für Freikörperkultur (DFK), der in diesem Jahr 70 wird und nach eigenen Angaben mehr als 30.000 Naturisten vertritt, stellt fest: "Naturismus hat sicherlich nicht mehr den gleichen Stellenwert wie vor einigen Jahrzehnten, was mit der gesellschaftlichen Entwicklung als Solche zusammenhängen könnte."

Körper wird heute immer mehr instrumentalisiert

24.07.2019, Bayern, München: Ein Mann sonnt sich nackt an der Isar. Die Temperaturen steigen - die Klamotten fallen? Das stimmt nur bedingt. Nach Expertenmeinung droht FKK in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Der FKK-Verband hält dagegen: Nur weil man die Nackerten nicht mehr sehe, heiße das nicht, dass es sie nicht gibt. (zu dpa "«Die nackte Wahrheit» - Wer macht eigentlich noch FKK?") Foto: Sina Schuldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wer macht eigentlich noch FKK in Deutschland?
sab, dpa, Sina Schuldt

Laut Sexualforscher Starke liegt das auch am heute anderen Umgang mit dem Körper, der immer mehr instrumentalisiert werde: "Es ist ein kostbares Instrument, das man nicht einfach so zur Schau stellt oder preisfrei preisgibt", sagt Starke. Dazu komme der "Terror der herrschenden Schönheitsideale - insbesondere auch für ältere Körper".

Dabei hat FKK in Deutschland eine lange Tradition: Die Anfänge liegen in Deutschland um 1900. "Die Nacktkultur wurde von verschiedenen Schichten getragen und hatte demzufolge unterschiedliche Hintergründe und Formen." Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg breitete sich die Freikörperkultur stark aus. Von 1945 an wurden dann für die FKK-Anhänger eigene Badestrände am Meer und an Seen und vor allem Zeltplätze abgetrennt oder eingerichtet.

In den 1970er Jahren wurde das Nacktbaden dann zu einem kleinen Trend, "oben ohne" auch bei Frauen war keine Besonderheit mehr. "So richtig durchgesetzt hat sich FKK in Deutschland aber nicht - außer im Osten." Und inzwischen sei der Peak überschritten.

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Schutz und Privatsphäre in FKK-Clubs

Auch wenn Nacktheit in der Öffentlichkeit dank jederzeit verfügbarer Smartphones schwieriger geworden sei - in FKK-Clubs schätzen die Mitglieder den Schutz, die Privatsphäre und eine ganz besondere Atmosphäre. "Beim FKK geht's ruhiger und respektvoller zu", sagt der DFK-Vorsitzende Wilfried Blaschke. Vielleicht liege darum der Frauenanteil in den Clubs auch bei weit über 50 Prozent: "Die Frauen leben das nahezu ausgiebiger als die Männer, die genießen es."

Quelle: DPA/ RTL.de