Heftig Kritk an der Copa

Flehentliche Hilferufe an Neymar

ARCHIV - 18.01.2019, Brasilien, Rio De Janeiro: Blick auf das Maracana-Stadion hinter der Christus-Erlöser-Statue. Zwei Wochen vor dem Turnierstart ist die Copa America Ende Mai 2021 nach Brasilien verlegt worden. (zu dpa «Südamerikas Kontinentalturnier Copa América nach Brasilien verlegt» vom 31.05.2021) Foto: Felipe Dana/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Mit der Hoffnung auf Hilfe von ganz oben.
flm, dpa, Felipe Dana

Präsident Jair Bolsonaro inszenierte sich noch als großer Retter der Copa America, da waren die verzweifelten Rufe der Brasilianer nach ihrem Helden längst nicht mehr zu überhören. "Neymar, ich möchte dir etwas sagen", flehte Senator Renan Calheiros. Der Superstar, in seiner Heimat gefeiert, geliebt und verehrt, solle "nicht damit einverstanden sein, dass dieses Turnier in Brasilien stattfindet".

"Verhöhnung der 460.000 Opfer der Pandemie"

Doch der heftig umstrittene Bolsonaro bestätigte nun, dass das Land mit der zweithöchsten Corona-Sterbezahl weltweit als Ausrichter einspringen werde. "Es wird sie geben", sagte der 66-Jährige mit Blick auf das älteste Fußball-Nationenturnier - und löste damit heftigen Widerstand aus. Neben Rio de Janeiro mit dem weltberühmten Maracana sind in der Hauptstadt Brasilia und Cuiaba weitere Arenen der WM 2014 sowie Goiania als Spielorte für die Copa (13. Juni bis 11. Juli) vorgesehen. Zuschauer in den Stadien werden nicht erlaubt.

Die großen Stars um Neymar äußerten sich bislang nicht zur Verlegung an den Zuckerhut. Im Trainingszentrum Teresopolis in der Nähe von Rio bereitet sich die Selecao gerade auf das WM-Qualifikationsspiel gegen Ecuador vor, die täglichen Pressekonferenzen wurden abgesagt. Doch die Kritik aus anderen Bereichen ist gewaltig.

"Es ist ein Wahnsinn, eine solche Veranstaltung hier abzuhalten", sagte der Spezialist für Infektionskrankheiten Jose David Urbaez. Der Epidemiologe Pedro Hallal sprach gar von "einer Verhöhnung der 460.000 Opfer der Pandemie". Auch deshalb stellten sich einige Gouverneure gegen das Turnier. Hunderttausende Tote, eine schleppende Impfkampagne und gefährliche Virusvarianten - die Pandemie wütet in Brasilien noch immer so heftig wie in kaum anderswo.

Der Kontinentalverband ist begeistert

Brazil's President Jair Bolsonaro speaks about the country?s hosting the 2021 Copa America during a ceremony announcing the Caixa public bank sponsorship of Brazilian sport, in Brasilia, at the Planalto Palace in Brasilia, Brazil, June 1, 2021. REUTERS/Ueslei Marcelino
Virus-Verharmloser: Jair Bolansaro.
UM, REUTERS, UESLEI MARCELINO

Im Senat beschäftigt sich inzwischen ein Untersuchungsausschuss mit der ignoranten Politik des rechtspopulistischen Präsidenten, der das Virus immer wieder verharmlost hatte. Gänzlich anders fielen die Reaktionen beim Kontinentalverband CONMEBOL nach dem kurzfristigen Aus von Kolumbien und Argentinien als Ausrichter aus. Präsident Alejandro Dominguez dankte Bolsonaro und versprach, dass der Fußball "Millionen Südamerikanern Freude und Leidenschaft" bringen werde. Den von der Coronakrise schwer getroffenen Nationalverbänden sichert das Turnier dagegen wichtige TV-Einnahmen in Höhe von rund 100 Millionen US-Dollar.

Für Bolsonaro, gegen den es am Wochenende landesweite Proteste gab, ist die Copa America ein willkommenes Marketing-Instrument. "Es ist nicht dieser Wettbewerb, in dem wir uns jetzt messen müssen, sondern der des schnellen Impfens", sagte Calheiros, der die Untersuchungen gegen den Regierungschef leitet. Um die Austragung der Copa doch noch zu stoppen, wendeten sich Oppositionspolitiker bereits an den Obersten Gerichtshof. (tno/sid)