Nach abscheulichem Aufnahmeritual in US-Studentenverbindung
Weil man ihm Alkohol einflößte: Student ist blind, stumm und schwer hirngeschädigt
Von Ulrich Vonstein
Der US-Amerikaner Daniel "Danny" Santulli ist seit acht Monaten schwer behindert, nachdem er bei seiner Studentenverbindung an der Universität Missouri in Columbia gezwungen wurde, große Mengen Alkohol zu trinken. Der 19-Jährige erlitt schwere Hirnschäden, ist blind und kann weder gehen noch sprechen. Nun kehrt er als Pflegefall in sein Elternhaus nach Praire Eden im Bundesstaat Minnesota zurück.
Danny Santulli kehrt als Pflegefall in sein Elternhaus zurück
Wie die britische Zeitung "The Independent" berichtet, ereignete sich der verstörende Vorfall am 20. Oktober vergangenen Jahres im Burschenschaftshaus der Studentenverbindung "Phi Gamma Delta" der Universität Missouri in der Stadt Orlando. Danny Santulli wollte Mitglied der Gruppe werden, dazu habe er unglaubliche Aufnahmebedingungen erfüllen müssen.
Eine davon: sich im Wortsinn besinnungslos zu trinken. Der 19-Jährige sei dazu gezwungen worden, eine ganze Flasche Wodka zu trinken, sagt David Bianchi, Anwalt der Familie der Zeitung. Außerdem habe man ihm durch einen Schlauch Bier eingeflößt. Mit fatalen Folgen: "Er hat massive Hirnschäden, er hat sein Augenlicht verloren, er ist blind, er kann nicht gehen und er kann sich in keiner Weise verständigen“, so Bianchi. „Das ist eine sehr traurige Situation."
Mutter gibt Beruf auf, um schwerkranken Sohn zu pflegen
Nach der Prozedur sei Danny Santulli bewusstlos von einem Studenten aufgefunden worden, der ihn ins Krankenhaus gebracht habe. Dort sei festgestellt worden, dass er einen Herzstillstand erlitten hatte, so der "Independent" weiter. Außerdem hatte er einen lebensgefährlichen hohen Alkoholwert.
Zwar sei es gelungen, Danny wiederzubeleben, doch von den Folgen habe er sich bis heute nicht erholt. Ob sich das jemals bessern werde, sei unwahrscheinlich, so Anwalt Bianchi der Zeitung zufolge. “Man sollte nie nie sagen, aber bis jetzt sind ungefähr acht Monate vergangen und es hat sich nichts Wesentliches an seinem Zustand geändert.”
Er bewundere Dannys Eltern, sagt der Anwalt weiter. Dannys Mutter habe ihren Job als Bankerin aufgegeben, um den Jungen zuhause pflegen zu können. "Die Eltern von Herrn Santulli sind bemerkenswerte Menschen“, so der Anwalt.
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Anwalt: "Er musste einen ganzen "Monat der Schikane" über sich ergehen lassen"
Er reichte Klage gegen insgesamt 23 Personen ein, darunter Anwesende bei dem Vorfall im Oktober und Verantwortliche der Phi Gamma Delta"-Verbindung. In einer erweiterten Anklage wird zwei Beteiligten vorgeworfen, Danny Santulli die Augen verbunden, ihn auf einen Stuhl gesetzt und mit einem Schlauch in den Mund Bier aufgezwungen zu haben. In anderen Medien wird spekuliert, dass noch andere Alkoholika und Drogen im Spiel gewesen sein könnten.
Bianchi machte auch der Universitätsleitung Vorwürfe. Sie tue nicht genug, um Studenten zu schützen, sagte er dem "Independent" zufolge weiter. Der Verbindung warf er vor, potentielle Neulinge auf vielfältige Weise zu schikanieren. Vor der schlimmen Nacht im Oktober habe Danny Santulli einen ganzen "Monat der Schikane" über sich ergehen lassen müssen.
Seit 2000 schon 65 Tote unter ähnlichen Umständen an US-Unis
Einmal habe er barfuß in einen Mülleimer mit Glasscherben klettern müssen. Dabei habe er sich eine starke Schnittwunde zugezogen, die genäht werden musste. Anschließend konnte Danny nur an Krücken laufen. Weitere Vorwürfe: Er habe auf Befehl Essen, Alkohol und Marihuana für die älteren Jungs besorgen müssen. Außerdem habe man ihn gezwungen, von seinem eigenen Geld Dinge für die Burschenschaftler zu kaufen.
Im Zusammenhang mit Aufnahmeritualen an US-Universitäten kommt es immer wieder zu gravierenden Zwischenfällen, so der "Independent". Seit 2000 seien in den USA 65 Studenten an US-Colleges gestorben, darunter "mehrere unter nahezu identischen Umständen" wie Danny Santulli.