Testverordnung soll überarbeitet werdenBund und Länder planen schärfere Regeln gegen den Betrug mit Schnelltests

von Dirk Emmerich
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern treffen sich zu einer Krisensitzung. Nach dem Verdacht von Abrechnungsbetrug bei Corona-Tests sollen jetzt Kontrollen verschärft und Falschangaben erschwert werden.
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Holetschek (CSU): „Wer sich mit kriminellen Machenschaften bereichern will, gehört bestraft“
Der Druck war dann auf einmal doch ziemlich groß geworden. Nun soll die Testverordnung kurzfristig überarbeitet werden. Das jedenfalls wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern. So soll der Abrechnungsbetrug bei den Corona-Teststellen erschwert werden. Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Klaus Holetschek (CSU), kündigte im Vorfeld der Beratungen Konsequenzen an. „Wer sich an der Corona-Pandemie mit kriminellen Machenschaften bereichern will, gehört konsequent bestraft“. (Mehr im Video)
Der Verdacht, dass Teststationen bei der Abrechnung in die eigene Tasche wirtschaften, wurde letzte Woche immer größer. So hatten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR beispielsweise recherchiert, dass das Unternehmen MediCan in Münster an einem Tag 422 Tests abrechnete. Die Reporter, die vor Ort waren und mitzählten, kamen nur auf rund hundert Testwillige. An einer Teststelle in Köln hätten Stichproben ergeben, dass statt 70 wirklich genommener Proben fast 1.000 abgerechnet worden seien.
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An Teststationen: Geld wird bisher ungeprüft überwiesen

Das Geschäft mit den Tests ist lukrativ. Zwölf Euro zahlt der Staat für jede Probe. Und dazu können noch einmal bis zu sechs Euro Materialkosten abgerechnet werden. Kontrollen gibt es keine, bislang jedenfalls.
Um an das Geld zu kommen, müssen die Teststationen keine Namenslisten einreichen, sondern lediglich ein Formular ausfüllen, in dem die Anzahl der durchgeführten Tests eingetragen wird. Das wird beim zuständigen Gesundheitsamt eingereicht und das Geld wird dann ungeprüft an die Teststation überwiesen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, dass er sich für diese Vorgehen nicht in der Verantwortung sehe. „Der Bund setzt den Rahmen, der Bund gibt die Regeln vor, der Bund übernimmt die Kosten, aber der Bund kann nicht die Teststellen vor Ort kontrollieren“, so der Minister im Deutschlandfunk.
Regierung hatte monatelang Zeit, ein zuverlässiges System zu schaffen
Das müssten die Gesundheitsämter machen, die das Geld auszahlten. Immerhin kündigte Spahn am Wochenende stichprobenartig mehr Kontrollen an. Auf Twitter schrieb er: „Egal ob bei Masken oder beim Testen – jeder, der die Pandemie nutzt, um sich kriminell zu bereichern, sollte sich schämen.“ Das mag richtig sein. Aber richtig ist auch, dass die Bundesregierung monatelang Zeit hatte, ein zuverlässiges Schnelltestsystem zu schaffen. Das ist versäumt worden. Dies nun damit zu begründen, dass es schnell gehen musste und man ganz bewusst auf Bürokratie verzichtet habe, wirkt ein bisschen plan- und auch verantwortungslos. Und dies nicht zum ersten Mal in dieser Pandemie.
Nun wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern aber doch einen Schritt weiter gehen. Mit den kommunalen Spitzenverbänden soll beraten werden, wie Betrug erschwert werden kann. So sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen möglicherweise die Zahl der Testkits künftig mit den abgerechneten Tests abgleichen können. Dabei könnten die Teststellen auch ihre Steuer-Identifikationsnummer angeben müssen, um die Finanzämter in die Lage zu versetzen, die abgerechnete Tests mit angegebenen Umsätzen abgleichen zu können. Und außerdem eventuell auch eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes vorlegen müssen, dass sie Tests tatsächlich durchgeführt haben.
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Immerhin wird es am Ende für die „schwarzen Schafe“ unter den Teststationen schon jetzt nicht leicht, mit ihren Betrügereien durchzukommen. Denn die Belege und die Listen der Getesteten müssen bis 2024 aufgehoben werden, das ist per Gesetz so vorgeschrieben. Nachdem der Verdacht von möglichen Mauscheleien ein so großes Thema geworden ist, wird das Finanzamt viele Testanbieter nachträglich kontrollieren.