Was hat es mit dem Eigenbrauer-Syndrom auf sich?
Mann ist besoffen, auch wenn er nichts trinkt – jetzt wird er freigesprochen
Nicht betrunken – sondern krank!
Ein Mann aus Belgien wurde mit zwei Promille am Steuer erwischt. Doch dafür hat er eine gute Erklärung: Er ist am seltenen Eigenbrauer-Syndrom erkrankt. Und wurde deswegen freigesprochen. Mehr dazu gibt’s im Video.
Eigenbrauer-Syndrom: 2022 wurde der Mann gleich zweimal mit zu viel Promille am Steuer erwischt
Klingt kurios, ist aber wirklich wahr: Der Körper des Mannes produziert selbst Alkohol und wurde daher vom Vorwurf der Trunkenheit am Steuer freigesprochen. Das entschied ein Gericht in der belgischen Stadt Brügge am Montag, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga berichtet.
Das Eigenbrauer-Syndrom, an dem der Mann erkrankt ist, führe dazu, dass sein Körper durch Gärung im Darm Kohlenhydrate in Alkohol umwandele. Ein Rechtsmediziner habe bestätigt, dass das sehr seltene Syndrom höchstwahrscheinlich bei dem Belgier vorliege.
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Den Angaben nach wurde der 40-Jährige im Jahr 2019 bereits einmal wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt, 2022 wurde er gleich zweimal – mit 1,63 und 2,09 Promille am Steuer – erwischt.
Zudem ist der Antrag der Staatsanwaltschaft, den Mann aus Brügge für lebenslang fahruntüchtig zu erklären, den Angaben nach abgewiesen worden. Es sei zwar für den Angeklagten potenziell gefährlich, unter Alkoholeinfluss zu fahren, er habe sich jedoch mittlerweile einer kohlenhydratarmen Diät verschrieben. So stelle er sicher, dass sein Körper keinen Alkohol mehr produziere.
Zudem habe der Angeklagte nie Anzeichen einer Vergiftung gezeigt und sei somit immer fahrtüchtig gewesen. Der Richter betonte jedoch, dass der Mann sich nun seines Zustands bewusst sein sollte, wie es weiter hieß. Durch eine kontrollierte Ernährung müsse er darauf achten, nicht erneut unter Alkoholeinfluss am Steuer zu sitzen – ungewollt oder nicht.
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DAS hat es mit dem seltenen Eigenbrauer-Syndrom auf sich
Wissenschaftlern zufolge wird auch bei gesunden Menschen während der Verdauung Alkohol, genauer gesagt Ethanol, gebildet – allerdings nur in geringen Mengen.
Bei Betroffenen des Eigenbrauer-Syndroms vermehren sich fermentierende Pilze oder Bakterien krankhaft und produzieren so größere Mengen Ethanol. Unter anderem Stress, viele Kohlenhydrate im Speiseplan und auch die übermäßige Nutzung bestimmter Medikamente könnten Fachleuten zufolge diesen Prozess fördern. Anzeichen seien etwa eine akute Alkoholvergiftung ohne Alkoholkonsum, Erbrechen und Schwindel.
Das Syndrom wird den Angaben nach zwar häufiger bei Patienten mit Begleiterkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit und Morbus Crohn festgestellt, kann aber auch bei ansonsten gesunden Personen auftreten.
Es werde jedoch selten diagnostiziert. Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht erklärt: „Wie viele Personen letztendlich betroffen sind, weiß man nicht. Ich schätze aber, dass die Dunkelziffer vermutlich ziemlich hoch sein wird. [...] Die armen Menschen können gar nichts dafür, sie sind keine Säufer, sondern es steckt eine seltene Krankheit hinter.“
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Daher sei eine schnelle Diagnose sehr wichtig. Denn: „Die Leute werden des Alkoholmissbrauchs bezichtigt, weil sie eben ganz eindeutig nach Alkohol riechen und auch beim Alkoholtest Alkohol nachgewiesen werden kann. Aber niemand glaubt ihnen“, so der Experte. Nicht selten führe das zu Depressionen oder gar zum Suizid. (vdü/mit dpa)