Pfiffe und ein bisschen Balsam im DFB-PokalBayern Münchens Leroy Sané droht der Nationalmannschafts-Schock

Der FC Bayern erledigt seine Pflichtaufgabe in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Fünftligist Bremer SV äußerst souverän. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann feiert den höchsten Sieg seit 24 Jahren. Ein Stürmer macht seine Sache ausgesprochen gut. Ein Youngster auch. Und Leroy Sané? Spielt durchwachsen. Viel schlimmer: ihm droht die Quittung für seine Formkrise.
Choupo-Moting macht auf sich aufmerksam

Es gab sie wieder, die Pfiffe gegen Leroy Sané. Dieses Mal waren sie aber nicht so laut und deutlich wie noch am Sonntagabend beim Bundesligaspiel gegen den 1. FC Köln. Und dieses Mal kamen sie - nach allem was man weiß - auch nicht von den Fans des FC Bayern. Die vereinzelten Pfiffe kamen von den Rängen, auf denen die Anhänger des Bremer SV litten. Womöglich hatte der Unmut an diesem Mittwochabend aber gar nicht so viel mit der Leistung des 25-Jährigen zu tun, womöglich waren die Wüteriche auf der Tribüne einfach nur massiv enttäuscht, dass ihr Traum vom Wunder im DFB-Pokal in einem Albtraum endete. Der Fünftligist wurde im Weserstadion mit 0:12 amtlich vermöbelt. Und das, obwohl die Münchner etwa Robert Lewandowski gar nicht dabei hatten.
Für den Stürmer, der wie Manuel Neuer und Leon Goretzka in München geblieben war, spielte Eric Maxim Choupo-Moting. Und der machte das so gut und so erfolgreich, dass man glatt sagen könnte: Der Choupo-Moting, der könnte auch häufiger spielen. Aber nein, der vierfache Torschütze ist und bleibt Ersatz für den Starstürmer. Immerhin untermauert er: Er ist sehr ordentlicher Ersatz. Noch ein wenig besser ist Jamal Musiala. Auch der ist ja noch meistens der Mann, der von der Bank kommt. Aber der 18-Jährige spielt derzeit so gut, dass ein Stammplatz ganz nah scheint. Einer, der dann der große Verlierer wäre, wäre Sané. Der derzeit so unglückliche Nationalspieler.
Nagelsmann lobt Sané ein bisschen

Nach einer soliden Saison mit Ausreißern in die gute, aber auch in die nicht so gute Richtung, sollte und wollte er in dieser Spielzeit richtig loslegen. Er wollte (und will das natürlich noch immer) zeigen, dass er ein Mann für die wichtigen Begegnungen ist. Nun kann man natürlich sagen, dass weder eine Partie am zweiten Spieltag gegen Köln noch eine erste Pokalrunde gegen einen Fünftligisten zu diesem Anspruch passt. In den großen Erinnerungen wird es für diese Duelle keinen Platz geben. Und wenn, dann nur wegen Sané. Und den Pfiffen gegen ihn. Gegen den Bremer SV soll er sogar vereinzelt ausgelacht worden sein, wenn Aktionen nicht gelangen. Und davon gab es eben ein paar.
Sané bereitete zwar zwei Tore vor und erzielte eins selbst, aber eine Leistung für neues Vertrauen in die eigene Stärke war der Auftritt beim höchsten Sieg seines Vereins seit 24 Jahren nicht. Immer mal wieder blieb er mit seinen Dribblings hängen oder traf am Ball eben die falsche Entscheidung. Trainer Julian Nagelsmann bemühte sich trotzdem, seinen Spieler zu loben: "Leroy war sehr engagiert. Natürlich hat nicht alles funktioniert. Es gab keine Situation, wo er stehen geblieben ist." Es sind die erfolgreichen Mindestanforderungen, die den Spieler schützen und stützen sollen. Schon nach dem Aufreger gegen Köln hatten sich Trainer, Vorstände und Spieler an die Seite von Sané gestellt. Joshua Kimmich etwa hatte gesagt, dass er die Pfiffe "frech und auch bitter" fand.
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Wenn Flick konsequent ist...
In München hatten sie allerdings auch angedeutet, dass es im Fußball eben um Leistung geht. Und, dass man in schwächeren Momenten auch mal Kritik aushalten muss. Aber Pfiffe gegen die eigenen Leute, das ist eine rote Linie. Nicht nur beim Rekordmeister. Tatsächlich sucht Sané seit Wochen und Monaten nach einer starken Form. Schon bei der Europameisterschaft lieferte er keine guten Leistungen ab. Im dritten Gruppenspiel gegen Ungarn war er sogar richtig schwach. Der Spieler wurde wieder mal zum großen Thema. Was ist nur los mit ihm? Diese Überschrift wurde quer durchs Land gedruckt. Eine Antwort auf die Frage hat noch niemand gefunden. Ist es der Druck, den er sich selbst macht und der auch in den Erwartungen der Bosse lastet?
So hatte unter anderem Sportvorstand Hasan Salihamidžić Ende Juni klargemacht, dass sich Sané in seinem zweiten Jahr definitiv steigern müsse. "Leroy hatte nach seinem Kreuzbandriss ein Jahr Verletzungspause. In der ersten Saison bei uns hat er sich wieder herangetastet, sein großes Talent und einige gute Spiele gezeigt. Aber jetzt erwarten wir, dass er Leistungsträger wird und die Mannschaft auch trägt", sagte er dem "Kicker". Das Jahr der Stabilisierung sei vorüber. Und der Tiefpunkt seiner Zeit in München erreicht?
Womöglich nicht. Denn wie der "Sportbuzzer" berichtet, deute momentan vieles darauf hin, dass Bundestrainer Hansi Flick Sané für die erste Länderspielserie seiner Amtszeit gegen Liechtenstein (2. September), Armenien (5. September) und Island (8. September) aus dem Kader streicht. Der DFB-Coach habe demnach am Wochenende vor dem Spiel des Rekordmeisters gegen den 1. FC Köln mit seinem Nachfolger in München, mit Nagelsmann, telefoniert und sich eine interne Meinung über die Form des 25-Jährige eingeholt. Diese sei dem Portal zufolge klar negativ ausgefallen. Flick, der mit Sané bereits während der gemeinsamen Zeit in München nicht immer zufrieden war, hatte bei seinem Amtsantritt die Leistung zum obersten Nominierungskriterium erhoben. Der Verzicht wäre aktuell ein konsequente Umsetzung des Kriteriums. Das dürfte den Spieler tatsächlich weit mehr treffen, als die Pfiffe von ein paar genervten Fußballs-Fans.(tno)