„Sephora-Kids“ - gefährlicher Trend dank TikTok?Anti-Falten-Creme für Teenager - warum Dermatologen jetzt Alarm schlagen

Sie sind außer Kontrolle!
Auf TikTok gehen aktuell immer mehr Videos viral, die junge Mädchen beim Shoppen in Läden der Luxus-Marke Sephora zeigen. Dort hinterlassen sie scheinbar nicht nur Chaos, sondern kaufen vor allem eines: Anti-Falten-Cremes. Nun schlagen Dermatologen Alarm. Denn der übermäßige Gebrauch der Cremes im Kindesalter kann zu schweren Schäden der Haut führen.
Mehr dazu seht ihr auch im Video.

„Sephora-Kids“ halten Kunden und Ladenbetreiber in Atem

Beautiful teenage girl watching beauty master class with tablet online and doing spa procedure by herself, kid with smooth mask on face, beauty salon at home
Hautpflege in jungen Jahren: Immer mehr Mädchen nutzen bereits Anti-Falten-Cremes. (Symbolbild)
Symchych Maria, iStockphoto

Die Läden gleichen einem Schlachtfeld: Ausgedrückte Make-up-Tuben, zerkrümelte Puderdöschen und verschmierte Cremes türmen sich in den Auslagen der Sephora-Läden.

Die französische Kosmetikkette ist vor allem für ihr Luxus-Make-up bekannt. Puder für 50 Euro oder Cremes, die an der 200-Euro-Marke kratzen, sind hier keine Seltenheit. Doch ist die Marke aktuell nicht wegen ihrer Produkte in aller Munde, sondern wegen ihrer Kunden.

Denn immer wieder sollen Horden von jungen Mädchen und Teenagern die Läden stürmen, vor Ort die Produkte testen und ihre Eltern dazu überreden, für hundert Euro einzukaufen. Erst kürzlich ging eine Mutter viral, die für ihre sechsjährige Tochter für 350 Euro Make-up einkaufte. Auf TikTok halten erstaunte Sephora-Kunden die Kids auf Video fest, schneiden minutenlange Diskussionen zwischen Mädchen und ihren Eltern mit und filmen die verwüsteten Regale.

Die Kinder haben mittlerweile sogar ihren eigenen Namen bekommen: Sephora-Kids. Bisher war der Trend vor allem in Frankreich, den USA und Spanien vertreten, schwappt aber nun so langsam aber sicher auch nach Deutschland über.

Doch abgesehen von dem zweifelhaften Verhalten der Kinder, bereitet Experten vor allem eines Sorgen: der zunehmende Gebrauch von Hautpflegeprodukten, gerade von Anti-Falten- und Feuchtigkeitscremes, die die Kinder sich in ihren Beauty-Videos dick aufs Gesicht schmieren – und in dem Alter natürlich eigentlich gar nicht brauchen.

Deswegen schlagen nun Dermatologen Alarm.

Im Video: Fast jeder trägt Lippenstift falsch auf!

Hautärztin warnt: „Die meisten Produkte sind nie für Kinder getestet worden“

Vitamin-C-Serun, Hyaluron, Toner, BHA, Salicylsäure oder Retinol – all diese Begriffe sind für viele Teenie-Mädels keine Fremdwörter, sondern Bestandteil ihrer teils aufwendigen Hautpflege-Routine.

Doch sich in jungen Jahren einfach bestimmte Wirkstoffe ins Gesicht zu schmieren, sei alles andere als sinnvoll. Dermatologin Dr. Sarah Bechstein sagt: „Das ist ein gefährlicher Trend, weil eben viel über Social Media und TikTok beworben wird, von irgendwelchen Skincare-Ratings.“ 14 Produkte hintereinander zu nutzen, um dann die perfekte Haut zu haben, sei ausgeschlossen. „Das sind unrealistische Vorstellungen, denen die Kinder ausgesetzt sind“, so die Expertin.

Und es geht noch weiter: „Die Arztbesuche wegen Hautreaktionen durch den falschen Gebrauch der Produkte haben zugenommen“, sagt etwa US-Dermatologe Danilo Del Campo der AFP. Die Inhaltsstoffe in den Cremes, zum Beispiel Retinol, seien für Kinder komplett ungeeignet. „Die Influencer genießen eben ein größeres Vertrauen als die Ärzte und die meisten Eltern sind sich nicht über die Risiken bewusst.“

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Auch Monica Li, Assistenzprofessorin an der Universität von British Columbia in Kanada, warnt vor dem Trend: „Die meisten Produkte sind nie für Kinder getestet worden“, sagt die Hautärztin gegenüber CTV News. Welche Konsequenzen das für die junge Haut habe, sei komplett ungewiss. Gerade empfindliche Haut könne Schäden davon tragen.

Und wie sieht's bei euch aus?

Vor allem Retinol, Konservierungsstoffe und Parfüms sind problematisch

Ein übermäßiger Gebrauch von Retinol könne bereits bei Erwachsenen dazu führen, dass sich die Haut pelle, erklärt Dermatologin Linda Xing bei CTV News. „Andere säurehaltige Inhaltsstoffe können zu Rötungen und Brennen führen“, sagt sie weiter.

Ganz zu schweigen von den Parfüms und Konservierungsstoffen in den Cremes. „Wenn die Kinder zu früh mit den Stoffen in Berührung kommen, steigt das Risiko, dass sie später eine Allergie dagegen entwickeln“, so Xing.

Die meisten Hautpflegeprodukte können laut der Expertin ohne große Konsequenzen auch mal von Kindern genutzt werden. Doch bei einem grenzenlosen und regelmäßigen Gebrauch könne man die Folgen nicht mit Gewissheit vorhersagen.

Wieso tun die Mädchen das?

Und noch ein Problem tut sich durch die Videos auf: Der Schönheitsdruck auf junge Mädchen steigt weiter an. „Die Mädchen denken, sie müssten Schönheitsfehler korrigieren, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt“, berichtet Del Campo von seinen Erfahrungen mit den Kindern.

Und Psychoanalytiker Michael Story schiebt nach: Die Mädchen in den Videos „spielen nicht mit Puppen, sie sind die Puppen.“ Eltern sollten aufhören, die Beauty-Videos ihrer Kinder als „harmloses Spiel“ abzumachen.

Dermatologin Dr. Sarah Bechstein rät jungen Mädchen dazu, Produkte mit Retinol oder Säure wegzulassen. Besser sei es, auf altersgerechte Reinigungsmittel zurückzugreifen und „auf eine Pflegecreme mit Ceramiden, die repariert und die junge Haut stärkt.“

Denn weniger ist manchmal eben wirklich mehr! (jbü/vdü)