Rentnerin im Netz abgezocktFake-Plattform mit Bild von Günther Jauch: So funktioniert der dreiste Anlagebetrug

ARCHIV - 06.12.2020, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Der Moderator Günther Jauch steht beim RTL Jahresrückblick "Menschen, Bilder, Emotionen" 2020" im Studio. Jauch sollte ab kommender Woche laut Bundesregierung für die Corona-Schutzimpfung werben. Doch nun hat er sich mit dem Coronavirus infiziert. Zur Frage, ob es nun bei Jauchs Beitrag zur Kampagne bleibt, äußerte sich das Bundesgesundheitsministerium in Berlin am 09.04.2021 zunächst nicht. (zu dpa-Korr "Ein «Impfluencer» fällt aus - Günther Jauch mit Corona infiziert") Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Betrüger nutzen Fotos vom Prominenten wie Günther Jauch, um bei potenziellen Opfern seriös zu wirken (Archivbild).
hka pat sab, dpa, Henning Kaiser

Sie versprechen das ganz große Geld.
Manche Online-Anzeige, die maximalen Reichtum bei minimalem Investment suggeriert, ist auf den ersten Blick als Fake zu erkennen. Schwieriger wird es, wenn Betrüger dreist mit bekannten Gesichtern werben. Weil Promis wie Moderator Günther Jauch Seriosität vermitteln, tappen viele Nutzer in die Falle.

Günther-Jauch-Werbung für Handelsplattform Eurotrade ist ein Fake

"Ich habe wirklich gedacht, das ist ein gutes Investment, und die Leute können aus meinem Geld ein bisschen mehr machen", sagt Ilse Hofstra. "Da ist ja keiner böse." Die 74-Jährige sieht im Netz einen Artikel, in dem unter anderem Günther Jauch Werbung für die Handelsplattform Eurotrade zu machen scheint. Eine gute Gelegenheit, die Rente etwas aufbessern, denkt sich Hofstra. Sie lebt allein in einer Mietwohnung im nordrhein-westfälischen Dorsten.

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Online-Betrug: Rentnerin soll immer mehr Geld investieren

Über einen Link kommt Ilse Hofstra auf eine Seite, die seriös wirkt – nicht zuletzt, weil Günther Jauch sie zu empfehlen scheint. Sie meldet sich auf der Plattform an. "Das ist so raffiniert gemacht, denen vertraut man einfach", sagt die Rentnerin zu RTL-Reporter Lennart Neuhaus. "Und da habe ich gedacht: Wenn die so etwas machen, dann kann ich das auch mal versuchen. Und das war der Fehler."

Ein Mann ruft Ilse Hofstra an. "Der hat mir gesagt, wo ich investieren und was ich überweisen soll." Sie zahlt 1.270 Euro ein und kann online ihren kontoverlauf verfolgen. Ein vermeintlicher Finanzberater meldet sich immer wieder per Telefon und Whatsapp bei der Rentnerin und drängt sie, noch mehr Geld zu investieren.

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Als das Anlagekonto in die Höhe schießt, wird Ilse Hofstra skeptisch

Symbolbild Finanzbetrug Computerkriminalität

Symbol image Financial Fraud  Computer crime
Ilse Hofstra wurde vorgegaukelt, schnell einen hohen Gewinn erzielt zu haben (Symbolbild).
imago stock&people, imago/Michael Weber, imago stock&people

Ilse Hofstra scheint aufs richtige Pferd gesetzt zu haben: Ihr Anlagekonto steigt innerhalb kurzer Zeit auf fast 30.000 Euro – das 23-Fache ihrer Investition. Zu schön, um wahr zu sein; die 74-Jährige wird skeptisch und fordert die Auszahlung ihres Gewinns. Doch der vermeintliche Berater erklärt, das Geld sei wegen fehlender Unterlagen eingefroren worden. Ilse Hofstra soll ein spezielles Dokument für 2.500 Euro kaufen, damit die Auszahlung erfolgen kann. Jetzt ist der Rentnerin klar: Sie ist betrogen worden.

"Das ist schon eine Dummheit von mir gewesen, auf so etwas reinzufallen", gesteht die Rentnerin. "Das hab ich mir selbst zuzuschreiben."

Opfer berichteten Günther Jauch von Betrugsmache

Günther Jauch erinnert sich, wie er von der Betrugsmache erfuhr: "Das tauchte auf einmal überall auf. Und dann bekam ich die ersten Briefe von Leuten, die sagen: 'Ich bin darauf reingefallen.' Die einen sagen 250 Euro, die anderen 1.000 Euro, 2.000 Euro, 50.000 Euro." Dass Menschen auf den Fake hereinfallen, kann der Moderator nachvollziehen. "Ich schüttle bei niemanden den Kopf, dass ich sage: Wie kann man so blöd sein, auf sowas reinzufallen? Das sind Betrüger, die das hochprofessionell machen."

Staatsanwalt: Deutschland muss im Kampf gegen Internet-Kriminelle mehr tun

Aber weshalb haben die Betrüger so leichtes Spiel? Deutschland müsse im Kampf gegen diese Form der Kriminalität mehr tun, fordert Oberstaatsanwalt Dr. Nino Goldbeck von der Zentralstelle Cybercrime Bayern. "Nach meinem Kenntnisstand sind wir in Bayern die einzige Staatsanwaltschaft in Deutschland, die wirklich zentral für alle Fälle dieses Phänomens zuständig ist." Es gebe zweifelsohne noch "Luft nach oben", sagt der Jurist.

Ilse Hofstra geht inzwischen gegen die Betrüger vor und hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Ob sie ihr Geld wiederbekommt, ist unklar.