Die Papatsenkos bangen um Haustier

Als Kampfhund eingestuft: Muss eine ukrainische Familie jetzt ihren Hund abgeben?

von Julia Zimmermann

Ein unglaubliches und vor allem trauriges Schicksal: Familie Papatsenko hat in den letzten Monaten einiges durchgemacht. Der Krieg in der Ukraine traf auch ihre Heimat Mariupol, Mutter Alyona muss mit ihrer Tochter und ihrem Hund Mars fliehen. Vor rund vier Monaten finden sie ein neues Zuhause in Dachau in Bayern. Doch jetzt der nächste Schock: Die Haltung von Familienhund Mars ist in Bayern nicht erlaubt – muss Familie Papatsenko ihren Vierbeiner jetzt abgeben?
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Die Flucht vor dem Krieg – mit dem Hund!

Was Alyona Papatsenko erlebte, wünscht man nicht mal seinem größten Feind! Krieg im eigenen Land, die eigene Stadt unter Dauerbeschuss. Der Mutter bleibt nur eine Wahl: die Flucht mit der zwölfjährigen Tochter Maria; ihr Mann und ihr Sohn müssen zurückbleiben. Mit dabei: Hund Mars. Ein American Staffordshire Terrier, der in Bayern unter die Kategorie 1 der Kampfhund-Verordnung fällt und damit im Freistaat eigentlich nicht erlaubt ist.

Dank einer Ausnahmegenehmigung kann Familie Papatsenko aber in Dachau bei den freiwilligen Helfern, der Familie Kassel, unterkommen. „Wir hatten uns bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Da meine Kinder eh schon immer einen Hund haben wollten, auch gerne jemanden mit Hund“, erklärt Ann-Britt Kassel gegenüber RTL. „Man hat uns gesagt, es wäre ein Kampfhund. Den Begriff kennt man ja, aber ich habe mir nichts dabei gedacht.“

12 Wochen Sondergenehmigung, aber was ist danach?

Alyona, die nur ukrainisch spricht und Tochter Maria kommen mit ihrem Hund Anfang April bei Familie Kassel an. „Mars ist erstmal durch das ganze Haus gelaufen, es war ja alles neu. Wenn man uns vorher nicht gesagt hätte, dass das ein Kampfhund ist, wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen. Der ist kräftig, hat einen großen Kopf, aber der ist nicht gefährlich“, findet die Gastgeberin Ann-Britt Kassel.

Für sie absolut unverständlich, warum der Hund am Ende der Frist abgegeben werden soll: „Zwölf Wochen ist er nicht gefährlich, aber dann plötzlich schon? Zwölf Wochen kann man das Risiko eingehen und dann nicht mehr? Das ist doch Quatsch!“ Aber so sieht es der Freistaat Bayern vor, denn Mars ist rechtlich eben nicht erlaubt. Für die geflohene Familie Papatsenko bleibt also nur die Wahl: Entweder sie geben Mars weg oder sie ziehen in ein anderes Bundesland.

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Kontakte in Dachau durch Taekwondo-Verein

Der Umzug in ein anderes Bundesland, nach Niedersachsen, sei auf jeden Fall im Gespräch, sagt Kassel gegenüber RTL. Wegziehen wolle die Familie aber nicht, denn in Dachau sind sie auch wegen ihrer ukrainischen Freunde so gut angekommen. Die 12-jährige Maria ist hier Teil einer Taekwondo-Gruppe, die aus der Ukraine zusammen mit ihrem Trainer nach Dachau gekommen ist. Für das Kind der Lebensmittelpunkt: Fünf Mal die Woche wird trainiert und es wird an Wettkämpfen teilgenommen. Ein Stückchen Heimat also – doch muss die Familie darauf jetzt verzichten, um den Familienhund halten zu können?

Ann-Britt Kassel setzt sich für ukrainische Familie ein

Die Gastgeberin der Familie will das nicht so stehen lassen und versucht bei der Stadt eine Sondergenehmigung zu beantragen. Für sie ganz klar: „Ein Hund per se ist nie böse. Es ist der am anderen Ende der Leine, der den Hund gut- oder bösartig macht. Ich kann jeden Hund böse machen. Egal ob Pudel, Schäferhund oder eben einen American Staffordshire Terrier.“ Doch bisher hat sie keinen Erfolg, weil Mars als Kategorie 1 Kampfhund eine Extra-Erlaubnis nur in seltenen Ausnahmefällen bekommen könnte. Die sind aber für die Familie nicht zu erfüllen, lediglich die Liebe zum Tier reicht leider nicht. Muss der Hund also weg?

Eine letzte Hoffnung für Alyona Papatsenko

Einen Ausweg könnte es noch geben: Die Tierärztin verwies auf einen Verein in Karlsfeld, ganz in der Nähe von Dachau, der Kampfhunde aufnimmt und dann als Pflegehunde den bisherigen Besitzern überreicht. Das wäre ganz offiziell und könnte eine Möglichkeit sein, den Hund und die Familie zusammenzuhalten. „Sie würden Hund nicht abgeben, so schwer es fällt - auch mit Taekwondo und Maria da rauszureißen, aber Hund ist wichtiger. Sie haben schon so viel verloren, das Haus wurde bombardiert. Aber es wird auch schwierig in Dachau eine Wohnung zu finden, vor allem mit Hund und dann auch noch einem Kampfhund“, erklärt Kassel. Trotzdem möchte sie die Familie weiter unterstützen und dafür kämpfen, dass Mars nach allem was passiert ist, bei seiner Familie bleiben kann. Und dafür, dass Familie Papatsenko, nach allem was sie schon verloren haben, nicht auch noch ihren Hund verliert.