Alle Länder-Innenminister für neues NPD-Verbotsverfahren
Als letztes Bundesland hatte das kleinste seinen Widerstand aufgegeben. Die Innenminister der Bundesländer haben nach dem Einlenken des Saarlandes mit einem einhelligen Votum Kurs auf ein neues NPD-Verbotsverfahren genommen. Dies empfehlen sie den Ministerpräsidenten, die morgen ihr Votum dazu abgeben. Auch ihre Zustimmung gilt als relativ sicher; die der Bundesregierung dagegen keineswegs.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier (CDU), hat sich sicher gezeigt, dass ein neues NPD-Verbotsverfahren Erfolg haben wird. "Die Demokratie in Deutschland ist wehrhaft", sagte er nach dem einstimmigen Beschluss der Ressortchefs. "Wir können mit öffentlich zugänglichen Beweismitteln belegen, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist."
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) forderte Bundestag und Bundesregierung auf, sich zügig zu einem Verbotsverfahren zu positionieren. "Ein Herumwackeln in der Mitte kann es dabei nicht mehr geben", sagte er. "Wir haben jetzt eine sehr dichte Materialsammlung, so dicht wie vielleicht nie."
Auch die Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU), bewertet die Erfolgsaussichten für einen neuerlichen NPD-Verbotsantrag als gut. "Ich gehe von einem geschlossenen Verhalten der Innenminister und der Ministerpräsidentenkonferenz aus", sagte sie der 'Leipziger Volkszeitung'.
Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Hannelore Kraft (SPD) verdeutlichte: "Nach zwölfjähriger Debatte über das Verbot sollten wir jetzt den Mut haben, den Schritt zu gehen. Unsere Demokratie muss sich wehrhaft zeigen", sagte Kraft der 'Rheinischen Post'.
NPD-Chef: Politik wird sich wieder "blutige Nase holen"
Der Bund hatte sich in der Frage bislang bedeckt gehalten. Es ist noch offen, ob Bundestag und Bundesregierung bei dem Ländervorstoß mitziehen. Vor allem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist skeptisch. Nun hat er den Beschluss seiner Länderkollegen grundsätzlich befürwortet. Positiv hob er vor allem das zusammengetragene Material über die rechtsextreme Partei hervor. "Eine bessere Materialsammlung hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben", sagte Friedrich. "Nach meinem Dafürhalten ist die Chance, dass wir gewinnen, größer als dass wir verlieren." Allerdings warnte der CSU-Politiker auch, ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht sei noch immer mit einem Restrisiko behaftet.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht nach Angaben eines Sprechers weiterhin "erhebliche Risiken". Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter dämpfte die Erwartung, dass schon morgen bei einem Treffen Merkels mit den Ministerpräsidenten die Entscheidung fällt. Die Bundesregierung habe ihre Prüfung noch nicht abgeschlossen. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat ebenfalls Vorbehalte gegen einen solchen Schritt, und auch im Bundestag gibt es quer durch die Parteien zahlreiche Kritiker.
Die Grünen werfen Friedrich Zögern vor. "Friedrich eiert seit Wochen rum, anstatt endlich eine klare Position zu beziehen", sagte Fraktionschefin Renate Künast. "Wir Grüne stehen zu einem Verbotsantrag, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind." Friedrich müsse dafür zu sorgen, dass den Bundestags-Abgeordneten das Beweismaterial zur Verfügung gestellt werde. Nur dann könne über einen neuen Anlauf entschieden werden.
2003 war ein erster Versuch in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der NPD-Führung tätig waren. Bund und Länder versichern, dass diese Spitzel inzwischen abgeschaltet sind, also dem Verfassungsschutz keine Informationen mehr liefern. Auch die gesammelten Belege gegen die NPD sollen keine Informationen von V-Leuten beinhalten.
Der Rechtsextremismus-Experte Fabian Virchow warnte vor einem Alleingang der Länder. Formal reiche zwar der Antrag eines Verfassungsorgans ¬- im Fall der Länder des Bundesrates - aus, um ein neues Verbotsverfahren anzustoßen, sagte der Düsseldorfer Politikwissenschaftler. "Als politisches Signal ist es aber schon erheblich, ob der Vorstoß nur vom Bundesrat kommt oder auch von Bundesregierung und Bundestag."
Die NPD selbst rechnet mit der Einleitung eines neuen Verbotsverfahrens gegen sich. Für die Parteispitze ist aber ein erneutes Scheitern programmiert. Der NPD-Vorsitzende Holger Apfel gab sich demonstrativ zuversichtlich. Die Verfassungsorgane würden sich mit ihrem Antrag wieder eine "blutige Nase holen", sagte der Parteichef.