Multiple Sklerose machte ihr das Leben zur Hölle
"Ich lebe gerne, aber ich kann diesen Körper nicht mehr ertragen" - Deutsche nimmt Sterbehilfe auf Ibiza in Anspruch

Seit ihrem 24. Lebensjahr kämpfte Doerte Lebender gegen die neurologische Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose. 35 Jahre später entschied sie sich in Spanien aktive Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Am vergangenen Mittwoch starb Doerte Lebender auf Ibiza im Alter von 59 Jahren.
Lebender: Jeder sollte das Grundrecht haben, in Würde sterben zu können
Erst seit Juni 2021 ist aktive Sterbehilfe in Spanien erlaubt. Doerte Lebender ist eine der Ersten, die sich die lebensbeendende Spritze hat verabreichen lassen. Die spanische Zeitung "Diario de Ibiza" hat die 59-Jährige in den letzten Monaten auf ihrem letzten Weg begleitet.
Doerte Lebender erzählt den spanischen Journalisten, dass sie bereits seit 35 Jahren gegen die tückische Nervenkrankheit kämpft. Seit etwa 10 Jahren habe sich ihr Gesundheitszustand immer weiter verschlechtert. Ihre Schmerzen wurden größer, sie konnte nicht mehr alleine aufstehen, das Reden fiel ihr immer schwerer. Zu viel für die Deutsche. „Die Krankheit bringt einen nicht um, aber sie zerstört deinen Körper", erzählt Doerte Lebender der spanischen Zeitung. „Ich habe schon so viel gelitten, ich will gehen. Nicht, dass ich nicht leben will - ich mag es zu leben. Aber ich halte diesen Körper nicht mehr aus.“
Lebender habe sich dazu entschieden, öffentlich darüber zu sprechen. Sie will außerdem klarstellen, dass es sich bei ihrer Entscheidung nicht um Selbstmord handelt. Vielmehr ginge es darum, aus freien Stücken entscheiden zu können, würdevoll und schmerzfrei zu sterben. „Ich will aufklären. Und denen helfen, die Zweifel darüber haben, ob es gut ist oder nicht, sich für das Sterben zu entscheiden.“
Lebender stirbt in ihrer Wohnung, im Hintergrund läuft ein Lied von "Herbert Grönemeyer"
Um aktive Sterbehilfe erhalten zu dürfen, muss eine "unheilbare, schwerwiegende chronische Krankheit" vorliegen, die "große körperliche oder psychische Schmerzen" mit sich bringt. Das im Juni auf den Balearen gegründete Expertengremium, bestehend aus fünf Gesundheitsexperten und vier Juristen, gab am 21. September dem Antrag der Deutschen statt. Zuvor hatten zwei voneinander unabhängige Fachärzte bereits zugestimmt, berichtet die „Mallorca Zeitung“.
Dann durfte sich Doerte Lebender ihren Todestag selbst aussuchen, den 27. Oktober. Um 12.45 Uhr bekam sie die tödliche Spritze. Die 59-Jährige saß dabei auf ihrem Sessel, den sie seit vier Jahren kaum noch verlassen konnte. Es lief das Lied „Feuerlicht“ von Herbert Grönemeyer im Hintergrund. „Für mich ist es eine große Reise. Ich sterbe nicht, ich gehe weg“, so Lebender. Ihre Seele könne nun endlich alle Orte besuchen, die ihr Körper in diesem Leben nicht mehr erreichen konnte. (mca)