Jetzt ist das Buch "Aitutaki Blues" erschienen
Sohn begleitet alzheimerkranke Mutter auf ihrer letzten Reise: "Das Herz hat keine Demenz"

Mit Anfang 60 bekommt die bekannte Autorin und Journalistin Claudia Schreiber die Diagnose Alzheimer. Ihr Sohn Lukas Sam Schreiber weiß: Das wird nicht besser. Und gemeinsam machen sie eine letzte große Reise. In dem erfolgreichen Podcast „Aitutaki Blues“ begleitet Lukas die Reise auf eine kleine Insel am anderen Ende der Welt. Jetzt tritt er in die Fußstapfen seiner Mutter und hat ein Buch geschrieben. Uns erzählt er, wie es seiner Mutter und ihm heute geht.
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"Alzheimer verzeiht gar nichts"
„Die Krankheit ist schon wirklich gnadenlos, wenn man ehrlich ist. Die verzeiht gar nichts. Ihre Sprache ist brüchiger geworden. Sie ist langsamer geworden, muss deutlich mehr nach Worten suchen.“ Gerade das sei schwer für sie, denn ihr ganzes Leben hat sie erfolgreich als Autorin gearbeitet. „Weil man ihr ihr Instrument raubt“, sagt Lukas.
Claudia Schreiber ist Autorin und Journalistin. Ihr größter beruflicher Erfolg ist der Roman „Emmas Glück“, der 2006 mit Jürgen Vogel verfilmt wurde. Sie hat diverse Bücher geschrieben und dafür viele Auszeichnungen bekommen.
Doch mit der Diagnose Alzheimer beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Wie schnell die Krankheit voranschreitet, ist nicht vorhersehbar. „Sie kann immer noch allein wohnen, aber sie kann nicht mehr richtig überblicken, ob und wann sie gegessen hat“, erzählt Lukas. Auch bei den Arztterminen brauche sie immer häufiger Hilfe.
Mittlerweile geht es ihm besser mit der Diagnose seiner Mutter. „Ich habe Ruhe in diesem Versprechen gefunden, das Alzheimer gibt: Es wird nie wieder besser.“ Da es keine Hoffnung auf Besserung gebe, konzentriert er sich jetzt auf den Moment: „Ich habe noch eine große Mission: Mit meiner Mutter auf die Suche nach guten Momenten zu gehen.“
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Selten sprechen Alzheimer-Erkrankte selbst über ihre Krankheit
In dem Podcast „Aitutaki Blues“ hat Lukas sich und seine Mutter auf der großen Reise begleitet. Die beiden sprechen über die Krankheit, über Sterbehilfe und wie es weitergehen wird. Er ist intim und mutig, auch wenn Lukas selbst es gar nicht so aufgefasst hat.
Viele Hörer haben sich danach bei ihm gemeldet. „Auch eine Pflegekraft, die seit zehn Jahren mit Demenzerkrankten arbeitet und meinte, sie habe jetzt durch den Podcast erst verstanden, wie sich Demenzkranke fühlen. Das hat mir viel bedeutet.“
Mit dem Buch tritt er in die Fußstapfen seiner Mutter
Dass er ein Buch über die Diagnose schreibt und damit in ihre Fußstapfen tritt, das hat sich Claudia schon zu Beginn gewünscht. Es ist dann zunächst ein Podcast geworden. Doch am 9. November ist jetzt auch das Buch dazu erschienen. „Ich habe das Buch geschrieben und sie konnte mir erstaunlicherweise viel helfen. Ich habe sie ständig angerufen und sie hat mir zig Schriftsteller-Tipps gegeben“, erzählt Lukas. Das habe ihm sehr geholfen. „Und wir konnten über was anderes reden als die Krankheit.“
Und während des Schreibens wollte sie auch immer wieder Kapitel des Manuskripts lesen. „Sie kann aber nicht mehr lesen, die Buchstaben fügen sich einfach nicht mehr zusammen. Sie ist da zu langsam geworden.“ Damit sie die Geschichte – ihre Geschichte – aber dennoch hören kann, hat sich Lukas etwas überlegt. „Ich habe mich zu ihr auf den Balkon gesetzt, sie hat geraucht und ich habe ihr kapitelweise das ganze Buch vorgelesen.“
Und das mit großem Erfolg: „Sie hat es richtig gefeiert und gelacht und der schönste Moment für mich war, als sie gesagt hat: ‘Na toll, Lukas. Jetzt kann ich ja gar nicht sterben, ich muss auf deine erste Lesung warten!’“

Das Herz hat keine Demenz: "Sie liebt noch genau wie meine Mutter"
Im Mai 2021 sagte Lukas im Gespräch mit RTL: „Ich hatte viel Angst, immer mehr von meiner Mutter zu verlieren.“ Die Angst ist heute nicht mehr so groß. „Ich habe mich mehr damit abgefunden, dass das die ganze Zeit passiert. Aber die Definition, wer meine Mutter ist, hat sich verändert.“
„Sie ist nicht mehr so souverän, nicht mehr so schnell, so witzig und wortgewandt wie vorher. Aber sie fühlt noch genauso wie meine Mutter.“ Denn was ihm im Verlauf der letzten zwei Jahre geholfen hat, ist ein Zitat: „Das Herz hat keine Demenz. Das merkt man immer wieder, wie sie meinen Bruder und mich liebt.“
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