Laschet wohl tatsächlich Kaiser-Nachfahre - Merz und Röttgen aber auch!

Stammen wir alle von Karl dem Großen ab? Historiker klärt auf

Armin Laschet ist auf einem Buchcover zu sehen
Armin Laschet ist auf dem Cover des Buches "Der Machtmenschliche" zu sehen. Foto: Klartext Verlag/dpa
deutsche presse agentur

Laschets Familie betreibt Ahnenforschung

Stammen wir von Kaiser Karl dem Großen ab? Die Familie von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) glaubt, das sei bei ihr belegt. So schreiben es die Journalisten Tobias Blasius und Moritz Küpper in ihrer Biografie über Armin Laschet „Der Machtmenschliche“, die am Freitag erscheint. Kann gut sein, ist aber nichts Besonderes – so lässt sich das Fazit des Historikers Dr. Lupold von Lehsten zusammenfassen.

Karl der Große - erster Kaiser in Westeuropa seit der Antike

ARCHIV - 16.06.2014, Aachen: Eine Büste, die Karl den Großen zeigt, steht in der Domschatzkammer. Vor gut 1000 Jahren war die Region rund um Mainz, Ingelheim und Speyer ein Zentrum der Macht - dies macht ein groß angelegtes Ausstellungsprojekt bewuss
Kaiser Karl der Große (747/748-814) hatte mindestens 20 Kinder und unzählige weitere Nachkommen - von denen die meisten Menschen in Europa abstammen dürften.
obe mhe tba rho, dpa, Oliver Berg

Laschets Bruder Patrick habe detailliert Stammbäume zusammengetragen und eine Auflistung erstellt, die von Karl dem Großen aus dem 8. Jahrhundert in insgesamt 40 Schritten zu Laschet und seinen Brüdern führe. Der Frankenkönig Karl lebte von ca. 747/748 bis 814 und erlangte im Jahr 800 als erster westeuropäischer Herrscher seit dem Ende des Römischen Reichs die Kaiserwürde. Er dehnte sein Reich über große Teile Europas aus. Wegen der blutigen Unterwerfung der Sachsen erhielt er auch den Beinamen „der Sachsenschlächter“.

Auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen dürften von Karl dem Großen abstammen

Dr. Lupold von Lehsten ist Historiker und stellvertretender Leiter des Instituts für Personengeschichte in Bensheim. Er ist Herausgeber des Standardwerks "Die Nachkommen Karls des Großen".
Dr. Lupold von Lehsten ist Historiker und stellvertretender Leiter des Instituts für Personengeschichte in Bensheim. Er ist Herausgeber des Standardwerks "Die Nachkommen Karls des Großen".
Institut für Personengeschichte, Pressebild

Ein Nachfahre von Karl dem Großen - das klänge als weiteres Argument für die Bewerbung als Kanzlerkandidat von CDU/CSU für Armin Laschet doch gar nicht schlecht. Der Historiker Dr. Lupold von Lehsten ist Experte für die Nachkommen des berühmten Frankenherrschers und hält diese Abstammung für durchaus plausibel, allerdings mit einer verblüffenden Begründung. Denn sehr wahrscheinlich stammen die allermeisten Menschen in Europa von Karl dem Großen und seinen Kindern und Enkeln ab – und damit auch Laschets Rivalen Friedrich Merz und Norbert Röttgen!

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Herr Dr. von Lehsten, die Familie von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet glaubt, belegen zu können, dass Laschet und seine Brüder in 40 Schritten direkt von Karl dem Großen abstamme. Wie wahrscheinlich ist das?

Von Lehsten: „Karl der Große hatte eine Menge Kinder, ziemlich sicher über zwanzig, mit fünf bekannten Gemahlinnen und vier bekannten Konkubinen. Das war damals natürlich gesellschaftlich eine einmalige Sonderstellung. Seine Kinder, von denen wir 17 namentlich kennen, sind mit ihren Nachkommen so gut dokumentiert wie keine andere Familie in Mitteleuropa zu dieser Zeit. Erich Brandenburg hat 1935 ein Werk ‚Die Nachkommen Karls des Großen‘ veröffentlicht, in dem die ersten vierzehn Generationen bis ca. zum Jahr 1200 n.Chr. aufgelistet sind.

Daher wissen wir, dass um das Jahr 1200 die gesamte Führungsschicht in Europa – Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland bis nach Russland – zu den Nachkommen Karls des Großen gehörte. Das sind nach Brandenburg bereits über 1.000 Personen, die über ganz Europa verteilt waren.

"Was die Familie Laschet jetzt macht, war im Mittelalter etwas Selbstverständliches."

 Verleihung des Internationalen Karlspreises 2019, an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, im Krönungssaal des Rathauses in Aachen. Dieses Bild zeigt v.l.n.r.: Oberbürgermeister der Stadt Aachen Marcel Philipp, Antonio Guterr
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (2. v.r.) bei der Verleihung des Internationalen Karlspreises 2019, an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres.
www.imago-images.de, imago images/Rudolf Gigler, Rudi Gigler, via www.imago-images.de

Und diese Gruppe reicht um das Jahr 1200 auch bereits bis zu 'normalen' Rittern herunter, nach weiteren 100 bis 200 Jahren über die Ministerialen bis zum niederen Adel. Somit vermehren sich die Nachkommen Karls des Großen noch viel mehr. Viele Ritter und Adlige zogen im späten Mittelalter auch als Bürger in die Städte und bildeten auch dort Teile der Führungsschichten. So stammen im späten Mittelalter auch schon viele Familien in den Städten von Karl dem Großen ab.

Was die Familie Laschet jetzt macht, war im Mittelalter etwas Selbstverständliches. Im Mittelalter haben alle gewusst, ob sie von Karl dem Großen abstammten und wie. Das war damals wie ein Eintrittsticket für eine Karriere. Und dieses Phänomen, des Wissens von so einer Abstammung, hat sich bis zur Familie Laschet fortgesetzt.“

Wie viele Deutschen oder Europäer dürften ebenfalls von Karl dem Großen abstammen?

Von Lehsten: „Heute kann man eigentlich sagen, dass jede Frau und jeder Mann, deren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern schon hier lebten, wahrscheinlich von Karl dem Großen abstammt. Die Frage ist nur, ob die Quellenüberlieferung einen solchen Nachweis ermöglicht.“

Wieso kann man da so sicher sein?

Von Lehsten: „Das ist ganz einfach: Sie haben zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern usw. Bei zehn Generationen sind das 1.024 Personen und nach zwanzig Generationen sind es 1.048.576 Personen. Dann sind wir aber erst auf halbem Weg zu Karl dem Großen. Für Armin Laschet sollen es 40 Generationen-Schritte sein, und das ist üblich. In dieser ‚Ahnengeneration‘ wären es rechnerisch 2 hoch 40 Personen: 1.099.511.627.776.

Aber natürlich haben zur Zeit Karls des Großen viel weniger in ganz Europa gelebt. Es gibt Schätzungen von ca. 20 Millionen in ganz Europa. In Mitteleuropa selbst, wo die Hauptmasse dieser Vorfahren lebten, waren es sicher keine 10 Millionen, von denen wir heute abstammen. Bei einer vollkommen gleichmäßigen Verteilung stammen wir also von jedem dieser Menschen weit über 1.000 Mal ab.

Und nun haben sich die Nachkommen Karls des Großen sicher mit am besten genealogisch verbreiten können, denn sie gehörten ja zur Führungsschicht. Bei diesen Nachkommen Karls des Großen ist die Quellenlage nur deutlich besser als für alle anderen Personengruppen im frühen und hohen Mittelalter.

Daher ist es auch heute noch gut möglich, dass sich Familien wie die Familie Laschet über 40 Generationen auf Karl den Großen zurückführen. Natürlich ist aber Karl der Große nicht der Stammvater der Familie Laschet, sondern über viele Dutzend Frauen nur deren Vorfahr. Die Frauen sind also oftmals viel wichtiger für die Frage nach der eigenen Herkunft.“

Wie wahrscheinlich ist es, dass dann auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen Nachfahren von Karl dem Großen sind?

Von Lehsten: „Ich würde mal vermuten, dass diese ebenso von Karl dem Großen abstammen.“