Polizei durchsucht Praxis im Landkreis Gifhorn
Ärzte sollen falsche Corona-Impfausweise ausgestellt haben
Vorwürfe: Gewerbsmäßiger Betrug, Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse, Körperverletzung
Mediziner einer Gemeinschaftspraxis im Landkreis Gifhorn sollen falsche Corona-Impfausweise ausgestellt haben - und zwar in "größerem Umfang". Die Anzahl könne bisher nur gemutmaßt werden, möglich sei eine zweistellige Zahl, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hildesheim am Donnerstag. Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten die Praxis, Unterlagen und Computerdaten wurden sichergestellt. Gegen die Ärzte wird den Angaben zufolge wegen gewerbsmäßigen Betrugs, der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse und Körperverletzung ermittelt.
Zuvor anonyme Anzeige wegen Schein-Impfungen gegen Masern
Den Ermittlungen ging eine anonyme Anzeige voraus, wie der Sprecher sagte. Demnach gab es den Vorwurf von Schein-Impfungen gegen die Masern - die Ärzte sollen Kindern statt des Impfstoffs Kochsalzlösung gespritzt haben. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass es möglicherweise auch bei der Corona-Impfung "nicht mit rechten Dingen" zuging, wie der Sprecher sagte. Ein Durchsuchungsbeschluss wurde erlassen, am Mittwoch wurde die Praxis durchsucht. Der Verdacht nicht gespritzter Masern-Impfstoffe führte dazu, dass auch wegen Körperverletzung gegen die Mediziner ermittelt wird.
Im Falle einer Verurteilung droht den Verdächtigen allein wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Das sichergestellte Material müsse zunächst ausgewertet werden, sagte der Sprecher.
Praxis ist offenbar kein Einzelfall
Die Ärztekammer Niedersachsen hat die Vorwürfe als in der Dimension einzigartig bezeichnet. „Wir missbilligen solche Vorgehensweisen aufs Schärfste“, sagte ein Sprecher der Ärztekammer am Freitag in Hannover. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, sei das „unverantwortlich“ und „ungeheuerlich»“. Die Kammer habe nach einem Hinweis anfangs selbst ermittelt und die Ermittlungen dann an die Staatsanwaltschaft Hildesheim abgegeben.
Im Falle derartiger Hinweise werde immer berufsrechtlich ermittelt, erklärte der Sprecher der Ärztekammer. Bei 43.600 Ärzten in Niedersachsen sei es in der Pandemie in rund 100 Fällen zu Hinweisen gekommen - allesamt „nicht so schwerwiegend“. (dpa/mba)