Abgebaute Mülleimer und geschlossenes Schwimmbad
Corona macht deutschen Kommunen zu schaffen

Wer im sächsischen Städtchen Pirna lebt, dürfte in den vergangenen Tagen eine böse Überraschung erlebt haben. Zumindest, wenn er oder sie gerade durch die Straßen flaniert und schnell den Müll aus der Hosentasche in den Papierkorb schmeißen wollte. Die Stadtverwaltung hat nämlich fast die Hälfte aller Mülleimer abbauen lassen. Der Grund: Geldsorgen. Die Corona-Pandemie reißt nämlich vielen Kommunen ein großes Loch in die ohnehin schon klammen Kassen. Verbände fordern deshalb Hilfen aus der Bundeskasse.
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Jede zweite Kommune könnte Schulden machen
Vielen deutschen Städten und Gemeinden geht es schlecht. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernest&Young hat bereits im Januar in einer Studie alarmierende Zahlen herausgegeben. Fast jede zweite Kommune in Deutschland könnte in diesem Jahr Schulden machen. 47 Prozent rechnen mit einem Haushaltdefizit. Der Grund: Durch die Corona-Pandemie brechen viele Einnahmen weg. Die Gewerbesteuer ist zum Beispiel im letzten Jahr durchschnittlich um 15 Prozent zurückgegangen. Deshalb hat jede dritte Stadt die Gebühr für Müllabfuhr und Straßenreinigung erhöht. Im sächsischen Pirna reicht selbst das nicht aus, wie ein Bericht der „Bild“-Zeitung zeigt.
Pirna: Diskussion über Sperrung von Spielplätzen
Der Bauhof kassierte jetzt 133 von 285 Mülleimern ein, um 35.000 Euro zu sparen. Und hat für die Bürger der Stadt nur folgende Empfehlung parat: „Wir hoffen auf die Achtsamkeit der Pirnaer, die den Müll entweder im nächsten Papierkorb entsorgen oder mit nach Hause nehmen“, sagte Stadtsprecherin Jekaterina Nikitin zu „Bild“. Doch das ist noch nicht alles! Über die Sperrung von Spielplätzen und Brücken (hohe Unterhaltungskosten) und das Abschalten von Straßenbeleuchtung werde ebenfalls nachgedacht. Aber Pirna ist nicht das einzige Beispiel. Auch in anderen Kommunen muss wegen Corona gespart werden.
Kein Freibad im Sommer
Im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein wurde in der jüngsten Stadtratssitzung beschlossen, dass das einzige Freibad der Stadt in diesem Sommer wegen der Pandemie nicht öffnen wird. Selbst wenn es die Hygienemaßnahmen theoretisch zulassen würden. „Zu öffnen, das birgt das Risiko, quasi Geld in den Sand zu setzen. Das ist eine Lotterie, die man niemandem erklären kann“, zitierte die „Nahe-Zeitung“ den Idar-Obersteiner Bürgermeister Fritz Marx in der Sitzung. Die Kassen der Kommune sind ohnehin schon klamm und das Schwimmbad wirft seit Jahren nur Schulden ab. Viele Badefreunde dürften trotzdem verärgert sein. Weil die Lage in vielen Städten und Gemeinden so dramatisch ist, fordern die Kommunen weitere Hilfen vom Bund.
Städte- und Gemeindebund fordert Hilfen vom Bund
„Es braucht zwingend einen zweiten Rettungsschirm von Bund und Ländern für die Kommunalfinanzen, mindestens für die Jahre 2021 und 2022", zitiert das "Handelsblatt" aus einem gemeinsamen Positionspapier des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) und Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes. "Die Lage der Kommunalhaushalte ist schlicht prekär." Im Herbst 2020 hatten die Verbände bereits gewarnt, dass in diesem Jahr eine Finanzierungslücke von rund zehn Milliarden Euro droht. XST