Das sollten Eltern beachtenEndlich schönes Wetter! Ab wann kann mein Kind alleine draußen spielen gehen?

Raus auf den Spielplatz, zum Fußballspielen, in den Garten der Nachbarskinder! Aber schon allein?
Wenn es den Nachwuchs zum Spielen nach draußen zieht und nicht vor den Fernseher oder das Handy, sind Eltern meist froh. Doch irgendwann wollen die Kinder das plötzlich ganz allein oder nur noch mit ihren Freunden. Ein heikles Thema, denn viele Eltern sind dann unsicher: Ist mein Kind schon so weit? Wir sprachen darüber mit der Erziehungsberaterin Dorothea Jung.
Jedes Kind individuell betrachten
Wenn Kinder selbstständiger werden, ist es an der Zeit, sie die Welt ein Stück weit alleine entdecken zu lassen. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Dorothea Jung, Leiterin der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) in Fürth, sagt: „Jedes Kind ist vom Charakter her unterschiedlich, das eine ist sehr neugierig, das andere vielleicht etwas ängstlicher.“
Grundvoraussetzung für das alleinige Spielen draußen sei aber natürlich erst einmal, dass das Kind das auch selbst will.
Ein festes Alter gibt es nicht
Ob und wann ein Kind guten Gewissens alleine draußen spielen kann, ist immer eine Frage der Verlässlichkeit: „Verkehrsregeln und andere wichtige Regeln müssen fest verinnerlicht sein“, sagt Sozialpädagogin Jung.
Wann ist das richtige Alter dafür? „Das kann sehr unterschiedlich sein“, sagt die Pädagogin.
Wichtig sei nicht nur die Zuverlässigkeit, sondern auch der Entwicklungsstand des Kindes. Wie weit ist es in der Lage, Risiken und Gefahrensituationen zu erkennen und angemessen zu reagieren? „Kinder unter sieben Jahren sollten noch nicht völlig unbeaufsichtigt alleine draußen spielen“, sagt die Erziehungsexpertin. „Auch im eigenen Garten kann es zu Verletzungen kommen, deshalb sollten Eltern auch dort ab und zu nach dem Kind sehen.“ Bei Kindern ab sieben Jahren könne das Zeitfenster langsam erweitert werden.
Lese-Tipp: Ab wann kann ich mein Kind alleine zuhause lassen?
Der Weg zur Grundschule als Prüfstein

Können Eltern mit ihren Kindern üben, alleine draußen zu spielen? „Spätestens mit dem Eintritt in die Grundschule ergibt sich das von selbst, weil die Kinder den Weg zur Schule, ob mit dem Bus, zu Fuß oder schon mit dem Fahrrad, alleine bewältigen sollen - und oft auch wollen“, sagt die Pädagogin.
„Der Schulweg muss mit den Eltern geübt werden, bevor die Kinder ihn alleine gehen. Dann merkt man, was klappt und was noch nicht.“
Lese-Tipp: Ab wann darf mein Kind alleine mit dem Fahrrad zur Schule?
Bestimmten Radius oder Orte festlegen
Bei der Frage, wie weit ein Kind maximal von der elterlichen Wohnung entfernt sein sollte, spielt natürlich die unmittelbare Umgebung eine große Rolle: Auf dem Land ist die Situation oft anders als in der Großstadt. Und je nachdem, wie viele stark befahrene Straßen und Kreuzungen es in der näheren Umgebung gibt, sieht es wieder anders aus, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
Kinder trauen sich in der Regel erst allmählich, mit zunehmendem Alter immer weiter hinaus.
„Eltern sollten aber immer wissen, wo sich ihre Kinder aufhalten - auf welchem Spielplatz, Sportplatz oder ähnlichem“, betont Jung.
Rückkehrzeiten müssen eingehalten werden
Wichtig sei aber in jedem Fall, so die Expertin Jung, dass vereinbarte Rückkehrzeiten eingehalten werden und die Eltern im Vorfeld Konsequenzen ankündigen, wenn diese nicht eingehalten werden. Und wie bei allen Erziehungsfragen müssen sich Eltern auf ihre Kinder verlassen können - und die Kinder umgekehrt darauf, dass angekündigte Konsequenzen auch umgesetzt werden.
Umgang mit unbekannten Fremden: Nein sagen können
Und der berühmte fremde Onkel mit der Schokolade? „Inzwischen weiß man, dass Missbrauch häufiger im Familien- oder Bekanntenkreis stattfindet als durch Fremde“, sagt die Expertin, „umso wichtiger ist es, dem Kind schon früh beizubringen, dass es Nein sagen soll und darf, wenn ihm etwas unangenehm ist – auch in der Familie.“
Macht es Sinn, dem Kind ein Handy mitzugeben?

Sollten Eltern ihren Kindern sicherheitshalber ein altes Handy oder Smartphone mitgeben, damit sie im Notfall anrufen können? „Ich möchte die Frage nicht mit Ja oder Nein beantworten, manche Eltern benötigen das noch“, sagt die Erziehungsberaterin, „aber in einer echten Notsituation würde ein Handy wahrscheinlich auch nicht viel helfen.“
Bei älteren Kindern könne es sinnvoll sein, damit die Kinder Bescheid geben können, wenn sie die vereinbarte Rückkehrzeit nicht einhalten können, weil etwa der Bus ausgefallen ist.
Kinder per App tracken? Lieber nicht!
Dem Einsatz von Tracking-Apps steht Jung grundsätzlich skeptisch gegenüber: „Es wäre schön, wenn es anders ginge“, sagt sie, „das tut den Kindern auch nicht gut, letztlich ist es eine Scheinsicherheit für ängstliche Eltern.“ Dass Eltern bei den ersten Soloausflügen der Kinder noch um die Ecke schauen, um zu sehen, was der Nachwuchs so treibt, kann sie aber nachvollziehen.
„Das habe ich selbst am Anfang auch gemacht“, gibt die dreifache Mutter augenzwinkernd zu.