Uns droht ein Unwetter-Herbst Warum die hohen Temperaturen im Mittelmeer so gefährlich sind

Reisen stehen hoch im Kurs bei den Verbrauchern in Deutschland (Archivbild)
Das Mittelmeer ist in diesem Jahr so warm wie nie - das wird für uns zur Gefahr
Clara Margais/dpa

Hitze im Mittelmeer könnte üble Folgen haben:
Unsere Meere haben jahrzehntelang enorm viel Wärme aufgenommen und so den Klimawandel gebremst. Doch Meere sind sehr träge Systeme. Jetzt fangen sie an, sich drastisch zu erwärmen. Und das hat Folgen, die katastrophal sein können. Warum am Mittelmeer nichts mehr ist, wie es mal war.

Es ist sehr viel Energie im System

Die Erde heizt sich auf, aber bisher konnten wir uns auf die Ozeane verlassen. Sie waren unser größter Puffer in der Klimakrise, haben etwa 90 Prozent der überschüssigen Wärme aus der Atmosphäre gespeichert und damit eine viel stärkere Erderwärmung verhindert. Aber die Meere kommen jetzt an ihre Grenzen - sie heizen sich so schnell auf wie nie.

Im westlichen Mittelmeer entwickelte sich im Juni eine außergewöhnliche marine Hitzewelle, die zur höchsten jemals in dieser Region gemessenen durchschnittlichen Meeresoberflächentemperatur von 27,0 Grad führte. Ein Rekordwert für den Monat Juni. „Wir haben im Mittelmeer noch nie eine so hohe Temperatur in einem Juni festgestellt. Manchmal werden solche Temperaturen Ende August zum Höhepunkt des Sommers gemessen”, sagte der Klimatologe Fabio D’Andrea von der staatlichen französischen Forschungsorganisation CNRS.

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So warm ist das Mittelmeer bereits jetzt.

Das Mittelmeer ist mittlerweile schon teilweise 28 Grad warm, es ist eine Frage der Zeit, wann es die 30 Grad erreicht. An manchen Orten lagen die Werte zwischenzeitlich 4 bis 5 Grad über den Durchschnittswerten der Jahre 1991 bis 2020.

Sturmtief Daniel: Regenmassen, die es vorher nicht gab

Hohe Temperatur hat Folgen

Ein immer wärmer werdendes Meer hat unzählige Konsequenzen. Das Mittelmeer ist ziemlich flach im Verhältnis zu den großen Ozeanen, es erwärmt sich also noch schneller als etwa der Atlantik. Die Hitzewelle Ende Juni war auch deshalb so heftig, weil die Meeresoberflächentemperatur schon so hoch war. „Das hat die Hitze im westlichen Mittelmeerraum noch verstärkt”, erklärte Samantha Burgess vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW).

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Das Meer ist teilweise vier Grad wärmer als normal.

Und Wasser speichert die Energie sehr lange. Wenn es dann im Herbst kühler wird, bleibt das Wasser noch lange Zeit warm. Diese Kontraste können massive Unwetterlagen auslösen. Das Meer wärmt von unten die Luft und versorgt sie durch größere Verdampfung mit mehr Wasserdampf als üblich. Die Luft in höheren Schichten ist aber kalt.

Das macht die Atmosphäre sehr instabil. Gewaltige Gewitter mit Starkregen und Sturmböen können entstehen und sich auch zu Medicanes organisieren – quasi eine Art mediterrane Hurricanes. Zuletzt geschehen 2023, als Sturm Daniel weite Teile des östlichen Mittelmeers heimsuchte, nie dagewesene Niederschlagsmengen brachte, die halb Griechenland unter Wasser setzten. 14 Menschen starben damals. Je wärmer das Mittelmeer ist, desto stärker können die Gewitter werden. In diesem Herbst kann deshalb die Gefahr von schweren Unwettern im Mittelmeer sehr groß sein. Und das kann auch Auswirkungen auf das deutsche Wetter haben, denn die sogenannten Vb-Wetterlagen haben uns schon häufiger schlimme Hochwasser gebracht.

Die Entstehung von Medicanes und was sie so gefährlich macht

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Es gibt aber noch viel mehr Gefahren

Heftige Herbststürme mit riesigen Niederschlagsmengen sind das eine. Die Stürme, die ähnlich wie ein Hurricane entstehen, treffen am Mittelmeer eine sensible Infrastruktur: Die Campingplätze, die an den Küstenlinien des Mittelmeers liegen, sind ihnen schutzlos ausgeliefert. Die Urlauber mit ihren Zelten haben kaum Möglichkeiten, sich zu schützen. Zudem sind die Campingplätze zur Beschattung oft mit großen Bäumen angelegt. Bei Stürmen wie Diana im Jahr 2022 werden Campingplätze mit Baumbestand schnell zu tödlichen Fallen.

Und: Die Tierwelt leidet, bzw. verändert sich. Feuerquallen zum Beispiel mögen es warm, sie profitieren von der Erwärmung der Ozeane. Korallenriffe hingegen mögen es gar nicht warm, sie stehen daher im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Untergang. Das ist schlecht, denn sie stellen einer Vielzahl an Lebewesen den Lebensraum. Die gesamte Nahrungskette im Meer würde durch das Fehlen gesunder Korallenriffe ins Wanken geraten. Schließlich dehnt sich warmes Wasser stärker aus als kaltes: Küstenstädte geraten also durch den Anstieg des Meeresspiegel in Gefahr.

Angst vor dem Blob: Warum die hohen Meerestemperaturen katastrophal sein können

Außerdem nimmt warmes Wasser weniger Sauerstoff auf als kaltes. Das wiederum bedeutet, dass das Leben im Meer eingeschränkt wird. Es kann zum Verlust von Seegras- und Kelpwäldern sowie Verschiebungen im Artenreichtum kommen. Erinnert sei hier an die große marine Hitzewelle im Nordostpazifik zwischen 2013 und 2015, oft als der „Blob“ bezeichnet. Diese Hitzewelle führte zu Sterblichkeit und Reproduktionsversagen bei Seevögeln, Massenstrandungen von Seelöwen und Walen. Viele Fischarten waren gezwungen, kühlere Lebensräume aufzusuchen. Einige marine Populationen haben sich bis heute davon nicht vollständig erholt.

Wollen wir das Mittelmeer so erhalten wie wir es kennen, nämlich als angenehmen Urlaubsort mit tollen Städten und wunderbaren Stränden, dann sollten wir den Klimaschutz etwas ernster nehmen.

(osc)