So Fake ist Super-Bowl-Stimmung!
„Hauptstadt des Mordes” räumt Junkies und Schrecken weg

Kontroverses Vorgehen der Super-Bowl-Stadt New Orleans!
In wenigen STUNDEN steigt hier DAS Sport-Event des Jahres: Der Super Bowl. Alle NFL-Stars sind schon in der Metropole angekommen. Um sich von der besten Seite zu zeigen, schmeißt die Stadt jetzt ihre Obdachlosen raus.
16 Millionen Euro für neue Obdachlosenunterkunft
Abseits des Super-Bowl-Glitzers wird es rau, gewalttätig und unbarmherzig: New Orleans gilt schon lange als eine der gefährlichsten Städte der USA. Das NFL-Endspiel erleben viele nicht, weil das knallharte Louisiana die weltweit höchste Inhaftierungsrate hat.
In der Tankstelle, die gleichzeitig ein Mini-Markt und ein Handy-Reparaturshop ist, kaufen die Kunden mit Food Stamps ein. Am häufigsten aber geht Alkohol über die mit Plexiglas verschanzte Ladentheke. Dafür werden zerknüllte Dollarnoten aus den Hosentaschen gekramt, denn Bier, Schnaps oder Zigaretten dürfen in den USA nicht mit Essensmarken erstanden werden. Vor der Tür steht ein Mann mit einem Bein und wenigen Zähnen, stützt sich aufs Geländer und brüllt jedem, der vorbeiläuft, laut die Bitte nach Geld ins Gesicht. An die Hauswand gelehnt sitzt ein anderer und bereitet seine Drogen vor.
Nur etwa 30 Gehminuten vom Caesars Superdome - wo am Sonntag die größte Sportshow der Welt, das NFL-Spektakel zwischen den Kansas City Chiefs und den Philadelphia Eagles stattfindet - bleibt vom Super-Bowl-Glitzer nichts übrig. Hier stehen das Gefängnis und das massive neoklassizistische Strafgerichtsgebäude. Direkt nebeneinander. Wer kann, fährt schnell vorbei. Das New Orleans in dieser Ecke ist rau, gewalttätig und unbarmherzig. Jazzklubs, Austern-Restaurants und Football-Fans sucht man vergeblich
Die Tulane Avenue nördlich des Businessviertels war einst eine lebendige Straße in „The Big Easy”, gesäumt von Hotels und Geschäften. Doch schon seit Jahren sind Teile der Straße und die kleinen Seitenstraßen von Verfall, Prostitution und Drogen geprägt und gehören zu den gefährlichsten Gegenden von New Orleans. Vor einem Monat gab es ein paar Straßen entfernt nachts eine Schießerei, zwei Verletzte mit Schusswunden werden ins Krankenhaus eingeliefert.
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Grusel-Mordrate in New Orleans
In Sachen Kriminalität gilt die Metropole mit etwa 380.000 Einwohnern in den USA als die „Hauptstadt des Mordes”. New Orleans hat seit 1993 mehr als ein Dutzend Mal die höchste Mordrate aller Großstädte der USA, mit 424 Morden im Jahr 1994 findet der Höhepunkt des Blutvergießens statt. Die Mordrate liegt in jenem Jahr bei 86 Morden pro 100.000 Einwohner, die höchste jemals von einer amerikanischen Großstadt gemeldete Rate. Zum Vergleich: 2022 lag die Mordrate in Berlin bei 1,6 pro 100.000 Einwohner.
2022 werden in New Orleans 265 Morde verzeichnet und die Personalstärke der Polizei ist auf einem historischen Tiefstand. Seitdem wird aber ein positiver Trend verzeichnet, wie überall in den USA, und 2024 werden gar 48 Prozent weniger Morde als zwei Jahre davor begangen. Als im September des vergangenen Jahres 18 Tage niemand umgebracht wird, ist das eine große Nachricht.
Masseninhaftierungen und weltweiter Rekord
Auf der Straße neben der Tankstelle mit den Essensmarken rauscht ein Gefängnistransport vorbei. Auch die Insassen haben nichts vom Super Bowl. 1474 sind es im vergangenen Juli, was gegen die Stadtordnung verstößt. Die festgelegte Obergrenze, um die Inhaftierten sicher managen zu können, liegt bei 1250.
Nach dem Hurrikan Katrina werden die Gefängnissysteme im republikanischen Louisiana zunehmend privatisiert. Wie gewinnorientierte Gefängnisindustrie und Masseninhaftierungen Hand in Hand gehen, lässt sich dort gut veranschaulichen. Denn das Motto scheint zu sein: Der Schrecken der Straßen gehören weggeräumt. Hinter Gitter gesteckt. Tür zu und verriegeln. Aus den Augen, aus dem Sinn für den Rest der Stadt. Auch für die Presse und die vielen Super-Bowl-Besucher.
Die gemeinnützige, überparteiliche „Prison Policy Initiative” aus den Staaten schreibt auf ihrer Website: „Die hohen Inhaftierungsraten in den USA sind keine rationale Reaktion auf hohe Kriminalitätsraten. Stattdessen sind sie die Folge rassistischer Maßnahmen […] sowie politisch zweckmäßiger Reaktionen auf die Ängste und Wahrnehmungen der Öffentlichkeit in Bezug auf Kriminalität und Gewalt.”
Und bei Inhaftierungsraten macht Louisiana, höchste Gefängnisrate aller 50 US-Bundesstaaten, und New Orleans, höchste Gefängnisrate in ganz Louisiana, niemand etwas vor. Mit einer aktuellen Rate von 1067 pro 100.000 Einwohner sperrt Louisiana einen höheren Prozentsatz seiner Bevölkerung ein als alle anderen Länder der Welt, bis auf El Salvador. Das sind genau 1000 Menschen mehr als in Deutschland pro 100.000 inhaftiert sind. (David Bedürftig/ ntv.de)