Annica Hansen sagt Moderation beim CHIO Aachen ab„Ich bin nicht gegen den Sport, aber für die Pferde”

Sie zieht die Reißleine!
Über zehn Jahre moderierte Annica Hansen (42) beim CHIO Aachen. Nun hat die Moderatorin in einem emotionalen Post ihren Abschied verkündet und erklärt, dass sie das Mikrofon in Aachen ab diesem Jahr nicht mehr in die Hand nehmen wird. Mit RTL.de spricht sie über ihre Beweggründe.
Annica Hansen: „Haben Verantwortung für ein Lebewesen”
Gleich zu Beginn stellt sie klar, dass sie zum „CHIO eine gute Verbindung“ und „wahnsinnig nette Menschen kennengelernt“ habe. Viel mehr geht es ihr um die Problematik, wie Menschen mit Tieren bzw. anderen Lebewesen umgehen. „Es geht final darum, was Menschen glauben, mit anderen Lebewesen tun zu dürfen. Wir haben Verantwortung für ein weiteres Lebewesen und das ist eine ziemlich große Verantwortung, weil dieses Lebewesen halt nicht sagen kann, „’ich habe da Lust zu’. Stattdessen interpretieren wir sehr viel und glauben sehr viel.”
Eine Denkweise, die bei ihr lange ebenfalls nicht im Mittelpunkt gestanden hat. Erst als sie vor vier Jahren ihren eigenen Hof kauft, tritt ein Umdenken ein. „Ich habe Dinge früher auch anders gemacht, aber mich seitdem einfach entwickelt“, erklärt sie. Ebenso ist sie der festen Überzeugung, dass die meisten Menschen und auch Sportler ihre Pferde lieben. Doch womöglich sei laut ihrer Einschätzung oftmals der „Ehrgeiz zu groß”. Was sie aber besonders stört, ist, wo der Sport heute steht.
Konkret: die Jagd nach Medaillen auf dem Rücken des Tieres! „Wir alle haben doch mal mit Pferdesport angefangen, weil wir Pferde lieben.” Sie führt aus: „Die Verstrickungen in diesem Sport sind so groß, dass Dinge einfach wichtiger werden als das Wohl des Pferdes. Das ist eine sehr traurige Entwicklung. Ich bin nicht gegen den Sport, aber für die Pferde. Ich würde mir einen Sport wünschen,, in dem das Pferd wichtiger als der Erfolg ist. Nur weil ein Pferd erfolgreich ist, heißt es nicht, dass es ihm WIRKLICH gut geht. Gäbe es ehrliches Hinschauen und Änderungen, würde ich auch sofort wieder moderieren.” Aus ihrer Sicht vergessen wir zu oft, dass es eine „einseitig gewählte Partnerschaft” ist.
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Zudem habe sich der Reitsport in puncto Zucht und Haltung in den letzten 20 Jahren extrem verändert. Seit ihrem Post am Montag wird Hansen immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie gegen den Sport sei. Dagegen wehrt sie sich. Aus ihrer Sicht muss aber klar sein: „Wenn ein Pferd deutliche Schmerzsignale sendet, dann darf es nicht starten. Gibt es tierschutzrelevantes Verhalten, muss eingegriffen und nicht geduldet werden. Die Standards zum Schutz des Pferdes werden nicht konsequent genug verfolgt. Es braucht weniger Zirkus, weniger krasses Equipment und mehr gutes Reiten.”
Annica Hansen: „Gut, dass Bilder um die Welt gehen”
Im vergangenen Jahr war kurz vor den Olympischen Spielen ein Video aufgetaucht, auf welchem die britische Reiterin Charlotte Dujardin ein Pferd immer wieder mit der Peitsche schlägt. Daraufhin wurde Dujardin suspendiert und durfte nicht an Olympia in Paris teilnehmen. Hansen findet es gut, dass die Bilder durch Social Media so schnell an die Öffentlichkeit gelangen: „Schaut man weg, ist man Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.”
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Zugleich steht für sie fest: „Wir reden immer so viel über die dunklen Seiten des Pferdesports. Es gibt aber sehr viele gute Pferdemenschen, die großartig zu Pferden sind, sie artgerecht halten, fair und mit viel Wissen trainieren.” Dennoch weiß sie, dass auch sie das „riesige systemische Problem im Pferdesport“ nicht so schnell ändern können. Wenn sich hier mit Nachdruck und Ehrlichkeit etwas ändere, kann sich auch Annica Hansen wieder eine Turniermoderation vorstellen.
Auf RTL-Anfrage bedankt sich der Veranstalter Aachen-Laurensberger Rennverein e.V. bei Annica Hansen für die „jahrelange tolle Zusammenarbeit und die wertschätzenden Gespräche”.