Milliardenloch im deutschen Sport
Sportförderung in Deutschland - Vereine boomen, doch die Sportstätten bröckeln
Sportvereine boomen. Noch nie waren so viele Menschen Mitglied – 29 Millionen. Gleichzeitig verfallen viele Sportstätten. Duschen sind kalt, Laufbahnen rutschig, Gebäude marode. Das gefährdet den Breiten- und damit auch den Leistungssport.
Sprungbereit für Köln
Charlotte Steinbach landet schon beim ersten Sprung hinter der Linie. Die 19-Jährige trainiert aktuell für den Eignungstest der Sporthochschule Köln. Dort muss sie 20 verschiedene Disziplinen meistern. Beim Weitsprung dürfte sie keine Probleme bekommen.
Die Sportpädagogik-Studentin kommt für das Training jede Woche in den Kölner Stadtteil Nippes. Dort hilft ihr auch die Unterstützung durch Gleichgesinnte: „Ist schon cool, wenn man dann Leute hat, mit denen man das zusammen machen kann, die einem helfen können, die einem Tipps geben können, mit denen man sich auch darüber unterhalten kann, was man für Ängste hat.“

Vereine mit Rekord-Mitgliedschaften
Das Angebot der Vereine ist attraktiv. Die Lust auf Bewegung und soziale Interaktion bringt Menschen zusammen. Die Mitgliederzahlen in deutschen Sportvereinen erreichen Rekordhöhen: 29 Millionen – so viele wie noch nie. Doch während die Vereine florieren, geraten die Sportstätten zunehmend in einen desolaten Zustand – mit gravierenden Folgen für den Breitensport.
Marode Sportstätten gefährden den Breitensport
Ein Beispiel für den Verfall ist die TFG Nippes in Köln. Sportwart Jürgen Cremer zeigt sich über die alten Umkleiden fassungslos. Das Gebäude ist 60 Jahre alt. Immer wieder fällt das warme Wasser aus. Fast den ganzen Winter seien die Duschen kalt gewesen. Trotz Reparaturen durch die Stadt bleibe die Situation unzumutbar, so der 63-Jährige.
Auch auf dem Platz gibt es Probleme. Die Laufbahn des Vereins ist stellenweise vermoost und bei Nässe gefährlich glatt. Cremer berichtet von einem Unfall: „Einer ist hier mal ausgerutscht. Der ist einfach auf die Außenbahn gekommen und ist dann zur Seite weggerutscht. Der hat sich die Leiste beschädigt.“ Sportwissenschaftler Ingo Froböse warnt vor den langfristigen Folgen des Verfalls: „Wenn die Basis nicht funktioniert, kann oben natürlich nichts herauskommen. Das heißt, uns geht die Basis verloren.“
Finanzielle Engpässe und politische Versäumnisse
Die Verantwortung für städtische Anlagen liegt bei den Kommunen. Doch vielerorts fehlt das Geld für Neubau oder Sanierung. Der Stadtsportbund Köln protestierte erfolgreich gegen geplante Kürzungen im Kölner Haushalt – allerdings nur mit begrenztem Erfolg. Helmut Schaefer kritisiert: „Man hat nichts getan, als das Geld da war. Und jetzt argumentiert man: Wir können nichts tun, weil wir kein Geld haben.“ Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) fordert jetzt eine Milliarde Euro jährlich für den Erhalt von Anlagen wie Schwimmbädern und Fußballplätzen. Insgesamt fehlen laut DOSB 31 Milliarden Euro. Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag jetzt eine Milliarde Euro für Schwimmbäder, Turnhallen und Sportplätze zugesagt. Das begrüßt der DOSB. Es sei eine „richtige und gute Grundlage, auf der wir weiter aufbauen müssen,“ so der Vorstand mit besonderen Aufgaben, Volker Bouffier.
Die Zukunft des Sports steht auf dem Spiel
Die maroden Anlagen gefährden nicht nur den Breitensport, sondern auch den Leistungssport. Helmut Schaefer vom Stadtsportbund Köln warnt deswegen eindringlich: „Leistungssportler sind nicht vom Himmel gefallen, sondern die haben irgendwann mal irgendwo in einem Breitensportverein angefangen. Wenn wir diese Infrastruktur kaputt gehen lassen, dann müssen wir keine Diskussion darüberführen, ob wir hier mal Olympische Spiele durchführen wollen.“