Bundesweit einmaliges Pilotprojekt Social-Media-Verbot für Fünftklässler in Solingen – was steckt dahinter?

Kein TikTok, kein Instagram, kein Snapchat – in Solingen beginnt für mehr als 1.000 Schüler ein ungewöhnliches Experiment. Mit dem neuen Schuljahr gilt für alle Fünftklässler ein komplettes Social-Media-Verbot – in der Schule und auch zu Hause.

Das Handy beiseitelegen

An der Gesamtschule Vogelsang ist das Projekt gestartet: Im Lernzeitplaner steht schwarz auf weiß, dass soziale Medien tabu sind. Auch im Unterricht sprechen Lehrer mit den Kindern über die negativen Folgen von sozialen Medien. Die Idee hinter dem Verbot hatte Burkhard Brörken, Schuldezernent bei der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf. Sein Gedanke: Nur wenn alle mitmachen, entsteht kein sozialer Druck, selbst online sein zu müssen. „Unser Ziel ist es, das Handy zur Seite zu legen und die persönliche Begegnung zu fördern. Und das klappt nur, wenn alle mitziehen“, sagt Brörken. Das gilt für Schüler und Eltern.

Interview mit Andreas Bartsch

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Eltern ziehen mit

Rechtlich verbindlich ist das Ganze nicht. Es gibt also keine Konsequenzen, wenn jemand zu Hause dagegen verstößt. Die Idee lebt vielmehr von Eltern, die mitmachen, weil sie wirklich überzeugt sind – wie etwa Daniela Iven-Mankwald. „Ich begreife Schule als Schutzraum und finde es sehr wichtig, dass Kinder sich hier frei entwickeln können – ungestört und nicht so beeinflusst von der digitalen Welt.“ Denn die kann sich negativ auf das Wohlbefinden von jungen Menschen auswirken. Das zeigen auch verschiedene Studien. In den sozialen Medien erleben etwa 40 Prozent der 12- bis 19-Jährigen Hassnachrichten, 25 Prozent kommen ungewollt in Kontakt mit pornografischen Inhalten.

Social Media kann unglücklich machen

Psychologe Markus Surrey warnt: Soziale Medien können unglücklich machen. „Wir sehen zunehmend Depressionen, Essstörungen und Selbstzweifel bei Jugendlichen. Das hat viel damit zu tun, was sie auf Social Media sehen – Inhalte, mit denen sie sich vergleichen, aber nicht mithalten können.“ Bundesweit wird derzeit sogar über ein generelles Social-Media-Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren diskutiert. NRW-Medienminister Nathanael Liminski hält das jedoch für realitätsfern: „Handy und Social Media gehören heute zum Alltag junger Menschen. Ein generelles Verbot wäre ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre und das Selbstbestimmungsrecht dieser Generation.“ Den Ansatz aus Solingen findet Liminski trotzdem interessant.