Lebensretter oder Datenkrake?Landeskriminalamt NRW arbeitet mit umstrittener Software
Anschläge verhindern oder Täter schnell ausfindig machen: Dafür arbeitet das Landeskriminalamt in NRW mit einer umstrittenen Software. Sie wird von Kritikern als sogenannte Datenkrake beschrieben. Möglicherweise saugt sie auch andere Daten ab. Die Plattform kann allerdings auch Leben retten, sagt der NRW-Innenminister (CDU). Dieses Jahr läuft die Lizenz für das Programm aus. Wie geht es jetzt weiter?
Für die Polizei ist es der „Gamechanger“, für Datenschützer ein Risiko
„DAR“ steht für Datenbankübergreifende Analyse und Recherche. Die Software bringt Informationen verschiedener Quellen zusammen. So können Beamte schneller reagieren. Und genau darum geht es. Seit 2022 arbeitet das Landeskriminalamt in NRW damit. Denn „die Software ermöglicht es uns, aus einer Oberfläche heraus auf alle Daten zu schauen, die wir haben. Das heißt, ich muss nicht mit mehreren Personen, die verschiedenen Datenbanken einzeln durchsuchen, die Ergebnisse von Hand zusammentragen und dann darstellen, um zu dem Ergebnis zu kommen, sondern ich habe die Möglichkeit, das aus einer Anwendung, aus einer Oberfläche heraus zu tun“, erklärt Dirk Kunze – Leiter Ermittlungen Cybercrime beim LKA NRW. Die Polizei bekommt keinen Zugriff auf neue Daten. Das System ist nicht mit dem Internet verbunden. Um es zu nutzen, hat das Land bislang 39 Millionen Euro bezahlt.
So wird die Software in NRW genutzt
Zum Einsatz kam das Programm beispielsweise 2022: In Essen hatte damals ein Teenager einen Anschlag auf eine Schule geplant. Durch die Software konnte die Polizei den Beschuldigten ausfindig machen. Der Junge wurde vor der Tat festgenommen. Innenminister Herbert Reul (CDU) sagt am Dienstag (05.08.): „Anschläge verhindern ist insgesamt extrem schwierig und bleibt es auch. Da darf man sich gar nichts vormachen. Aber es hilft uns dabei. Und ich finde, diese Hilfe, die wir kriegen können, schneller zu reagieren, Anschläge zu verhindern, auf die möchte ich nicht verzichten , solange ich keine Alternative habe.” Nur bei schweren Verbrechen wird das System verwendet wie bei Missbrauch oder Mord. Zugriff haben spezielle Ermittler, versichert Herbert Reul (CDU).
Kritik an US-Programm
Die NRW-SPD traut dem Ganzen nicht. Elisabeth Müller-Witt (SPD) befürchtet: Jeder, der mit der Polizei mal Kontakt hatte, könnte digital durchleuchtet werden - also nicht nur Täter, sondern auch Zeugen. Entwickelt hat die Software das US-Unternehmen „Palantir“. Beteiligt waren auch amerikanische Geheimdienste. Das macht die SPD-Politikerin misstrauisch, „weil die amerikanischen Geheimdienste tun das ja nicht nur einfach so, weil sie gerne entwicklungstechnisch was machen wollen, sondern sie wollen ja auch was platzieren. Und damit ist diese Software doch durchaus fragwürdig“, sagt Elisabeth Müller-Witt. Deshalb setzt sie auf europäische Alternativen. Die Lizenz für die US-Software läuft Ende des Jahres aus. Den Vertrag verlängern will der NRW-Innenminister (CDU) diesmal nur für einen kurzen Zeitraum. Denn auch er bevorzugt deutsche Anbieter. Für Herbert Reul (CDU) gilt aber: Solange die noch nicht so weit sind, geht Sicherheit vor.