Zehn Euro für jeden Tag weniger hinter GitterInitiative „Freiheitsfonds“ kauft inhaftierte Schwarzfahrer aus dem Knast

von Martin Breunig

Fahren ohne Ticket kann teuer werden. Wer erwischt wird, und die 60 Euro Strafe nicht zahlt, landet im Knast. Denn Schwarzfahren ist in Deutschland eine Straftat. Nach §265a Strafgesetzbuch muss jeder, der ohne Ticket erwischt wird, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe rechnen. Die Initiative „Freiheitsfonds“ hat 100 Gefangene Schwarzfahrer aus dem Gefängnis freigekauft.

Stimmen für Gesetzesänderung

Leonard Ihßen von der Initiative „Freiheitsfonds” ist extra aus Berlin zum Gefängnis in Dortmund gekommen. Er will zwei Schwarzfahrer freikaufen. Das Geld hat er im Koffer gleich mitgebracht. Zehn Euro für jeweils einen Tag im Knast. „Da sitzen Leute über ein Jahr ein und das ist einfach absurd - das muss aufhören. Das kann man niemandem mehr erzählen, das kann niemand verstehen, warum das passiert”, so Leonard Ihßen. Knast für Fahren ohne Ticket. Das Gesetz ist 90 Jahre alt. Pro Jahr sitzen rund 9.000 Häftlinge wegen Schwarzfahrens hinter Gitter. Eine Belastung auch für die Justizvollzugsanstalten. Nicht nur der „Freiheitsfonds“ fordert eine Gesetzesänderung. Dann müssten die Verkehrsbetriebe wie übrigens alle Privatunternehmen das Geld selbst eintreiben. So verzichten schon Städte wie Köln, Bonn, Münster und Düsseldorf mittlerweile auf das Erstatten von Anzeigen. Auch die Leiterin der JVA in Dortmund sieht die Strafe für das Fahren ohne Ticket kritisch und würde eine Gesetzesänderung befürworten.

Freikauf kostet 670 Euro

Der „Freiheitsfonds“ kauft nur Inhaftierte frei, die wirklich kein Geld haben, keine Familie oder Freunde, die helfen können. Überprüft wird das von Sozialarbeitern. Auch Nico Schween wurde aus dem Gefängnis freigekauft. Er hat sechs Tage in Dortmund gesessen. Der 36-Jährige ist gleich mehrfach beim Schwarzfahren erwischt worden. Angeblich hatte er auch kein Geld für das Ticket. Ein kostenloses Sozialticket gibt es dort nicht. Bundesweit hat die spendenfinanzierte Initiative am Montag (01.09.) 100 Gefangene freigekauft. 670 Euro hat das Ticket in die Freiheit für Nico Schween gekostet. Der will jetzt erst mal mit Bus und Bahn nach Hause fahren - mit Ticket, so hat er es zumindest versprochen.