Autobauer in der Krise

Historischer Streik bei Ford – erstmals Arbeitskampf im Kölner Werk

Das Ford-Logo im strahlenden Blau - wie geht es weiter mit dem Autobauer in Deutschland? (Archivbild)
Erster Streik nach fast 100 Jahren Geschichte
Christoph Reichwein/dpa

Ford steht in Europa vor einem Totalschaden. Am Mittwoch (14.05.) streiken die Beschäftigen im Kölner Werk nach fast 100 Jahren zum ersten Mal. 93,5 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder waren für den historischen Streik. Grund ist der geplante Abbau von rund 3.000 Stellen. Bis zum Ende der Nachtschicht werden die Zufahrten zum Firmengelände blockiert. Wegen des Produktionsausfalls und dadurch entstehenden Lieferverzögerungen wird der Streik Ford wohl mehrere Millionen Euro kosten.

Arbeitgeber über Generationen

Am 2. Oktober 1930 wird der Grundstein für die Ford-Werke in Köln-Niehl gelegt. Seitdem ist der Autobauer einer der Arbeitgeber in der Region. Nicht selten sind ganze Familien Fordler. Auch Osman Esens Vater kam als türkischer Gastarbeiter ins Rheinland.

Er arbeitete mehr als 30 Jahre dort, riet auch seinen Söhnen dort anzufangen. Inzwischen arbeiten insgesamt sechs Familienmitglieder im Kölner Werk: „Wenn Ford schließen würde, dann stehen wir leer da. Dann wissen wir nicht weiter. Dann müssen wir uns eine neue Arbeit suchen“, so der Familienvater. Weiter meint er: „Ich mit 52 weiß nicht, was ich dann danach machen würde. Ich werde bestimmt nicht mit 52 dann irgendwo anders noch Karriere machen.“

Beim Streik steht auch Stephan Brings auf der Bühne. Er singt einen Song für die Streikenden, den erst am Morgen geschrieben hat. Der Musiker ist Teil der Kölsch-Rockband BRINGS. Auch sein Vater hat in den 60er Jahren bei Ford gelernt.

Ford Deutschland in der Krise

Jahrzehntelang werden im Kölner Werk vor allem der Fiesta und andere Verbrenner gebaut. Vor einem Jahr steigt das Werk um. Seitdem laufen nur noch E-Autos vom Band. Allerdings viel zu wenige, denn der Absatz bleibt weit hinter den Erwartungen. Ford in Deutschland sitzt auf sechs Milliarden Euro Schulden. Zuletzt gab es zwar eine Finanzspritze der US-Mutter, aber die 4,4 Milliarden sollen die letzten sein. Der amerikanische Konzern will nicht mehr bürgen. Ford Deutschland muss Gewinne erwirtschaften, sonst droht dem Kölner Werk die Schließung. Um zu sparen, sollen bis 2027 2.900 Stellen gestrichen werden. Der Streik ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Arbeitskampf. Ford hatte gestern ein Angebot gemacht, zu wenig für die Gewerkschaft: „Wir fordern für alle 11.500 Beschäftigten einen insolvenzgeschützte Sicherungsnetz. Damit wollen wir die Beschäftigten für den Worst Case absichern, falls es hier an diesem Standort keine Zukunft mehr geben sollte. Wir werden aber parallel natürlich auch dafür kämpfen, dass es hier weiter Zukunft gibt“, betont David Lüdtke von der IG Metall.

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Industrie muss gestärkt werden

Auch NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist beim Streik in Köln. Er hat Verständnis für die Sorgen der Arbeitnehmer. Das Ziel müsse der Erhalt von Ford sein. Laumann kritisiert die US-Mutter für ihren Rückzug aus dem deutschen Geschäft. Die heimische Politik müsse jetzt für eine stabile Infrastruktur sorgen, um Ford bestmöglich zu unterstützen. Dabei blickt der NRW-Minister auch nach Berlin: „Das Wichtigste zurzeit sind sichere und bezahlbare Energieversorgung. Denn überall da, wo man produziert, braucht viel Energie“, betont Laumann.