Abschiebeflug nach Afghanistan sorgt für politische DebatteErster Abschiebeflug der neuen Bundesregierung – Streit um Kurswechsel in der Migrationspolitik

Während die Bundesregierung wichtige Weichen in der Migrationspolitik stellt, hebt am Morgen erstmals seit dem Regierungswechsel wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan ab. Das Thema sorgt für scharfe Diskussionen – zwischen Parteiführung, Zivilgesellschaft und Städten.

Symbolträchtiger Flug am Tag des Migrationsgipfels

Am selben Tag, an dem der Kanzler zur Sommerpressekonferenz nach Berlin lädt und sich der Bundesinnenminister mit seinen Amtskollegen auf der Zugspitze zum Migrationsgipfel trifft, startet in Leipzig der erste Abschiebeflug nach Afghanistan. Die Maßnahme ist Teil des Koalitionsvertrags und richtet sich zunächst an Straftäter und Gefährder. Das Bundesinnenministerium unterstreicht, die Bundesregierung setze damit „eine wichtige Vereinbarung“ um, die Abschiebungen in besonders schweren Fällen vorsieht. Bereits am Vorabend werden in Büren, Kreis Paderborn, mehrere Afghanen für den Flug nach Leipzig abgeholt. Der Abschiebeflug startet schließlich am Morgen mit Verspätung in Richtung Afghanistan.

Scharfe Kritik aus NRW – Menschenrechtler warnen

Doch die Rückführungen sind heftig umstritten. Die Vorsitzende des Flüchtlingsrats NRW, Birgit Naujoks, spricht von einer Abschiebung ins Unrechtsregime. Sie verweist auf akute Haftbefehle gegen führende Taliban wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und betont: „Es kommt zu Folter, zu unmenschlicher Behandlung.“ Der Kanzler verteidigt den Kurs der Bundesregierung: Die aktuelle Maßnahme betreffe ausschließlich Menschen ohne Aufenthaltsstatus, deren Asylanträge bereits rechtskräftig abgelehnt wurden. Nur so sei ein Abschiebeflug überhaupt möglich. Friedrich Merz macht zudem deutlich, der aktuelle Umgang mit Migration unterscheide sich klar vom Kurs vergangener Jahre. Während unter der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Devise „Wir schaffen das“ lautete, zieht er nun ein ernüchterndes Fazit: „Heute wissen wir, dass wir es in diesem Bereich, den sie damals gemeint hat, es offenkundig nicht geschafft haben.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Kritik an Symbolpolitik und fehlender Bestandsaufnahme

Auch aus der Opposition kommt deutliche Kritik. Grünen-Politikerin Irene Mihalic wirft dem Bundesinnenministerium vor, zu wenig über die Situation in den Aufnahmeeinrichtungen der Länder und Kommunen zu wissen. Sie fordert, dass die Bundesregierung die Herausforderungen vor Ort besser kennen und einbeziehen müsse, statt über Symbolpolitik zu debattieren. Viele Städte und Gemeinden sehen sich weiterhin am Limit. Der parteilose Bürgermeister von Odenthal, Robert Lennerts, begrüßt deshalb die beschlossene Migrationswende der Regierung, warnt aber vor weiteren Überlastungen: Es sei dringend nötig, mehr Struktur in die Abläufe zu bringen und so auch für eine gelingende Integration der Geflüchteten zu sorgen.

Wege und Ziele weiter ungewiss

Währenddessen beraten Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und seine Amtskollegen der Nachbarstaaten auf der Zugspitze über gemeinsame Strategien zur Eindämmung irregulärer Migration. Die Ergebnisse der Verhandlungen bleiben vorerst noch offen.