Umsiedlungsdörfer erhalten ihre historischen Namen zurück

Alte Namen für neue Dörfer - Erkelenz entscheidet über Ortsbezeichnungen

Die vor dem Abbaggern geretteten Dörfer Keyenberg, Kuckum und Berverath am Braunkohletagebau Garzweiler unterscheiden sich künftig durch ein vorgestelltes «Alt-» von den Umsiedlungsorten mit dem gleichen Ortsnamen.
Alte Namen für neue Dörfer - Erkelenz entscheidet über Ortsbezeichnungen
Federico Gambarini/dpa

Die Bagger kamen nie – aber die Menschen gingen. Fünf Dörfer in Erkelenz wurden für den Braunkohleabbau umgesiedelt. Jetzt bleiben die alten Orte doch bestehen. Sind aber längst verlassen. Doch ein Stück Heimat kehrt zurück: die alten Namen. Was das für die Menschen bedeutet, ist komplexer als ein Ortsschild.

Zwei Orte - ein Name

Alles neu, alles modern – im Neubaugebiet von Keyenberg (neu) in Erkelenz. Dort lebt, wer einst im alten Dorf zuhause war. Denn wegen des geplanten Tagebaus Garzweiler wurden viele Dörfer in der Region seit 2016 nach und nach umgesiedelt. Nur wenige Kilometer weiter liegt das ursprüngliche Keyenberg – fast menschenleer. Die Straßen wirken wie aus der Zeit gefallen. Verlassene Häuser, leerstehende Höfe, Erinnerungen zwischen Ruinen.

Die Umsiedlung – ein tiefer Einschnitt

Lukas Haimann ist einer der Umgesiedelten. Auch er musste sein ursprüngliches Zuhause verlassen: „Die alten Orte waren traumhaft schön. Da hing ganz viel Geschichte dran. Und das vermisst man natürlich extrem.“ Mit ihm sind viele gegangen – freiwillig oder aus Angst vor der Ungewissheit. Denn lange hieß es: Die Dörfer müssen weg. Die Kohle darunter sollte abgebaut werden. Dann kam der politische Kurswechsel: Das Land NRW steigt bis 2030 aus der Braunkohle aus. Die Bagger stoppen. Die Orte bleiben.

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Was bleibt, ist Leere

Doch für viele ist es zu spät. Die Häuser sind verlassen, die Erinnerungen schwer zu tragen. Nur noch etwa 200 Menschen leben heute in den alten Dörfern. Dazu mehr als 300 Geflüchtete – vor allem aus der Ukraine. Gabi Clever hat in Kuckum gelebt: „Wir haben unser Haus selbst gebaut. Es ist sehr, sehr schmerzlich, das so zu sehen. Und noch schlimmer wäre es, da jemand anderen drin wohnen zu sehen.“ RWE bietet inzwischen Rückkäufe an. Doch das ist nicht für jeden machbar – weder finanziell noch emotional. Viele Häuser sind inzwischen marode und müssten aufwendig saniert werden. Constanze Kock bringt es auf den Punkt: „Das Herz des Ortes ist jetzt woanders. Ich käme nicht auf die Idee, da wieder alleine zurückzuziehen.“

Ein Stück Identität kommt zurück

Trotz allem: Ein Zeichen der Anerkennung und Rückbesinnung kommt jetzt aus der Politik. Der Stadtrat von Erkelenz hat beschlossen, dass die neuen Dörfer ihre alten Namen zurückbekommen – zumindest zum Teil. Das bedeutet konkret:

  • Das neue Keyenberg wird wieder Keyenberg heißen, das alte Dorf Alt-Keyenberg.

  • Auch das neue Kuckum und Berverath erhalten ihre alten Namen zurück, die ursprünglichen Dörfer werden ergänzt durch ein „Alt-“.

  • Ober- und Unterwestrich behalten ihren Namen. Der Umsiedlungsort wird künftig nur noch Westrich heißen.

Dorfnamen bedeuten Heimat

Für Bürgermeister Stephan Muckel ist dieser Schritt mehr als symbolisch: „Dorfnamen sind ja nicht einfach nur Ortsschilder, sondern bedeuten Identität, Heimat. Dort ist man geboren, geht zur Schule, heiratet, erlebt schöne Dinge – bis zum Tod.“ Ab Juli 2026 gelten die neuen – oder besser gesagt: alten – Namen offiziell. Auch die alten Orte sollen eine Zukunft bekommen. 210 Millionen Euro stehen vom Land NRW für den Wiederaufbau bereit. Ob das reicht, um echtes Leben zurückzubringen, bleibt offen. Aber der erste Schritt ist gemacht: Die Erinnerung bekommt ihren Namen zurück.