Hamburger Kreisklasse schreibt Amateurfußball-Geschichte66:0! Historische Fußball-Klatsche – und trotzdem gibt hier niemand auf

Ein fast perfekter Kreisligaspieltag auf einem Hamburger Fußballplatz. Auch, wenn 66 Tore gefallen sind. (Symbolfoto)
Ein fast perfekter Kreisligaspieltag auf einem Hamburger Fußballplatz. Auch, wenn 66 Tore gefallen sind. (Symbolfoto)
imago images/Zink

66:0 in 90 Minuten!
Ein normales Fußballspiel dauert 90 Minuten. Dieses hier dauerte gefühlt länger: Für die einen, weil sie nicht mehr aufhören können zu treffen. Für die anderen, weil sie einfach nicht aufhören dürfen.

„Fünf Minuten vor Anpfiff war der Matchplan in Luft aufgelöst”

In der neunten Liga gewinnt der SVS Mesopotamien II am Sonntag, 12. Oktober, gegen den Moorburger TSV mit 66:0. Ein Ergebnis, bei dem selbst Google fragt: Meinten Sie vielleicht 6:0?“ Mesopotamien-Trainer Michel Aydogdu plant eigentlich eine ganz normale Partie. „Wir hatten uns in der Trainingswoche gut auf Moorburg vorbereitet. Die Jungs waren heiß“, sagt er. Sie freuen sich auf ein klassisches 11 gegen 11 – Fußball, wie er sein soll. Doch dann: „5 Minuten vor Anpfiff haben wir dann die Nachricht bekommen: Die kommen nur zu siebt. Das hat den Matchplan in Luft aufgelöst.”

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Plötzlich stehen elf Mesopotamier gegen sieben Moorburger auf dem Platz – oder anders gesagt: Man bucht sich Tickets für ein Konzert mit Orchester und bekommt ein Streicherquartett. Nach elf Minuten steht es 10:0 – und selbst Schiedsrichter Sven Heydemann fragt, ob sie das Spiel nicht abbrechen wollen. Aber Moorburg sagt nein.

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Halbzeit bei 32:0 und Taktikwechsel

Moorburg Trainer Patrick Stritzki, der selbst auf dem Platz steht, dazu auf RTL-Nachfrage: „Vor dem Spiel war schon klar: Mit sieben Mann wird’s eng. Über Nacht sind drei krank geworden, ein paar sind verletzt. Wir hatten aber alle große Lust, auf das Spiel. Und sonst wären wir aus dem Ligabetrieb geflogen.“ Denn: Am 11. Spieltag kommt es schon mal zu einem Spielabbruch mit Moorburger Beteiligung. Bei einem zweiten Mal droht der Ausschluss aus der Liga. Und dann steht es zur Halbzeit 32:0 für den Gegner.

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Während andere Kreisliga-Mannschaften bei so einem Spielstand schon zum ersten Bier greifen, entscheidet sich der Moorburg-Trainer für den einzig logischen Plan: In der Halbzeitansprache ruft er zur vollen Offensive auf. Mit Erfolg: Die sieben aus dem Hamburger Süden erarbeiten sich die ein oder andere Chance, kommen gefährlich nah an den gegnerischen Strafraum! Leider ohne Erfolg. Das Team spielt offensichtlich aber nicht gegen seinen Trainer.

Fairplay statt Frust – und ein besonderes Kuriosum

Am Ende steht es 66:0. Nie zuvor hat es im Ligabetrieb einen höheren Sieg gegeben. So grotesk das Ergebnis klingt – das Spiel kippt nie ins Hässliche. Keine Rudelbildung, keine Pöbeleien, keine Kreisklassen-Grätschen mit Ansage. Stattdessen Handshakes, Durchhaltehumor und ehrliche Anerkennung. Mesopotamien-Trainer Aydogdu geht nach Abpfiff zu jedem einzelnen Moorburger Spieler, um sich zu bedanken. „Ich habe sieben Jahre als Trainer schon viel erlebt. Aber so etwas noch nie. Andere Mannschaften hätten längst hingeschmissen. Die hier haben Größe gezeigt.“

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Und weil die Partie ohnehin längst im Bereich „historisch“ angekommen ist, gibt es noch ein besonderes Schmankerl: Innenverteidiger Ömer Yildirim – normalerweise eher fürs Weggrätschen zuständig – darf als Stürmer ran. Und trifft. 17 Mal.

Verwendete Quellen: Eigene RTL-Recherche