Gemeinsamkeiten siegenDarum ziehen sich Gegensätze manchmal doch nicht an

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Menschen entscheiden sich im Alltag deutlich häufiger für Ähnlichkeit als für Unterschiede.
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„Gegensätze ziehen sich an“ - klingt romantisch oder?
Nun ja, in der Realität sieht es oft anders aus. Studien zeigen, dass Menschen langfristig eher mit Partnern glücklich sind, die ähnliche Werte, Interessen und Lebensziele teilen. Gegensätze mögen zu Beginn spannend sein, können jedoch im Alltag schnell zu Konflikten führen.

Studien zeigen: Ähnlichkeit ist stärkstes Fundament für lange Beziehungen

Die Vorstellung, dass Gegensätze sich anziehen, ist weit verbreitet und klingt romantisch - jedoch wird diese Annahme durch wissenschaftliche Erkenntnisse regelmäßig widerlegt. Große Studien und Meta-Analysen belegen, dass Ähnlichkeit zwischen Partnern ein stabileres Fundament für langfristige Beziehungen bildet. Egal, ob es sich um Alter, Bildungsstand, Persönlichkeit oder politische Haltung handelt: In über 80 Prozent der untersuchten Eigenschaften ähneln sich Paare laut Daten aus fast 80.000 Beziehungen der britischen Biobank, sowie weiteren Studien. Sogar die (nicht repräsentative) Selbsteinschätzung von 978 Studierenden der Cornell University in New York zeigt, dass Menschen Partner bevorzugen, die ähnliche Werte oder Statusmerkmale teilen.

Warum Gemeinsamkeit Stabilität bringt

Eine Studie, veröffentlicht in „PNAS“ (wissenschaftliche Zeitschrift), stellt klar, dass Menschen im Alltag häufiger nach Partnerschaften suchen, die von Gemeinsamkeiten geprägt sind. Diese Ähnlichkeit schafft eine Grundlage für Stabilität, die im Beziehungsalltag oft entscheidend ist. Das liegt unter anderem daran, dass gemeinsame Werte und ähnliche Persönlichkeiten Konflikte reduzieren und eine harmonische Alltagsgestaltung erleichtern. Langfristig glückliche Paare überstimmen Forschern zufolge vor allem bei Lebenseinstellungen, Werte und Persönlichkeitsmerkmalen überein.

Kein Wunder: Wenn Menschen ähnliche Überzeugungen haben, fällt es ihnen leichter, Entscheidungen zu treffen. Es gibt weniger Streit, und das Gefühl von Zusammenhalt wird stärker. Ähnlichkeiten bei Eigenschaften wie Rücksichtnahme, Zuverlässigkeit und Offenheit sorgen für ein harmonisches Miteinander. Wenn man außerdem gleiche Interessen und ähnliche Denkweisen hat, stärkt das die emotionale Verbindung. Auch die soziale Akzeptanz spielt eine Rolle: Partner mit ähnlichen Ansichten erleben weniger Spannungen im Umfeld. Langfristig sorgt diese Übereinstimmung für Vertrauen, Sicherheit und eine gemeinsame Lebensvision. Sie ist das Fundament für eine glückliche Beziehung.

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Wann Gegensätze trotzdem spannend sind

Trotzdem haben Gegensätze nicht immer einen schweren Stand. Besonders Singles empfinden anfangs Gesichter oder Eigenschaften, die sich von ihren eigenen unterscheiden, als reizvoll. Evolutionspsychologen führen dies darauf zurück, dass eine genetisch möglichst unterschiedliche Partnerwahl vorteilhaft für die Gesundheit des potenziellen Nachwuchses sein könnte. Unter Stress zeigen sich außerdem spannende Präferenzen: Eine Studie, veröffentlicht in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society (renommierte wissenschaftliche Fachzeitschrift, die von der Royal Society - der britischen Akademie der Wissenschaften -herausgegeben wird) belegt, dass Männer in gestressten Situationen Partnerinnen bevorzugen, die ihnen weniger ähneln. In entspannten Phasen tendieren Menschen wiederum zu Ähnlichkeit.

Der Göttinger Psychologe Ragnar Beer erklärt, dass der Reiz von Unterschieden vor allem zu Beginn einer Beziehung stark wirken kann. Gegensätze schaffen eine spannende Abwechslung und sorgen für Dynamik in der Verliebtheitsphase. „Gegensätze schaffen auch eine gewisse Distanz, die für Beziehungen eine große Bedeutung hat. Für die meisten Paare schadet es dem Miteinander nämlich eher, wenn sie zu sehr aufeinanderhängen”, so der Psychologe im Gespräch mit ntv.de. Doch Jill Weber, Psychologin und Autorin in „Psychology Today“, warnt: Zu große Unterschiede führen langfristig oft zu Identitätskonflikten, Enttäuschungen und einem Mangel an gemeinsamer Freude, was die Beziehung gefährden kann.

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Gemeinsamkeiten triumphieren langfristig

Die Wissenschaft ist sich also einig: Werte, Persönlichkeit und Alltagstauglichkeit sind für das Bestehen einer Beziehung entscheidender als anfängliche Spannung durch Gegensätze. Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit spielen dabei eine zentrale Rolle. Langfristig zählen vor allem Gemeinsamkeiten, die das Fundament für Stabilität und gemeinsames Lebensglück bilden. Der Mythos „Gegensätze ziehen sich an“ mag im Film oder in der Verliebtheitsphase faszinieren - im echten Leben entscheidet oft die Ähnlichkeit über das Beziehungsglück.