Vor allem bei Gen Z beliebtSituationships: Moderne Beziehungsform oder nur Zeitverschwendung?

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Auf Dauer sind Situationships oft unbefriedigend.
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Eine dieser modernen Beziehungsformen heißt Situationship.
In einer Zeit, in der Likes und Swipes unser Liebesleben mitbestimmen, suchen viele nach neuen Wegen, zwischen Nähe und Freiheit zu balancieren. Doch was steckt wirklich hinter diesem Dating-Trend „Situationship” und ist er erfüllend oder am Ende nur eine emotionale Sackgasse?

Was ist ein Situationship?

Es ist keine feste Beziehung, aber auch keine lose Affäre – und doch fühlt es sich nach irgendetwas an. Willkommen in der Welt der „Situationships“. Dieser Begriff wird in vielen Studien, Podcasts und Magazinen seit längerer Zeit bereits diskutiert. Er beschreibt eine Form von „Beziehung“, bei der alles ein wenig vage bleibt: Man verbringt Zeit miteinander, teilt vielleicht sogar gewisse intime oder emotionale Momente, ohne jedoch explizit zu klären, welche Absichten oder Aussichten es für die gemeinsame Zukunft gibt. Doch was macht diese Beziehungsform so attraktiv und wo liegen die Fallstricke?

Eine Situationship ist, simpel erklärt, eine unklare Grauzone zwischen Dating und Beziehung. Es gibt keine klassischen Beziehungsstandards wie die Frage „Sind wir jetzt offiziell zusammen?“ oder „Wo geht das mit uns hin?“. Stattdessen lässt man alles offen, manchmal aus Bequemlichkeit, manchmal aus Angst vor Festlegungen, und manchmal, weil beide Parteien schlicht nicht dasselbe suchen. Man trifft sich regelmäßig, schreibt sich, teilt intime Momente, sei es emotionale Bindung oder körperliche Nähe. Doch es fehlt an klaren Absprachen. Der Status der Verbindung bleibt bewusst oder unbewusst verschwommen.

Typischerweise beginnt eine Situationship locker und entspannt. Genau das macht sie zunächst so attraktiv: Es gibt weder die Verpflichtungen einer Beziehung noch die komplette Distanz eines rein körperlichen Arrangements wie Freundschaft Plus. Doch wo Nähe ist, entsteht oft auch eine gewisse Abhängigkeit und spätestens dann wird es kompliziert.

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Diese Zeichen verraten, ob ihr euch in einem Situationship befindet

Keine klare Definition der Beziehung: Ihr verbringt Zeit miteinander, habt eine Verbindung, vielleicht auch körperliche Intimität, aber niemand hat jemals gemeinsam definiert, was ihr eigentlich seid. Fragen wie „Sind wir zusammen?“ oder „Wohin führt das?“ bleiben unbeantwortet, und es gibt keine festen Verpflichtungen, die eine klassische Beziehung ausmachen.

Fehlende Zukunftsperspektiven: In einer Situationship gibt es meist keine Gespräche über die Zukunft als Paar. Themen wie gemeinsame Pläne, Urlaube, Zusammenziehen oder das Aufeinandertreffen mit Freunden und Familie bleiben aus. Die Beziehung scheint nur im Hier und Jetzt zu bestehen, ohne dass sie auf etwas Tieferes hinausläuft.

Unregelmäßige Kommunikation: Die Kontaktaufnahme kann unbeständig wirken. Mal meldet sich die andere Person eine Weile gar nicht, dann plötzlich wieder wie selbstverständlich. Es gibt keine klaren Muster oder Verbindlichkeit in der Kommunikation, und oft werdet ihr hingehalten, was Treffen oder gemeinsame Aktivitäten angeht.

Es dreht sich vor allem um den Moment: In einer Situationship geht es häufig nur darum, gemeinsame Zeit zu genießen, ohne dass die Beziehung über das Gegenwärtige hinaus Bedeutung bekommt. Oft stehen spontane Treffen oder zwanglose Interaktionen im Vordergrund, während tiefere Gespräche oder ernsthafte Themen eher ausgeklammert werden.

Es gibt keine Integration ins Umfeld: Wenn ihr nach Monaten immer noch keine Freundinnen, Familie oder andere wichtige Personen im Leben deines Gegenübers kennengelernt hast, ist das ein deutliches Zeichen. In klassischen Beziehungen ist es meist selbstverständlich, den oder die Partnerin in den Alltag und das engere Umfeld zu integrieren.

Uneinigkeit über Gefühle: In einer Situationship spiegelt sich meist eine unterschiedliche emotionale Intensität: Während einer vielleicht schon starke Gefühle entwickelt hat, bleibt die andere Person kühler und zurückhaltender. Häufig vermeidet dein Gegenüber Gespräche über „echte Gefühle“ und blockt solche Themen mit Sätzen wie „Lass uns das nicht kompliziert machen“ ab.

Fehlender Beziehungsfortschritt: Selbst nach längerer Zeit bleibt die Verbindung auf einer unverbindlichen Ebene stehen, ohne sich weiterzuentwickeln. Es gibt keine deutlichen Schritte in Richtung einer offiziellen Partnerschaft oder tieferer Verbindlichkeit.

Fokus auf Komfort und keine Investition: Während ihr zwar schöne, manchmal intime Momente zusammen verbringt, fehlt der investierte Aufwand, der klassische Beziehungen kennzeichnet. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass ihr oft das Gefühl habt, dass alles unkompliziert und zwanglos sein soll.

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Wieso sind Situationships so verbreitet?

Vor allem junge Menschen - insbesondere die Generation Z - wählen immer häufiger diese Form der Verbindung. Doch was macht Situationships so reizvoll?

Freiheit statt Verpflichtung: Unsere Gesellschaft ist stärker denn je auf Individualität und persönliche Freiheit fokussiert. Viele möchten sich nicht sofort festlegen oder fürchten sich vor der Verantwortung klassischer Beziehungen.

Karriere und Selbstfindung: In Lebensphasen, in denen beispielsweise Studium, Job oder persönliche Ziele im Vordergrund stehen, wirkt eine Situationship oft wie ein Kompromiss: Nähe und Austausch ohne großes Commitment.

Dating-Apps und digitale Kultur: Die enorme Auswahl an potenziellen Partnern durch Dating-Apps hat ein Verhalten etabliert, das die „Wir-schauen-mal“-Mentalität fördert. Statt von Anfang an auf ein klares Ziel hinzuarbeiten, lässt man die Dinge einfach laufen.

Das sind die (vermeintlichen) Vorteile

Situationships wirken auf den ersten Blick wie eine ideale Antwort auf die Anforderungen unserer modernen Lebensrealität. Sie ermöglichen eine lockere, unverbindliche Verbindung, die sich flexibel an die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten anpassen lässt. Gerade in Zeiten, die von Unsicherheit oder Stress geprägt sind, bieten sie für viele Menschen eine wertvolle Balance zwischen Nähe und Distanz. Einerseits kann man emotionale und körperliche Verbindung genießen, andererseits bleibt genug Raum für persönliche Freiheit.

Ein großer Vorteil liegt in der Abwesenheit des klassischen Beziehungsdrucks. Fragen wie „Sind wir offiziell zusammen?“, „Wann lernst du meine Familie kennen?“ oder „Wie sieht unser gemeinsamer Plan aus?“ spielen in einer Situationship keine Rolle. Für viele bedeutet das eine enorme Erleichterung, da sie sich nicht mit den typischen Verpflichtungen oder Erwartungen einer festen Partnerschaft auseinandersetzen müssen. Dies erlaubt es, die Verbindung entspannt und ohne äußeren Stress zu genießen.

Zudem erfüllen Situationships oft das Bedürfnis nach intimer Nähe, ohne die Festlegung auf eine klassische Beziehung. Sie schaffen eine Ebene, die zwischen völliger Unverbindlichkeit und einer ernsthaften Partnerschaft liegt. Ob es dabei um rein körperliche Zuneigung oder auch um emotionale Unterstützung geht - Situationships können genau den Raum bieten, der in bestimmten Lebensphasen passt.

Wenn sich die Grenzen verwischen

Während Situationships auf den ersten Blick wie eine unkomplizierte und moderne Beziehungsform erscheinen, zeigen sich bei genauerem Hinsehen oft problematische Aspekte - insbesondere dann, wenn die Grenzen zwischen Nähe und Verbindlichkeit verschwimmen. Die fehlende Klarheit, die zunächst befreiend wirken mag, führt nicht selten zu Verunsicherung und emotionalem Ungleichgewicht. Ein zentrales Problem liegt in den unklaren Erwartungen. Da in den meisten Situationships selten offen über die Bedürfnisse und Absichten beider Seiten gesprochen wird, können unterschiedliche Vorstellungen entstehen. Wenn einer der Beteiligten ernste Gefühle entwickelt, während die andere Person an der unverbindlichen Dynamik festhalten möchte, sind Konflikte und Frustrationen vorprogrammiert.

Hinzu kommt die emotionale Unsicherheit, die sich gerade in länger andauernden Situationships einstellen kann. Fragen wie „Bin ich nur eine Option?“, „Sehen wir andere Menschen?“ oder „Was bedeutet das alles?“ bleiben oft unbeantwortet und schaffen ein Gefühl der Instabilität. Diese Offenheit, die anfangs als Vorteil wahrgenommen wird, kann mit der Zeit zu innerem Stress und Zweifeln führen. Besonders belastend ist das Risiko von Herzschmerz und Enttäuschung, da Situationships häufig ohne klaren Abschluss enden. Es gibt keine festen Vereinbarungen oder Gespräche, was einen „Schlussstrich“ betrifft. Dies führt oft dazu, dass die betroffene Person, die stärkere Gefühle entwickelt hat, sich verlassen oder abgelehnt fühlt und das ohne jemals eine echte Beziehung geführt zu haben.

So zeigt sich, dass Situationships zwar Freiheit und Lockerheit bieten, jedoch auch eine emotionale Grauzone schaffen können, die langfristig belastend wirkt. Insbesondere dann, wenn die Bedürfnisse beider Beteiligten nicht übereinstimmen, können sie anstelle von Leichtigkeit eher Frustration und Unsicherheit hinterlassen.

Was tun, wenn man in einer Situationship ist?

Sich in einer Situationship zu befinden, kann emotional herausfordernd sein, besonders wenn Unklarheit über die eigenen Bedürfnisse oder die des Gegenübers besteht. Der erste und wichtigste Schritt ist, sich selbst über die eigenen Gefühle im Klaren zu werden. Was erhofft man sich von dieser Verbindung? Soll es bei der Unverbindlichkeit bleiben, oder sehnt man sich insgeheim nach einer festen Beziehung? Eine ehrliche Reflexion hilft dabei, die Situation besser zu verstehen und deine nächsten Schritte bewusst zu gestalten.

Auch ein offenes Gespräch mit der anderen Person ist unerlässlich. Kommunikation ist der Schlüssel, um Missverständnisse zu vermeiden und Klarheit zu schaffen. Es mag schwierig sein, das Thema anzusprechen, doch nur so kann man herausfinden, ob Wünsche und Vorstellungen übereinstimmen. Dabei ist es wichtig, die Bedürfnisse auf eine respektvolle und nicht vorwurfsvolle Weise zu äußern, zum Beispiel, indem man sagt: „Mir gefällt, was wir haben, aber ich merke, dass ich mir vielleicht mehr wünsche. Wie siehst du das?“ Dies gibt beiden die Chance, ehrlich über ihre Erwartungen zu sprechen.

Gleichzeitig solltet ihr darauf vorbereitet sein, jede Antwort zu akzeptieren auch wenn sie nicht den Hoffnungen entspricht. Falls das Gegenüber klarstellt, dass er oder sie keine feste Beziehung will, liegt es an euch, zu überlegen, ob ihr die Situationship weiterführen könnt, ohne euch selbst emotional zu verletzen. Auch wenn es schwerfällt: Manchmal ist es besser, die Verbindung zu beenden, um Raum für jemanden zu schaffen, der dieselben Wünsche und Ziele teilt wie ihr.

Solltet ihr euch dazu entscheiden, in der Situationship zu bleiben, weil sie euch trotz allem guttut, ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen. Diese können helfen, eure emotionalen Bedürfnisse zu schützen und gleichzeitig die Dynamik der Verbindung besser zu steuern. Letztlich geht es darum, für euer eigenes Wohlbefinden einzutreten und Entscheidungen zu treffen, die euch langfristig glücklich machen und zwar unabhängig davon, wie sich die Verbindung entwickelt.