Kurz vor Erkältungs- und InfektionszeitApotheken schlagen Alarm! Drohen uns schon wieder Medikamenten-Engpässe?

Bitte nicht schon wieder!
Manche Eltern erinnern sich an große Schwierigkeiten, in den kalten Monaten Arzneimittel für Kinder zu bekommen. Bei Apotheken ist jetzt wieder von Lieferproblemen die Rede. Doch wie ist die Lage wirklich?
Herbst ist Erkältungs- und Infektionszeit – Apotheken warnen!
Die Erkältungs- und Infektionszeit kommt! Und da dürfte auch der Bedarf an Medikamenten wieder deutlich anziehen – von Antibiotika bis zu Fiebersäften für Kinder. Die Apothekenbranche beklagt erneut unzureichende Vorkehrungen gegen Lieferengpässe, wenn Patienten bestimmte Präparate benötigen. Die zuständigen Behörden sehen für den Herbst und Winter aber eine insgesamt stabile Situation. Doch Unsicherheitsfaktoren bleiben.
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Wie viele Medikamenten-Engpässe gibt es?
Nach amtlichen Daten gibt es derzeit gut 530 Lieferengpassmeldungen – bei insgesamt 100.000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland. Von Engpässen betroffen sind in der Regel Generika, wie ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erläuterte. Und da gebe es in der Regel weitere wirkstoffgleiche Mittel, die meist auch lieferbar sind. Generika, also günstigere Produkte mit gleicher Wirkung wie nicht mehr patentgeschützte Originalpräparate, decken einen Großteil des Marktes ab.
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Wie sieht es bei wichtigen Präparaten aus?
Für die Infektionssaison sei davon auszugehen, dass die Versorgung mit Fiebersäften gewährleistet ist, teilte das Bundesgesundheitsministerium mit. Bei Antibiotika gibt es demnach weiter eine angespannte Liefersituation bei den Wirkstoffen Cefuroxim, Clindamycin, Cotrimoxazol und Erythromycin – ebenso bei bestimmten Mitteln für Asthma, für Herzinfarkte oder starke Schmerzen. Das Ministerium stellte dazu jeweils einen Versorgungsmangel fest, was mehr Importe ermöglicht – und betont, die Entwicklung werde engmaschig verfolgt.
Was beklagen die Apotheken?
Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Thomas Preis, bemängelte in der Bild am Sonntag: „Auch in diesen Winter gehen wir sehr schlecht vorbereitet.” Lieferengpässe seien „ein Dauerthema” geworden. Dabei sorgt es bei Patienten für Frust, wenn sie ein Präparat in einer Apotheke nicht bekommen und dann womöglich noch andere danach abklappern. Für die Apotheken selbst bringt es mehr Aufwand, Alternativen zu suchen. Woche für Woche koste das 20 Stunden, kritisierte Preis. Bezahlt werde man dafür nicht.
Was sagen die Gesundheitsministerin und das Bundesinstitut?
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte der dpa: „Ich kann die Sorgen der Menschen verstehen, angesichts der Situation in den vergangenen Jahren. Aber ich kann beruhigen: Die Versorgung mit Arzneimitteln ist gewährleistet.” Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte mit, vor dem Hintergrund der vorliegenden Meldungen und Daten könne aktuell auch für den kommenden Herbst/Winter von einer stabilen Lage ausgegangen werden.
Was genau ist ein Lieferengpass?
Als Lieferengpass gilt eine mehr als zwei Wochen lange Unterbrechung einer üblichen Auslieferungsmenge, wie das BfArM generell erläuterte – oder wenn einer deutlich höheren Nachfrage nicht angemessen nachgekommen werden kann. Dann wird geprüft, ob es Alternativpräparate gibt, die verfügbar sind. Echte Versorgungsengpässe, bei denen es keinen gleichwertigen Ersatz gibt, sind selten. Seit 2015 kam dies 16-mal vor. Das Ministerium gibt den Mangel offiziell bekannt, dann sind befristet Abweichungen von Vorgaben möglich.
Was sind Gründe für Lieferengpässe?
Häufig sind Produktionsprobleme der Auslöser, wie es beim Bundesinstitut heißt, etwa bei Prozess-Umstellungen bei Qualitätsproblemen. Ein Risikofaktor ist auch, wenn es für Wirkstoffe oder Zwischenprodukte nur wenige Hersteller gibt. Viele davon produzieren in Asien. Die Pharmabranche verweist auch auf höhere Herstellungskosten unter anderem für Energie, die wegen gesetzlicher Regulierungen und Rabattverträge aber kaum weitergegeben werden könnten. (nlu/dpa)
Verwendete Quellen: dpa