Prozess in Chemnitz Todesfahrerin will nicht in den Knast – und feiert Erfolg in der Berufung
Sehr unbefriedigend für die Eltern der Toten.
Doreen L. hat eine 42-jährige Frau totgefahren, Fahrerflucht begangen und wurde dafür längst verurteilt. Doch die sechsfache Mutter legte Berufung ein und schwänzte einfach die Gerichtstermine. Jetzt ist ein neues Urteil gefallen.
„Man merkt, ob es ein Mensch ist, der gegen die Scheibe knallt oder ob es ein Ast ist”
Diesmal ist die Angeklagte endlich erschienen. Nach mehreren Versuchen sitzen Silvia und Andreas S. endlich der Frau gegenüber, die für den Tod ihrer Tochter Nancy verantwortlich ist. „Man will es eigentlich nicht wahrhaben (…) Dass ich Sie nicht mehr umarmen kann”, sagte sie RTL im Frühjahr.
Doch das Urteil im Berufungsprozess lässt Nancy S. Eltern fassungslos zurück: Doreen L. bekommt nur noch eine Bewährungsstrafe. „Wir müssen damit leben. So ist es einfach”, so Silvia S. nach dem Richterspruch.

Ihre Tochter war im Januar 2023 Opfer des tödlichen Unfalls geworden. An jenem Tag geht Nancy S. wie jeden Tag mit einem Kollegen zur Arbeit in einem Tierheim in Freiberg. Doch dann wird die 42-Jährige von einem Auto erfasst und 100 Meter gegen einen Baum geschleudert. Die Fahrerin des Autos fährt einfach ohne zu bremsen weiter. Nancy S. stirbt kurz darauf im Krankenhaus.
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Todesfahrerin, Doreen L., selbst Mutter von sechs Kindern, wird angeklagt. Sie gesteht, Nancy S. angefahren zu haben, behauptet aber, den Aufprall für einen herabfallenden Ast gehalten zu haben. Für Opfervater Andreas S. nicht glaubhaft. „Man merkt, ob es ein Mensch ist, der gegen die Scheibe knallt oder ob es ein Ast ist”, sagte er uns im Mai.
Freiheitsstrafe ohne Bewährung in der ersten Instanz
Doreen L. wird seinerzeit zu einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Doch sie will nicht ins Gefängnis, legt Berufung ein. Für Nancy S.‘s Eltern geht der Horror von vorne los. Aber beim neuen Gerichtstermin im Mai reicht Doreen L. eine halbe Stunde vor Beginn ein Attest ein: Eines ihrer Kinder sei krank. Ende Oktober vor einer guten Woche dann der nächste Versuch. Aber auch dieser Termin platzt, wieder sei eines ihrer Kinder krank. Ihr Anwalt Reinhard Röthig erklärt: „Es sind wirklich Zufallsfälle gewesen, dass die Kinder jeweils unterschiedlich erkrankt sind”
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Anfang November erscheint Doreen L. schließlich im Gericht und erreicht sogar ihr Ziel: Sie muss nicht ins Gefängnis. Das Gericht setzt die Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. „Das Amtsgericht kam damals zum Ergebnis, dass sie es nicht lernen wird. Sie wird weiter Straftaten begehen und deswegen können wir nicht zur Bewährung aussetzen. Das Landgericht sah das heute anders, hat gesagt, in der Zeit zwischen dem amtsgerichtlichen Urteil und jetzt ist nichts mehr passiert. Also haben wir jetzt doch das Vertrauen, dass die Angeklagte sich straffrei halten wird”, erklärt Sprecherin Marika Lang vom Landgericht Chemnitz das Urteil.
Für Nancy S. Eltern ist das neue Urteil ein Schlag ins Gesicht. Die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, dagegen in Revision zu gehen. Ob sie es tun wird, ist noch offen.


