RTL erklärt, was dahinter steckt

Sagte YouTube-„Prophet” Biggs das Trump-Attentat voraus?

Donald Trump ballt die Hand zur Faust, kurz nachdem auf ihn geschossen wurde. T-Shirts mit Fotos von diesem Moment wurden schnell von chinesischen Online-Händlern angeboten.
Ein Mann mit dem YouTube-Kanal „Last Days” behauptet, er habe die Schüsse auf den ehemaligen US-Präsidenten schon im März vorhergesehen.
Gene J. Puskar/AP/dpa
von Jessy Siodlaczek

Es ist schon mysteriös...
„Es ist passiert. Es ist genau das, was ich prophezeit habe”, erzählt Brandon Biggs aufgeregt in einem Video. Der YouTuber nennt sich selbst Prophet und glaubt tatsächlich, den Mordanschlag auf Donald Trump schon im März vorausgesehen zu haben. Ist das alles Hokuspokus oder ist da was dran?

Vorhersage im März: Eine Kugel soll Trumps Ohr streifen

Tatsächlich klingt Brandons sogenannte Vision ähnlich wie der tatsächliche Angriff am 16. Juli. Das Video wurde bereits am 14. März hochgeladen. Der US-Amerikaner erzählt in dem Clip, „der Herr” habe ihm eine Prophezeiung geschenkt: „Ich hab einen Angriff auf sein Leben gesehen. Die Kugel flog an seinem Ohr vorbei. Und sie kam so nah an seinen Kopf, dass sie sein Trommelfell zerstörte.” Donald Trump sei zu Boden gegangen. Dann sei er „radikal” wieder zurückgekehrt und habe die Präsidentschaftswahl gewonnen.
In den Kommentaren unter den Videos von Brandon Briggs glauben nun viele an seine angeblichen hellseherischen Fähigkeiten. „Gott hat seine Engel geschickt”, schreibt ein User und dankt dem YouTuber.
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Im Video: Verschwörungstheorien nach Trump-Attentat

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Vorhersagen wissenschaftlich nicht bewiesen

Für Menschen, die an Verschwörungsideologien glauben, ist so eine mutmaßlich eingetroffene Prophezeiung, ein gefundenes Fressen. Eine Inszenierung oder eine göttliche Macht könnten hinter dem Angriff stecken, glauben einige YouTube-User in den Kommentaren. Also was ist jetzt dran, an der angeblichen Prophezeiung? RTL-Verifizierungsexperte Andreas Greuel erklärt:„Selbsternannte Propheten, Wahrsager, Hellseher oder andere Quacksalber machen sich grundsätzlich eine sehr einfache Technik zunutze: die der allgemeinen Aussage. Sie verkaufen Allgemeinplätze, deren Eintreten eher an Wahrscheinlichkeiten gebunden ist, als an Fügungen, als eine Vorhersage.”

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Wenn solche Ereignisse dann wirklich einträten, sähen diese Personen sich in ihrer Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen, bestätigt. „Zugegeben war die Aussage bezüglich Trumps versuchter Ermordung sehr nah an dem wirklich Passierten”, ergänzt Greuel. Aber auch dafür gibt es eine Erklärung: Attentate auf Politiker und Präsidenten – so traurig sie auch seien – seien zeitgeschichtlich keine Seltenheit. „Allein in den USA gab es vier Ermordungen von Präsidenten (allesamt mit Schusswaffe) und viele weitere Versuche.”

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Kaum eine Prophezeihung ist wirklich eingetreten

Es ist also kaum etwas von dem, was Briggs prophezeit hat, wirklich eingetroffen. Andreas Greuel hat sich den YouTube-Kanal des Mannes genauer angesehen und erklärt: „Ein gutes Beispiel ist eine ‚Vorhersage‘ von Briggs, dass es einen Terroranschlag in Paris geben würde und es rund um den Eiffelturm brennt, beziehungsweise Rauch aufkommt. Klingt erst einmal sehr konkret, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, dann ist genau das ein Szenario, das weit davon entfernt ist, unrealistisch zu sein”.

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Denn auf solche Szenarien würden sich die Behörden vorbereiten. Der Grund liegt auf der Hand: Die französische Hauptstadt war bereits häufiger Ziel terroristischer Anschläge. Außerdem finden dort ab dem 26. Juli die Olympischen Spiele statt. Auch diese seien bereits häufiger Anschlagsziel gewesen, erläutert der Experte.

Prophezeiungen sind sehr allgemein gehalten

„Bei Brandon Briggs wie bei anderen ‚Propheten‘ oder ‚Gesandten Gottes‘ hilft es, nicht nur einzelne Aussagen, sondern alle in Gänze zu betrachten. Und dann wird schnell klar: In fast allen Fällen liegt er entweder falsch, Dinge sind noch nicht eingetreten oder die Aussagen sind so allgemein, dass alles darauf anwendbar ist.” Und wer oft Prophezeiungen macht, bei dem steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass mal ein Treffer dabei sei.

Daher sagt Andreas Greuel: „Man sollte das aber nicht an dem Treffer bewerten, sondern an den zum großen Teil falschen ‚Prophezeiungen‘ und ‚Fehlaussagen‘.” Der RTL-Verifizierungsexperte lädt euch auf ein Gedankenspiel ein und fragt: „Wie würden wir einen Arzt bewerten, der nur jede fünfzigste Operation erfolgreich bewältigt und nun nur einen Bruch erfolgreich richtet?”