„Starren Sie mich nieder?“

Richter platzt im Trump-Prozess der Kragen - und lässt Gerichtssaal räumen

20.05.2024, USA, New York: Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, kehrt nach dem Mittagessen zu seinem Prozess vor dem Strafgericht in Manhattan  im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar zurück. Foto: Steven Hirsch/Pool New York Post/AP, Pool +++ dpa-Bildfunk +++
Der Ex-Präsident war am Montagmorgen wie üblich in einem dunkelblauen Anzug vor Gericht erschienen, dazu trug er diesmal eine blaue Krawatte.

Dieser Prozess gleicht einer Reality-Show!
Nach mehr als einem Monat mit spektakulären Anschuldigungen und detaillierten Beschreibungen zu Trumps Sexleben gerät die Verhandlung am Montag (20. Mai) schließlich völlig aus den Fugen. Richter Juan Merchan lässt den Saal des Gerichts in Downtown Manhattan vorübergehend räumen – und macht dem Trump-nahen Entlastungszeugen eine ordentliche Ansage!

Richter greift durch: „Sie geben mir keinen Seitenblick und verdrehen nicht die Augen“

Mit seiner Aussage soll der ehemalige Rechtsberater Robert Costello die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen Micheal Cohen untergraben – so zumindest der Plan von Trumps Verteidigung. Mit seinem Verhalten vor Gericht könnte sich Costello nun jedoch eher selbst geschadet haben, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

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Mehrfach antwortet Costello auf Fragen, bei denen Richter Juan Merchan bereits den Einspruch der Staatsanwaltschaft zugelassen hat. Trotz Belehrung durch Merchan macht Costello weiter, kommentiert einen weiteren Einspruch abfällig mit den Worten „Oh mein Gott“.

Zu viel für den Richter! Kurzer Hand bittet er die Geschworenen aus dem Saal und wendet sich direkt an den Zeugen. „Ich möchte in meinem Gerichtssaal über den richtigen Anstand sprechen“, erklärt Merchan laut dpa. Er verbitte sich Kommentare zu seinen Entscheidungen. „Sie geben mir keinen Seitenblick und verdrehen nicht die Augen“, diktiert der Richter.

Im Video: Ihre Aussage sorgt vor Gericht für Wirbel

Verrücktester Moment des Prozesses

Damit nicht genug – auch nach der Ansage des Richters schaut Costello diesen fortwährend finster und mit rotem Gesicht an. Schließlich platzt es aus Merchan heraus: „Starren Sie mich nieder?“ Und lässt daraufhin den Saal vollständig räumen. Nur Journalisten dürfen nach wenigen Minuten auf ihre Plätze zurückkehren, als die Befragung fortgesetzt wird.

US-Medien sprechen vom „verrücktesten Moment“ des Prozesses. Dabei hält das Verfahren schon vorher einige spektakuläre Momente bereit. Ein Reporter, der fast täglich über das Verfahren berichtet, bezeichnete den Trump-Prozess als beste Reality-Show aller Zeiten.

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Schweigegeld falsch verbucht

Im Prozess geht es um den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Trump habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 verbessern wollen. Mit einer Zahlung von 130.000 Dollar, umgerechnet rund 120.000 Euro, habe er sich das Schweigen der Ex-Pornodarstellerin Stormy Daniels über einen gemeinsamen One-Night-Stand erkaufen wollen. Während die Zahlung an sich nicht illegal ist, soll Trump den Geldfluss jedoch falsch verbucht haben, um den Grund der Transaktion zu verschleiern. Deshalb handle es sich um illegale Wahlkampf-Finanzierung.

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Trump: Richter sei ein „Tyrann“

Für seinen Entlastungszeugen hat Trump nach der Auseinandersetzung mit dem Richter dennoch lobende Worte übrig. Costello sei demnach ein „hoch angesehener Anwalt“, der Richter dagegen ein „Tyrann“.

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Unterdessen ist ein Ende des Prozesses in Sicht. Der Richter kündigt die Schlussplädoyers für den kommenden Dienstag (28. Mai) an. Im Anschluss ziehen sich die zwölf Geschworenen zur Beratung zurück und fällen das Urteil. Offiziell gibt es dafür kein Zeitlimit, für gewöhnlich beraten Jurys aber einige Stunden bis einige Tage. (okr mit dpa)