Lehrer zeigt verstörenden Chatverlauf seiner Schüler
Nazi-Posts und Gewaltfantasien – wie rechts sind Deutschlands Schulen und Kinderzimmer?

Was diese Kinder sich gegenseitig schicken, ist erschreckend.
Max Teske ist Lehrer in Brandenburg und genießt offenbar das Vertrauen seiner Schüler: Ein Siebtklässler teilte schockierende Handynachrichten mit ihm, die gerade in der Klasse herumgingen. Eindeutige Naziposts und braune Gewaltfantasien. Was passiert gerade auf Deutschlands Schulhöfen?
Wie rechtsextreme Netzwerke versuchen, Kinder und Jugendliche auf ihre Seite zu ziehen, zeigte die große „stern Investigativ”-Reportage am 5. Mai 2025 um 22.35 Uhr bei RTL, die ihr jetzt hier auf RTL+ streamen könnt.
Brutale Nazi-Inhalte als Social-Media-Trend?
Max Teske zeigt dem extra-Team Bilder aus den besagten Chats, die ihm der Junge geschickt haben soll. „Enthauptungsvideos sind da zu sehen”, sagt er. Unser Reporter erkennt außerdem ein Vergasungsvideo von Hitler. „Dieser Auszug war von Schülern aus der siebten Klasse gewesen, also zwölf, dreizehn Jahre alt. Und ich finde es einfach auch wahnsinnig erschreckend, dass Eltern da keinen Zugriff mehr haben.”
Teske beobachtet schon seit einigen Jahren, wie Rechtsextremisten gerade über Social Media versuchen, Kinder und Jugendliche in ihre braune Welt zu ziehen. „Das ist ein Trend. Definitiv”, so seine Meinung. „Also wenn man da von Einzelfällen spricht, dann müsste man sich, glaube ich, nicht solche Sorgen um die Demokratie machen. Aber das ist ein Massenphänomen, würde ich fast behaupten.”
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“Tiktokisierung” des Extremismus
In monatelangen Recherchen hat sich das RTL-Reporterteam tief in die verstörende Parallelwelt in deutschen Kinderzimmern hineingearbeitet. Das Ergebnis ist erschreckend. Hakenkreuze, NS-Runen oder Hitlerbilder scheinen auf den Telefonen der Kleinsten inzwischen oft Alltag. Auch beim Verfassungsschutz sind sie alarmiert: So nähmen Rechtsextreme inzwischen bewusst Jugendliche ins Visier. Sorgen bereitet den Sicherheitsbehörden vor allem die Geschwindigkeit.
Jörg Müller, Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes, erklärt: „Wir nennen das oft Turboradikalisierung oder hohe Geschwindigkeiten in der Radikalisierung. Das ist ja ein Phänomen, was wir in der digitalen Welt schon lange sehen, was wir ja auch als ‘Tiktokisierung’ des Extremismus schon beschrieben haben.”
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Lehrer klagt an: „Das Bildungssystem versagt”
Für Verfassungsschutzchef Müller eine brandgefährliche Entwicklung: „Was wir sehen, sind kleine Gruppen, die sich zusammenfinden in der digitalen Welt, die aber auch bereit sind, in der realen Welt sich zum Beispiel eben all denen, die sie als Feinde empfinden, entgegenzustellen, sie anzuschreien oder sie zu beleidigen. Und sie sind eben in der Nähe von Gewalt.”
Lehrer Max Teske sieht dringenden Handlungsbedarf: „Ja, das erschreckt mich schon, weil man da einfach erkennt, dass das Bildungssystem versagt und dass auch die Erziehung in den Elternhäusern oftmals versagt.” Er meint: „Ich glaube, dass die Baseballschläger-Jahre nie aufgehört haben”. Mit dem Begriff ist die Phase in den 1990er-Jahren gemeint, die besonders von rechtsextremer Gewalt war – etwa bei den Mordanschlägen in Mölln und Solingen. „Und sie bekommen jetzt vor allem auch durch die AfD und deren Rhetorik einfach wieder einen neuen Aufschwung”, so Teskes Sorge.
Doch der Lehrer aus Brandenburg will sich mit der Entwicklung nicht abfinden. Mit Kollegen hat er eine Organisation gegründet, um Betroffenen mit Rat zur Seite zu stehen. Er will sensibilisieren, damit Eltern und Kinder das Problem rechtzeitig erkennen.
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