Sprengstoffanschläge, Entführungen

Neue Gewaltdimension in NRW - Breitet sich die Mocro-Mafia aus?

Es geht um „extremste Bedrohungsszenarien”.
Die niederländische Mocro-Mafia macht Schlagzeilen in NRW. Erst kürzlich kann die Polizei eine Entführung auflösen. Zwei Geiseln sollen von Mocro-Mitgliedern in Köln brutal gefoltert worden sein. Nicht die erste Tat dieser Dimension. Ufert der Drogenkrieg in NRW aus?

Mocro-Mafia soll für Sprengstoffanschläge in Köln verantwortlich sein

Im beschaulichen Kölner Stadtteil Rodenkirchen kommt es vergangenen Freitag (5. Juli) zu einem SEK-Zugriff. Spezialkräfte der Polizei befreien zwei Geiseln aus einer Villa. Sie sind schwer gefoltert worden. „Wir haben hier eine neue Dimension der Gewalt im Bereich der organisierten Kriminalität erleben müssen, die es so hier in Deutschland meines Wissens noch nicht gegeben hat”, bilanziert am Dienstag Kriminaldirektor Michael Esser im Kölner Polizeipräsidium. Es handele sich um einen der komplexesten Einsätze der NRW-Polizei aus den vergangenen Jahren, schreibt die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

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„Die niederländische Drogenmafia ist längst hier, und NRW als Verkehrsdrehscheibe ist da ein Dreh- und Angelpunkt. Was man sich klar machen muss: Das sind wirklich Täter von äußerster Brutalität. Und deshalb muss die Polizei entsprechend stark aufgestellt sein.”, sagt Michael Mertens, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Im Video: Ermittlungen gegen Mocro-Mafia

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„Wir mussten sogar annehmen, dass Maschinenpistolen eine Rolle spielten”

Bei der Geiselbefreiung sei es zu „extremsten Bedrohungsszenarien” gekommen, so Esser. „Wir mussten sogar annehmen, dass Maschinenpistolen eine Rolle spielten.” Man habe damit rechnen müssen, dass die Täter die Geiseln umbringen würden. Drei Tatbeteiligte habe man entkommen lassen müssen, um das Leben der Geiseln zu schützen.

Hintergrund der Entführung sei organisierte Kriminalität im Drogenbereich, es stünden Geldforderungen im Raum. Besonders beachtlich ist das Ausmaß der Brutalität. Auch Explosionen Ende Juni und Anfang Juli unter anderem in Köln und Engelskirchen sollen auf das Konto der Mocro-Mafia gehen. Sie bedrohen ihrer Gegner ganz unverblümt auf diese Art. Für NRW sei das in dieser Dimension nun erstmals zu beobachten gewesen. „Das ist auch der Bereich, der uns sehr sensibel werden lässt”, gibt Esser offen zu. „Die Sprengmittel, die hier in Köln eingesetzt worden sind, haben Gott sei Dank zu keinen Verletzungen geführt.”

Eine Eingangstür die durch Sprengstoff zerstört wurde.
Der Eingangsbereich eines Wohnhauses in Köln. Hier ist ein Sprengsatz gezündet worden. Verletzt wurde niemand.
RTL West

NRW-Innenminister zeigt Entschlossenheit

„Wir lassen nicht locker. Wir ermitteln weiter, werden weiter durchsuchen und diejenigen dingfest machen, die mit viel krimineller Energie ans große Geld wollen - zu Lasten anderer”, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der dpa. „Das Drogengeschäft ist perfide und führt ins Verderben. Da hilft es auch nicht, wenn manche Betäubungsmittel verharmlost werden.”, fährt er fort.

Niederländischer Experte hat Rat für deutsche Polizei

Ein Sprengsatz unterm Auto, ein abgehackter Kopf vor einer Shishabar, ein zum Folterinstrument umgebauter Zahnarztstuhl - all das ist schon durch die niederländischen Medien gegangen und hat die Öffentlichkeit schockiert. „Diese Welt ist voller Konflikte - und seit etwa zehn Jahren werden diese in zunehmendem Maße mit Waffengewalt ausgetragen”, erläutert der Kriminologe Cyrille Fijnaut. Pro Jahr würden etwa 10 bis 20 Menschen „liquidiert”, so der Professor.

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Fijnaut hat einen Rat für die deutsche Polizei parat: Sie solle die Strafverfolgung nicht lokalen Polizeibehörden überlassen, sondern auf nationaler Ebene koordinieren, etwa über das Bundeskriminalamt. „Man braucht dafür eine Task Force, die überregional geführt wird - und das gibt es in den Niederlanden bis heute nicht.” Auch bei den aus den Niederlanden kommenden Geldautomaten-Sprengern habe es lange gedauert, bis die deutsche Polizei die Verfolgung länderübergreifend koordiniert habe - dann allerdings gleich mit erheblichem Erfolg, wie zahlreiche Festnahmen gezeigt hätten. (xes, mit dpa)