Leons (†6) Vater Florian Apler saß 522 Tage unschuldig in U-Haft

„Unser geliebter Schnuffi ist auf die schlimmste Art und Weise ums Leben gekommen”

von Johanna Grewer

Er beteuerte immer seine Unschuld!
Trotzdem geriet Florian Apler ins Visier der Ermittler in Tirol, nachdem sein kleiner Sohn Leon (6) tot in der Kitzbüheler Ache in St. Johann gefunden wurde. 522 Tage saß der Familienvater in Untersuchungshaft, bevor er im August 2024 freigesprochen wurde. Jetzt hat Florian Apler ein Buch über seine Zeit im Gefängnis veröffentlicht und spricht zum ersten Mal darüber, was er und seine Familie durchgemacht haben.

Leons Vater schrieb in der Untersuchungshaft Tagebuch

„Uns ist das Schlimmste passiert, was man sich als Eltern vorstellen kann, wir haben eines unserer Kinder verloren, mussten unseren geliebten Schnuffi zu Grabe tragen“, schreibt Apler im Vorwort seines Buches „Der Fall Leon“, das am 6. Februar 2025 im Molden Verlag erscheint. In einer Pressekonferenz in Wien sprach der sichtlich emotionale Vater von einer „Wunde, die nicht verheilen möchte”.

Leons Vater Florian Apler hat ein Buch geschrieben
Leons Vater Florian Apler geriet unter Verdacht, seinen Sohn getötet zu haben.
leonandfriendsorg/Molden Verlag

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Immer wieder stockt dem Vater die Stimme, wenn er von Leon, seinem „Schnuffi”, spricht. Er spielt für die versammelten Pressevertreter mehrere Videos ab, denn er möchte zeigen, wie sein Sohn wirklich war und wie sehr er sein Kind geliebt hat. „Das Bild, das bei vielen entstanden ist, hat mit der Realität nichts zu tun”, meint er. Zu sehen ist ein Kind, das lachend mit seinem Vater ein Bilderbuch anschaut. Im zweiten Video sieht man Leon in einem grünen Regenanzug neugierig an einem Pferdestall herumlaufen.

In seinem Buch erklärt Leons Vater, dass er in Untersuchungshaft Tagebuch geführt habe, damit seine Tochter – Leons kleine Schwester – eines Tages alles aus seiner Sicht lesen könne und nicht aus der Presse von den Ermittlungen gegen ihren Vater erfahre. „Eines Tages wird meine Tochter dieses Buch lesen und sie wird mich fragen: ‚Papa, warum haben die das gemacht?‘ Und ich werde keine Antwort wissen“, steht im Klappentext des Buches. Das Tagebuch habe ihm auch geholfen, mit dem schrecklichen Vorwurf allein in einer Zelle eingesperrt zu sein. Es sei ein Hilfsmittel für ihn gewesen, „dass man nicht verrückt wird”, erklärt er auf der Pressekonferenz.

Florian Apler stellt sein Buch „Der Fall Leon” vor
Florian Apler stellt sein neues Buch auf einer Pressekonferenz in Wien vor.
RTL

Florian Apler will, dass „der wahre Täter” gefasst wird

„Die Zeit seit Ende August 2022 hat tiefe Wunden bei meiner ganzen Familie und auch bei mir hinterlassen“, schreibt Florian Apler in seinem Vorwort. Denn für ihn und seine Liebsten sei es nicht, wie für alle anderen, einfach nur der „Fall Leon“. „Für uns ist es viel mehr, wir haben mit Leon unseren Sohn verloren“, so der Vater in dem Buch. „Meine Familie und ich werden nicht ruhen, bis der wahre Täter gefasst ist”, kündigt Apler im Buch an. Auch in der Pressekonferenz sagt er: „Wir werden nicht aufhören, nach dir zu suchen.”

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Leons Vater erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden. „Die Folgen dieser skandalösen Ermittlungen und der daraus resultierenden Anklage werden uns als Familie ein Leben lang begleiten“, meint er. Zwar könne er nach seinem Freispruch seine Frau und seine Tochter wieder jeden Tag in die Arme schließen, aber die Existenz seiner Familie sei komplett zerstört worden. „Wir haben so viele Schulden machen müssen, um Gutachter und Anwälte zahlen zu können, dass wir dafür aufkommen müssen, bis wir alt und grau sind“, schreibt Apler in dem Buch. „Es sind unglaubliche Dinge passiert, die ich vorher nie für möglich gehalten hätte.“

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In der Pressekonferenz sagt der Vater auch, dass er nicht versteht, warum Kameraaufnahmen in der Nähe des Tatorts nicht richtig ausgewertet wurden. Oder warum die Zähne und Fingernägel seines Sohnes nicht auf Spuren untersucht wurden. Leon hätte sich mit Sicherheit gewehrt, wenn jemand Fremdes ihn angegriffen hätte, ist er sich sicher.

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Leon ertrank 2022 in der Kitzbüheler Ache

Was in der Nacht im August 2022 an der Kitzbüheler Ache wirklich passiert ist, ist bis heute unklar. Florian Apler wurde bewusstlos neben dem leeren Kinderwagen seines Sohnes gefunden. Wurde der Vater von Unbekannten überfallen und bewusstlos geschlagen? Kletterte der geistig behinderte Leon dann unbemerkt aus dem Kinderwagen, lief zum Fluss und stürzte ins Wasser?

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Georg Köchler, picture alliance

Die Ermittler gingen damals erst von einem Unfall aus. Dann richteten sich die Ermittlungen plötzlich gegen den Vater. Die Theorie: Die Betreuung Leons, der mit dem Syngap-Syndrom geboren wurde, sei zu anstrengend für die Familie geworden. Die Eltern hätten außerdem keinen Kindergartenplatz für ihren Sohn gefunden. Das war damals ein mögliches Tatmotiv für die Staatsanwaltschaft. Doch das Gericht sprach Apler im August 2024 von allen Vorwürfen frei. Die Familie hat nun eine Website eingerichtet und hofft, dass sich weitere Zeugen und Hinweisgeber melden, dass der Fall doch noch aufgeklärt werden kann.