Seine Durchsage berührte HunderttausendeDieser Germanwings-Pilot gab Passagieren nach dem Unglück Hoffnung

„Die Narbe, die bleibt.”
Tage nach dem Absturz des Germanwings-Flugs 9525 ist die Verunsicherung allen Orts riesengroß, erinnert sich Frank Woiton im Interview mit RTL. Der erfahrene Pilot springt damals an seinen freien Tagen für Kollegen ein, die mental noch nicht wieder in der Lage dazu sind. Mit seiner Durchsage vor dem Abflug gibt der heute 58-Jährige den Passagieren in diesen dunklen Stunden nach der Katastrophe Halt.
Der Tag, der alles verändert
Als der Germanwings-Flugzeugabsturz am 24. März 2015 passiert, hat Pilot Frank Woiton seinen freien Tag - bis er von einem befreundeten Kollegen angerufen wird. Dieser ist besorgt, weil Woiton aus dem gleichen Ort kommt wie der verantwortliche Copilot Andreas Lubitz und die beiden auch kurz vorher zusammen geflogen sind. Frank Woiton geht es zwar gut, er war nicht auf dem Horror-Flug - doch das bittere Ausmaß wird ihm an diesem Tag erst nach und nach bewusst. Alle 150 Insassen kommen ums Leben. Laut Abschlussbericht wollte der Copilot nicht mehr leben, steuert die Maschine mit Absicht gegen einen Berg. „Die Erinnerung ist eingebrannt”, erklärt Woiton.
Video-Tipp: Zehn Jahre nach dem Absturz
„Die Leute waren wirklich dankbar”
Doch der Alltag geht bald schon weiter, auch Germanwings-Flieger starten wieder. Kurz vor seinem ersten Abflug von Köln nach Hamburg stellt Woiton sich in die Kabine vor die Fluggäste. Stille. Es sei eine bedrückende Stimmung gewesen - für alle Anwesenden. Sein größter Fokus: Das Vertrauen der verunsicherten Passagiere zu gewinnen und Ihnen Halt zu geben. Dann spricht der Pilot ehrlich und aus vollem Herzen zu den Menschen, die er sicher ans Ziel bringen will. Macht ihnen Mut und will für sie da sein. Sollte etwas nicht stimmen, könnten sie sich jederzeit an die Crew wenden, so seine Message. Und tatsächlich bringt es etwas: „Die Leute waren wirklich dankbar. Das hatte ich so überhaupt nicht erwartet.“
Unter diesen dankbaren Passagieren ist auch Britta Englisch, die im Anschluss an den Flug einen Dankes-Post an Germanwings, die Crew und Frank Woiton selbst formuliert. Darin schreibt sie unter anderem, dass sie dank ihm ein gutes Gefühl auf dem Flug gehabt habe. Auch zehn Jahre nach dem Unglück gehen ihre Zeilen unter die Haut. Die Resonanz ist rührend: Hundertausende nehmen online Anteil und freuen sich über das Engagement der Germanwings-Besatzung!

Er fliegt für Kollegen, die es mental nicht schaffen
„Am Jahrestag kommen die Emotionen wieder hoch”, so Woiton. Der Absturz trifft damals viele Menschen. Opfer, ihre Angehörigen, Freunde und Bekannte. Auch die Piloten bei Germanwings stehen unter Schock - in diesem Zustand ist der heute 58-Jährige für seine Kollegen da. Seine Zeit bei der Marine, in der er auch Kriegseinsätze geflogen ist, hilft ihm, Ruhe zu bewahren und seinen Job weiter auszuüben. Einigen anderen Piloten geht es nicht so - für sie springt er in diesen Tagen ein.
Lese-Tipp: Germanwings-Absturz - doch nicht absichtlich von Andreas Lubitz herbeigeführt?
Trotz aller Bemühungen kommt die positive Stimmung unter den Piloten nur langsam zurück. Gegenseitiges Misstrauen macht dem Team zu schaffen. Ob noch jemand von ihnen versteckte psychische Probleme haben könnte? Hat einer der Kollegen etwas zu verbergen? Mit der Zeit bessert sich das Gefühl endlich. Und bis heute gedenken die damaligen Germanwings-Mitarbeiter Jahr für Jahr der Opfer des Absturzes. Sie halten Kontakt über die sozialen Medien und tauschen sich aus. Eins ist für Frank Woiton dennoch bis heute ganz klar: „Die Narbe, die bleibt.” (cau)