Massaker an Familie

Zehn Jahre nach mysteriösem Vierfachmord in den Alpen: Wird der Cold Case jetzt endlich aufgeklärt?

epa03389457 Police cars and officers block reporters and photographers gathered on a road leading to a car park near a camp site in Chevaline near the Annecy Lake, France, 08 September 2012. French prosecutors launched a formal murder investigation F
French quadruple murder of British family
dpa, Le Dauphine

Rätselhafter Tod einer Familie in den Alpen: Was steckt dahinter?

Möglicherweise steht einer der mysteriösesten Mehrfachmorde Frankreichs kurz vor der Aufklärung, denn die Polizei hat einen Tatverdächtigen festgenommen. Es war der 5. September 2012, als sich den Ermittlern auf einem Parkplatz nahe des Ferienortes Chevaline bei Annecyin den französischen Alpen ein grauenvolles Bild bot: Ein Ehepaar und die 74-jährige Mutter der Frau lagen erschossen in einem Auto. Unweit von ihnen ein ebenfalls erschossener Radfahrer, der vermutlich zufällig vorbeigekommen war. Die beiden kleinen Kinder des Paares überlebten teils schwer verletzt. Zehn Jahre lang tappten die Behörden im Dunklen – bis jetzt.

Mord in den Alpen: Cold Case endlich aufgeklärt?

Der Mord erschütterte 2012 den Ferienort im französischen Annecy.
Der Mord erschütterte 2012 den Ferienort im französischen Annecy.
/FW1F/Janet Lawrence, REUTERS, Robert Pratta

Der Frage nach dem Motiv sind die Ermittler jetzt wahrscheinlich einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Zwar machen sie laut Medienberichten keine näheren Angaben zu dem nun Festgenommenen. Es spricht derzeit aber Vieles dafür, dass der Fall bald gelöst sein könnte, wie „itv News“ berichtet. Bei dem Verdächtigen soll es sich nach Informationen von „BFM TV“ um einen Mann handeln, der in dem Fall schon einmal von den Behörden vernommen worden war. Damals hatte sich der Tatverdacht gegen ihn aber nicht erhärtet.

Die irakisch-stämmige Familie lebte in London und war in den Ferien zum Campen nach Frankreich gefahren. Der 50-jährige Saad al-Hilli arbeitete als Satelliteningenieur. Gemeinsam mit seiner 47-jährigen Frau Iqbal, den vier und sieben Jahre alten Töchtern sowie seiner Schwiegermutter wollte er die Auszeit in den Alpen genießen.

Vierfachmord an Familie und Radfahrer

Am Ende war die ganze Familie tot. Nur die Kinder überlebten. Die vierjährige Zeena wurde unter dem leblosen Körper ihrer Mutter begraben, wie verschiedene Medien damals berichteten. Rund acht Stunden lang hatte sie sich unter ihrem Rock versteckt, bis Polizisten sie fanden. Ihrer sieben Jahre alte Schwester Zainab war in die Schulter und mehrfach in den Kopf geschossen worden. Sie überlebte schwer verletzt und ist bis heute auf einem Auge blind.

Die Mädchen bekamen nach der Tat neue Identitäten. Obwohl die Ermittler sie über die Jahre des Öfteren befragten, konnten auch sie keine Spur zu dem oder den Tätern liefern. Der 45-jährige Radfahrer Sylvain Mollier wird von den Behörden bis heute als Zufallsopfer betrachtet, das als Zeuge schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort war. Auch wenn es zu der Identität des dreifachen Vaters und einer möglichen Verbindung zu der getöteten Familie immer wieder Spekulationen gab.

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Das Auto der Familie wurde als Beweismittel kurz nach der Tat abtransportiert.
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dpa, Salvatore Di Nolfi

Die Ermittler gingen über die Jahren verschiedenen Spuren nach. Eine Zeit lang galt der Bruder eines der Mordopfer als tatverdächtig. Er war kurzzeitig festgenommen worden, gegen Kaution aber wieder auf freien Fuß gekommen. Die Behörden hatten vermutet, der Mord könnte im Zusammenhang mit einem Erbstreit stehen und der Mann könnte einen Killer beauftragt haben. Ausreichende Beweise dafür wurden aber nie gefunden. Auch der Verdacht gegen einen Iraker, dem angeblich Geld für die Tat geboten worden sein soll, erhärtete sich nie, wie „itv News“, meldet.

Ebenso liefen demnach die Spuren zu einer Bande, die ähnliche Patronenhülsen genutzt haben soll, ins Leere. Und auch ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Mord und einer Industriespionage konnte nie nachgewiesen werden. Medienberichten zufolge hatte der Familienvater für einen Rüstungskonzern Satelliten entwickelt, die zu Spionagezwecken eingesetzt worden sein sollen.

Jetzt warten die Behörden auf die Vernehmung des Festgenommenen. Vorher sollen keine Details an die Öffentlichkeit gelangen. (sbl)