Der ultimative WM-Showdown

Finale Schlacht für unsere Eis-Helden

ARCHIV - 12.05.2019, Slowakei, Kosice: Eishockey: WM, Dänemark - Deutschland, Vorrunde, Gruppe A, 2. Spieltag in der Steel Arena. Deutschlands Leon Draisaitl (l) und Dominik Kahun besprechen sich während des Spiels. (zu dpa «NHL-Stürmer Kahun bei Eishockey-WM in Riga angekommen») Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bereit für den Showdown: Dominik Kahun.
skm tba jai, dpa, Monika Skolimowska

Von Tobias Nordmann
Nach drei Niederlagen in der Vorrunde in Serie bangt das deutsche Eishockey-Team um das Viertelfinale, also um das Minimalziel bei der Weltmeisterschaft. Eine Erinnerung an einen äußerst wichtigen Sieg in der deutschen Eishockey-Historie soll nun helfen.

Erst Pfosten, dann K.-o.-Schlag

Eine ziemlich simple Zahlenreihe reicht, um zu erklären, warum es am Abend so kommt, wie es kommt. Warum die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bei der WM in der letzten Vorrundenpartie gegen Lettland in ein sogenanntes Do-or-Die-Spiel muss (ab 19.15 Uhr im Liveticker bei ntv.de und bei Sport1). Also in eine Partie, in der nur ein Sieg zählt. Die Zahlenreihe liest sich so: 9- 5 - 3 - 2 - 1 - 0. Was sich dahinter verbirgt: Die Anzahl der erzielten deutschen Tore in chronologischer Reihenfolge. Die Erkenntnis daraus: Beim Abschluss klemmt's. Die Hartgummischeibe landet einfach nicht mehr dort, wo sie landen sollte, dringend landen müsste, wenn es noch was werden soll mit dem Medaillentraum.

Nun steckt in dieser simplen Zahlenreihe natürlich auch ein bisschen mehr komplizierte Wahrheit. Denn die Gegner im Turnier wurden im Verlauf ja nicht leichter. Italien und Norwegen zum Auftakt, das waren nicht die schwersten Prüfungen. Kanada schon eher, auch wenn sich die Mannschaft erst nach dem Deutschland-Spiel in eine vernünftige Turnier-Verfassung gebracht hat (aber trotzdem noch immer um die Teilnahme am Viertelfinale bangen muss). Dann kam die etwas überraschende Pleite (2:3) gegen den starken Aufsteiger aus Kasachstan und die knappen Niederlagen gegen die Top-Nationen Finnland (1:2) und USA (0:2).

Und gerade das Spiel gegen die US-Boys fasste in 60 Minuten ziemlich perfekt zusammen, wie es um das DEB-Team steht. Defensiv ließ Deutschland gegen die bislang konstanteste Mannschaft im Turnier kaum etwas zu. Lediglich ein Tor in Unterzahl durch Jason Robertson (39.), nun, das passiert eben. Erst recht gegen ein Team, in dem sich auch ohne die ganz großen Stars noch immer reichlich NHL-Power tummelt. Tja, und das zweite Tor? Die Geschichte ist besonders bitter. Denn nur Sekunden bevor Colin Blackwell (60.) den Puck ins leere Gehäuse schiebt, knallt der auffällige deutsche NHL-Spieler Dominik Kahun die Scheibe an den Pfosten. Mehr Dramatik geht nicht. Es war der 33. Schuss, der das Ziel verfehlte. Nicht alle Schüsse waren indes von dieser Qualität. Die US-Boys kamen in der Statistik gerade einmal auf halb so viele Abschlüsse. Effizienz ist das bittere Stichwort.

"Abhaken und nach vorne sehen"

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"War eine sehr, sehr starke Leistung!

Stark gespielt, dem entscheidenden Sieg so nah - und dann heftig ernüchtert. Ein besonders schmerzhafter Abschlusskrampf. Den will Kapitän Moritz Müller nun mit noch mehr Willen, noch mehr Mentalität aus den Köpfen und Körper herausmassieren: "Wir müssen noch mehr den Puck ins Tor zwingen." Mit Kahun zum Beispiel. Oder auch mit Lukas Reichel. Der 19-Jährige, der nach einem Check gegen den Kopf ein Spiel hatte aussetzen müssen, knüpfte gegen die USA an seine starken Leistungen der ersten Spiele an. Er war mit hoher Geschwindigkeit und technischer Finesse einer der auffälligsten Spieler, doch auch er hatte Pech im Abschluss.

"Es war eine sehr, sehr starke Leistung", lobte auch Bundestrainer Toni Söderholm, "leider haben die Jungs am Ende nicht gekriegt, was sie verdient hätten. Das Spiel heute hat gezeigt, was die Mannschaft kann. Auch wenn es schmerzhaft ist, sie kann Selbstvertrauen mitnehmen." Selbstvertrauen in den ultimativen Showdown. Und dafür bemühen die Deutschen auch eine positive Erinnerung: "Wir haben es schon mal gemacht hier in Riga. Jetzt machen wir es noch mal", sagt Müller. Was er meint: Vor fünf Jahren, also 2016, gab es eine ähnliche Situation an selber Stelle. Deutschland war mit mehreren NHL-Cracks angetreten, um die Olympia-Qualifikation zu schaffen. Bei dem Turnier kam es ebenfalls am letzten Spieltag zum entscheidenden Duell mit den Gastgebern vor einem lautstarken Publikum. Tom Kühnhackl schoss den 3:2-Siegtreffer.

Was nun gleich ist: Kühnhackl ist dabei. Und an diesem letzten Spieltag auch erstmals Fans. Maximal 2660 sind angesichts der Corona-Pandemie zugelassen. Für mächtig Stimmung werden sie dennoch sorgen, denn sie gelten als äußerst frenetisch. Ein Nachteil? "Die Jungs freuen sich drauf", sagt Söderholm. "Es ist egal, ob die Zuschauer von hier sind oder vom Mond kommen." Den Druck haben ohnehin beide Teams, denn auch die Gastgeber sind mit einem Sieg sicher in der Knockoutrunde. Der Druck steigt, die Nerven flattern, der Traum von der ersten deutschen WM-Medaille seit 68 Jahren droht zu platzen. So wird es aber nicht kommen. Sagt Müller: "Wir haben eine richtig gute WM gespielt, nun krönen wir das Ganze." Na dann, Showdown.