Amerikaner holt ihn aus dem Heim und adoptiert den Jungen

Vom abgemagerten Waisenkind zum Olympia-Star: Die unglaubliche Geschichte von Jordan Windle

Jordan Windle wurde vor 20 Jahren in Kambodscha adoptiert - heute startet er für die USA in Tokio im Wasserspringen
Jordan Windle wurde vor 20 Jahren in Kambodscha adoptiert - heute startet er für die USA in Tokio im Wasserspringen
Imago Sportfotodienst

Mit 18 Monaten war Jordan Windle ein unterernährtes Waisenkind, das in Kambodscha ums Überleben kämpfte. 20 Jahre später ist er ein Model-Athlet und geht bei den Olympischen Spielen in Tokio für die USA auf Medaillenjagd. Die Geschichte eines Ausnahmetalents und der außergewöhnlichen Liebe seines Vaters.

Amerikaner liest Jordans Geschichte in einer Zeitschrift - und denkt sofort an Adoption

Dass Jordan Windle heute nicht nur voll im Saft steht, sondern mehr noch einer der besten Wasserspringer der Vereinigten Staaten von Amerika ist, verdankt er seinem Vater Jerry. Der adoptierte ihn im Alter von 18 Monaten, Jordan lebte da in einem Waisenhaus in Kambodscha, seine Eltern waren gestorben, als er gerade mal ein Jahr alt war.

Das unterernährte, kränkelnde Kind – für Jerry Windle war es Liebe auf den ersten Blick. Er holte Jordan zu sich nach Florida. Keine ganz gewöhnliche Adoption Ende der 1990er. Denn: Jerry ist schwul.

„Ich blätterte durch ein Magazin und las eine Story über einen Mann, der ein Kind aus Kambodscha adoptierte und in der keine Mutter erwähnt wurde. Dann ging es weiter über die enge Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn, da hat irgendwas bei mir Klick gemacht“, erinnert sich Jerry im Gespräch mit „Today“. In dem Artikel sei eine Nummer aufgeführt gewesen, die er gewählt habe. „Ich fragte: ‘Ist es für einen Single möglich, ein Kind zu adoptieren?’ Und sie haben gesagt: ‘Ja, ist es.’“

Wenige Monate später war er in Kambodscha und hielt den kleinen Jordan im Arm.

"Hoffentlich werde ich ihn stolz machen"

Heute, rund 20 Jahre später, startet Jordan Windle bei den Olympischen Spielen in Tokio für die USA im Wasserspringen. Und obwohl sein geliebter Vater wegen der Corona-Auflagen nicht dabei sein kann, sei dieser „super aufgeregt“, erzählt Jordan. „Normalerweise höre ich meinen Dad im Publikum raus, was toll ist. Ihn bei Olympia nicht dabei zu haben, wird anders sein.“

Doch auch ohne die väterliche Unterstützung wolle er in Tokio „Spaß haben, etwas zeigen und allen eine gute Show bieten. Das ist mein Ziel und hoffentlich werde ich ihn stolz machen“, sagt der 22-Jährige.

Wer ein bisschen durch den Instagram-Account von Jordan Windle scrollt, der sieht, was Papa Jerry ihm bedeutet.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Mit 9 schon der erste Junioren-Titel

Jordan Windle ist ein Ausnahmetalent. Im Alter von sieben Jahren wurde er von Wassersprung-Coach Tim O’Brien entdeckt, dessen Vater Ron früher den legendären US-Springer Greg Louganis trainierte, einen viermaligen Olympia-Champion.

Jordan erinnere ihn an eben jenen Louganis, sagte Tim O’Brien zu Jerry Windle. Die Olympia-Story des einstigen Waisenjungen aus Kambodscha begann.

„Er sagte, er habe einfach etwas in Jordan erkannt, es war irgendwie physiologisch, aber auch unerklärlich. Jordan sagte dann, er wolle Sprung-Stunden nehmen und ich sagte: ‘Okay, wenn das etwas ist, was du willst, lass es uns machen“, blickt Jerry zurück. „Mit sieben Jahren hat er dann das Wasserspringen angefangen und zwei Jahre später seine erste nationale Junioren-Meisterschaft gewonnen, was beispiellos war für jemanden, der eben erst mit dem Sport angefangen hatte

Rio-Frust, Tokio-Lust

Von da an ging es für Jordan Windle praktisch mit jedem Sprung hinab ein Stück bergauf. Wennschon Rückschläge nicht ausblieben. 2016 verpasste er als blutjunger 17-Jähriger die Qualifikation für die Sommerspiele in Rio. Frust pur. Fünf Jahre später ließ Jordan bei den Olympic Trials, den US-Ausscheidungs-Wettkämpfen, keine Fragen mehr offen.

Vom 10-Meter-Turm zeigte er im Juni einen vorzüglichen Sprung, der ihm fünfmal die Traumnote 10 und zweimal eine 9,5 bescherte. Tokio war gebucht, das Vatertagsgeschenk für Jerry, der auf der Tribüne natürlich mitfieberte, perfekt.

Mit seinem Dad hat Jordan Windle ein Buch geschrieben: „An Orphan no more: The true Story of a Boy: Chapter One“ (Kein Weise mehr: Die wahre Geschichte eines Jungen: Kapitel 1).

Vielleicht schreiben sie ja eine Fortsetzung. Vom Waisenkind zum Olympioniken – eine wahre Geschichte. Eine, die zeigt, dass mit Talent, vor allem aber mit Liebe so gut wie alles möglich ist im Leben. (mar)