Sie wollte sich von ihm trennen

Vater von vermisster Hilal soll auf seine Frau eingestochen haben

Der 57-Jährige beim Prozessauftakt am Dienstag in Hamburg.
Der 57-Jährige beim Prozessauftakt am Dienstag in Hamburg.
RTL Nord
von Teresa Treuheit und Annika Redmer

Es ist wohl einer der bekanntesten Vermisstenfälle Hamburgs: Seit 1999 wird Hilal Ercan vermisst, zuletzt wurde sie in einer Einkaufspassage in Hamburg-Lurup gesehen. Jetzt muss sich ihr Vater vor Gericht verantworten – er soll Anfang April bei einem Streit auf seine Frau eingestochen haben, auch eine andere Tochter wird dabei verletzt.

Familienvater leide an Depressionen

Anlass für den Streit war offenbar, dass sich die Frau des 57-Jährigen von ihm trennen wollte. Mit einem 24 Zentimeter langen Messer habe er sie verletzt, so heißt es in der Anklage am Dienstag im Hamburger Landgericht. Der Familienvater hat eine Erklärung vorbereitet: Seine Frau und er hätten sich anfangs der Ehe kaum gekannt – die Heirat wurde von seinem Vater arrangiert. Der 57-Jährige sei anfangs ein sehr schlechter Ehemann gewesen, doch mit der Zeit lernte er seine Frau zu lieben. Sie wären eine glückliche Familie gewesen, bis die gemeinsame Tochter Hilal verschwand. Seitdem hätte die Familie starke Verlustängste, der Angeklagte selbst leide an einer Angststörung und an Depressionen. Seine Ehefrau habe schon seit drei Jahren gesagt, dass sie sich trennen wolle. Als sie dann am 5. April von der Arbeit nach Hause kam, eskalierte offenbar ein Streit.

25.05.2021, Hamburg: Ein Bus des VHH ist mit einem großflächigen Zeugenaufruf plakatiert, mit dem um Hinweise im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Hilal Ercan gebeten wird. Hilal Ercan, damals zehn Jahre alt, war im Januar 1999 spurlos verschwunden. Mit dem Zeugenaufruf auf dem Linienbus unterstützen die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) die Suche nach ihr. Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Hilal Ercan wird seit 1999 vermisst.
dan cul, dpa, Daniel Reinhardt

Ehefrau und Tochter sagen nicht vor Gericht aus

Der Familienvater könne sich an nichts mehr erinnern, erst wieder, als seine Tochter aufgeschrien habe und zur Hilfe eilte. Er wüsste nicht, was passiert wäre, wenn sie nicht eingeschritten wäre, so lässt der Angeklagte vor Gericht verlauten. Seine Frau und er würden sich nun trennen. Sie und die Tochter sagen nicht aus im Gerichtsaal. Dafür ist ein Nachbar als Zeuge geladen: Der 58-Jährige habe die beiden Frauen schreien gehört und sei sofort zu deren Wohnung nach oben gerannt.

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Familienvater mit Handschellen abgeführt

Er wollte mich töten – das soll die 55-jährige Ehefrau zu dem Zeugen und Nachbarn gesagt haben. Kurze Zeit später sei dann auch die Polizei eingetroffen. Mit Handschellen hätten sie ihn dann abgeführt, so der Zeuge. Seit April sitzt der 57-Jährige in Untersuchungshaft. Der nächste Prozesstag ist am 29. August – insgesamt sind sechs Tage für den Fall angesetzt. „Der Anklagevorwurf lautet hier versuchter Totschlag. Hier wäre im Fall einer Verurteilung mit einer Strafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe zu rechnen. Wobei im Fall des Versuchs dieser Strafrahmen auch gemildert werden kann und es dann im Höchstmaß elf Jahre und drei Monate zu verhängen wären“, erklärt Gerichtssprecher Kai Wantzen im RTL-Interview.