Ende des Homeoffice
Clearlink-Mitarbeiter muss seinen Hund verkaufen - der Chef freut sich

Wenn die Zeiten hart sind, muss man sich etwas mehr reinhängen, fand der Chef des Unternehmens Clearlink – und beendete die Homeoffice-Regelung. Seine Freude darüber, dass ein Mitarbeiter deshalb seinen Hund verkaufen musste, war dabei nicht der einzige Ausfall.
CEO lobt Opferbereitschaft seiner Mitarbeiter
Während der Pandemie ist das Homeoffice für viele Büro-Angestellte zur Selbstverständlichkeit geworden. Nun verlangen viele Arbeitgeber die Rückkehr ins Büro. Bei einer Werbefirma im US-Bundesstaat Utah führte diese Entscheidung nun zu einem denkwürdigen Auftritt des Chefs. Der lobte nicht nur die Opferbereitschaft, für den Job seinen Hund zu verkaufen, sondern sprach Eltern quasi die Arbeitsfähigkeit ab.
In einer Videoschalte hatte sich CEO James Clarke an seine Belegschaft gewandt. Obwohl er noch im Oktober versprochen hatte, keinesfalls einen Bürozwang einzuführen, hatte er inzwischen seine Meinung geändert. "Ihr habt meine Freundlichkeit mit Schwäche verwechselt", hielt er seinen Angestellten vor. Die Mitarbeiter müssten ihre Produktivität "um das 30- bis 50-fache unserer normalen Leistung erhöhen", forderte er bei dem Auftritt, der auf zahlreichen Plattformen wie Reddit verbreitet wurde. Und eine Maßnahme dafür sei das Ende des Homeoffice.
Harte Worte für Hundebesitzer und Eltern
Um die Anwesenheit gewährleisten zu können, müsse man "auch Opfer bringen", gibt er zu. Ein Mitarbeiter hatte sich wegen der Ankündigung entschieden, den Familienhund zu verkaufen, weil er diesen nicht Zuhause lassen konnte. Das breche ihm als Tierfreund das Herz, gab der Chef zu Protokoll – nur um es dann doch als erstrebenswerten Einschnitt darzustellen. Die Opferbereitschaft will er auch bei sich sehen. "Ich fordere euch heraus: Arbeitet mehr als ich. Ihr werdet es nicht schaffen", prahlt er in seiner Ansprache.
Dass die Angestellten so viel mehr schaffen sollen, erklärt er mit der zunehmend "herausfordernden" wirtschaftlichen Lage des Werbeunternehmens. Dass nicht nur Hundebesitzer durch den Büro-Zwang betroffen sind, scheint auch Clarke klar zu sein: "Nur sehr wenige Vollzeit-Eltern können auch produktive Vollzeit-Mitarbeiter sein", klagte er. Die nötigen Kompromisse seien "weder gegenüber diesen Kinder noch gegenüber den Arbeitgebern fair", urteilte er. Bei Single-Müttern wäre die Lage noch dramatischer. "Das bringt so viel Stress in das Leben der Mütter. Ich würde das niemandem antun wollen."
Strikte Büropflicht statt Homeoffice
Dass er trotzdem die Angestellten ins Büro zwingen will, hat seinen Ausführungen zufolge vor allem zwei Gründe. Fast 30 Angestellte hätten im letzten Monat ihren Laptop gar nicht eingeschaltet, mahnte er. Und spekulierte laut darüber, dass sie vielleicht heimlich einen zweiten Job verfolgen würden – was durchaus schon vorkam. Der zweite Grund: Die Firma hatte Anfang des Jahres ein neues "Weltklasse"-Büro bezogen. Und die Angestellten waren ihm offenbar nicht zahlreich genug dort aufgetaucht.
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"Ich hätte erwartet, dass ihr – ihr alle – dort jeden Tag arbeiten wollen würdet. Aber das war nicht der Fall", klagte er. Vielleicht sei seine Haltung naiv gewesen. Dabei seien die Mitarbeiter vor Ort alle begeistert, versicherte er. "Sie erwähnten, wie viel mehr ihre Teams erreichen. Und wie viel besser sie sich in dieser großartigen Arbeitsumgebung fühlten." Die Mitarbeiter sollen deshalb vier Tage die Woche ins Büro kommen, wenn sie näher als 50 Meilen (etwa 80 Kilometer) vom Firmensitz in Draper, Utah leben. Betroffen sind etwa 275 Personen, ein knappes Drittel der Belegschaft.
Mitarbeiter von Clearlink haben keine Wahl
Eine Wahl lässt die Firma den Angestellten indes nicht. Wer nicht erscheine, müsse mit "Korrekturmaßnahmen" rechnen, heißt es in einer Mail an die Angestellten. Auch wer weiter weg ziehe, sei nicht ausgenommen. "Das ist für den Sinn dieser Maßnahme hinderlich", heißt es. Eine finanzielle Unterstützung für einen Umzug in die Nähe oder eine Betreuung der Kinder ist demnach nicht vorgesehen. Mit den Vorwürfen konfrontiert, sagte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber "Vice", es gehe dabei um das Erreichen "der gemeinsamen Ziele".
Clearlink ist nicht das einzige Unternehmen, das von einer großzügigen Homeoffice-Regel zu einer strikten Büropflicht wechselt. Auch bei den Techkonzernen wie Apple herrscht seit letztem Jahr zunehmend wieder Anwesenheitspflicht. Den harschesten Schritt wählte Twitter. Nach der Überbahme verkündete Elon Musk, dass alle Angestellten unabhängig vom Wohnort sich wieder in den nächsten Büros des Konzerns einfinden mussten. "Alles andere werden wir als Kündigung betrachten."
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de.